Ein
Zug voller Geister uns
eingeschlossen! Wo ist der Leiter des
Spieles? Hat die Bühne abgegeben, hören
wir!
Hat der alte Hexenmeister
sich doch einmal wegbegeben!
Und nun sollen seine Geister
auch nach meinem Willen leben.
Seine Wort und Werke
merkt ich und den Brauch,
und mit Geistesstärke
tu ich Wunder auch ...
Herr
Dunkler? Sie als
Zauberlehrling?
Was haben Sie mit uns vor?
... Und sieh! und sieh! an weisser
Wand
Da kam's hervor wie Menschenhand;
Und schrieb, und schrieb an weisser Wand
Buchstaben von Feuer, und schrieb und
schwand.
Der König stieren Blicks da sass,
Mit schlotternden Knien und totenblass.
Die Knechtenschar sass kalt durchgraut,
Und sass gar still, gab keinen Laut.
Die Magier kamen, doch keiner verstand
Zu deuten die Flammenschrift an der Wand
...
Herr
Dunkler, Sie wissen doch: Zirkus und
Revolution sind radikale Formen der
Selbstverwirklichung.
Ich habe 1967
begonnen, meine
Gedichte mittels meiner Stimme über
Schallplatte und in Liederabenden
Millionen Menschen zugänglich zu machen.
Dies war nach dem Beispiel Bob Dylans
zunächst sinnvoller als Lyrikbändchen
im Selbstverlag oder bei Suhrkamp zu
veröffentlichen. 1982, also durchaus im
Zenit dieser Karriere, mußte ich meine
Konzerttätigkeit beenden, weil es mir
zur Qual wurde, um 20 Uhr vor einigen
tausend Zuhörern begabt zu agieren, nur
weil sie Eintritt bezahlt hatten ...
Zuletzt war ich Kulturkoordinator für
die Fußball-Weltmeisterschaft in
Deutschland tätig, erinnern Sie sich?
Ich entwarf einen
Fußball-Globus, der als
architektonischer Vorbote der
WM durch Deutschland tourte. Nun
ja, in einem Urheberschafts-Streit um
diesen Fußball-Globus warfen mir zwei
Architekten vor, ich hätte die Idee
kopiert. Unumstritten ist aber meine
Erfindung des
Fußball-WM-Mottos:Die Welt zu Gast
bei Freunden ...
2
Der Narr
schrie auf dem Markt.
Keiner blieb stehen, um zu
antworten.
So bestätigte es sich, daß
seine Thesen unwiderlegbar waren. |
Dag, ist das dein letztes
Wort?
Also gut
zum letzten Mal unter
unserem Kommando:
Regie! Geschichtstunnel!
Stopp auf der Zeitschiene: 21. Oktober
2007!
43
Tut, tut schallt es durch
den Nienburger Bahnhof, obwohl die
Dampflok 52 8038 noch nicht
in Sichtweite ist. Erst einige
Zeigerumdrehungen später erkennen die
mehr als einhundert
Eisenbahninteressierten in dichtem Qualm
die ehemalige Kriegslok der
Deutschen Reichsbahn. Langsam
rollt sie auf ihrer Fahrt nach Bremen um
9.43 Uhr auf Gleis 1 ein. In Nienburg hat
die Lok, Baujahr 1943, einen
45-minütigen planmäßigen Halt, aber
nicht, weil die Lokführer streiken,
sondern weil die Dampflok Wasser braucht,
um sicher in der Hansestadt anzukommen
...
Als er sich entschieden hatte, daß
ich das hier zu Ende bringen sollte,
liess er mir weitgehend freie Hand. Gut,
er hatte Vorgaben hinterlassen, aber wir
fanden einen Kompromiss für das
Schluss-Szenario.
Ein deutsches Schulgebäude an einen
afrikanischen Bahnsteig zu verfrachten,
also das war für mich schon ein
Höhepunkt kreativer Show-Gestaltung. Das
wurde also der Ausgangspunkt. Nur sollte
es diesmal nicht eine Schule an einem
Bahnsteig in Afrika sein, sondern ein Zug
aus Afrika in einem Bahnhof in
Deutschland. Das gehörte zum Kompromiss
den Zug brauche ich für meine
Europa-Tournee!
Für den Start der Schluss-Sequenz bot
sich der Bahnhof in jener deutschen
Kreisstadt an, deren
Albert-Schweitzer-Schule uns ja schon als
Show-Kulisse gedient hatte. ...
... 1995 kam die
Schlepptender-Lokomotive 52
8038 nach Rinteln, eine Kriegslok
mit Wannentender, die bei der
Deutschen Reichsbahn der DDR
in den sechziger Jahren einen neuen
Kessel bekommen hatte. In Eigenarbeit
wurde die Lok von Technikern des 1972
gegründeten Vereins Dampfeisenbahn
Weserbergland aufgearbeitet und
durch alle Abnahmen gebracht. Seit
September 1996 befördert sie die
vereinseigenen Züge ...
Ich hätte es ja gut gefunden, als
Endpunkt den Bremer Hauptbahnhof
festzulegen.
Dort, am Gustav-Detjen-Tunnel, stehen
fünzigtausend Quadratmeter des
ehemaligen Postamtes 5 leer mit
eigenem Gleisanschluss! Für meine
spätere Planung hätte das bedeuet: Kein
Tingeln über die Bahngleise von halb
Europa! Stattdessen das ganze Unternehmen
dort als ständige Einrichtung
installiert, mit wechselnden Programmen
aus aller Welt. Und das Publikum wäre
aus ganz Europa mit Sonderzügen
angerollt, wäre jeden Tag auf dem
Bahnsteig von Feuerschluckern, Gauklern,
Clowns empfangen worden, hätte bei uns
bunte Zimmer zur Übernachtung gebucht,
hätte Bremer Geschäfte und
Restaurationen auf einen grünen Zweig
gebracht ... wie bei Buffalo Bill 1896 in
Braunschweig, wissen Sies noch?
Ich habs hier in meinen
Notizen:
Der Braunschweiger
Stadtanzeiger meldet,
für heute seien 13.634 Karten verkauft,
für morgen 15.937 18.316 für den
18. Juli 18.536 für den 19. Juli
17.743 für den 20. Juli und
12.000 für den 21. Juli. Wir reden über
fast hunderttausend Besucher in sechs
Tagen! Die Massen strömen ...
Die Zeitung erkennt, daß Buffalo Bill
nicht nur gut ist fürs
Stadtmarketing, sondern auch Geld in die
Kassen spült:
Wenn man annimmt, daß die Gesellschaft
hier etwa 30 000 Mark ließ, daß von
fremden Besuchern hier mindestens 150 000
Mark ausgegeben sind, so ergiebt das ein
Sümmchen, das auch noch in einer
,Hunderttausendstadt zu Buche
schlägt.
Aber in Bremen
hatte die Deutsche Capital
Management schon das Angebot der
lokalen Stiftung Friedehorst
ausgeschlagen, im Ex-Postamt 5 ein
privates Gymnasium einzurichten. Und, na
ja, Bremen als europäische
Kultur-Hauptstadt hat ja auch nicht
stattgefunden. Also einigten wir uns
darauf, unsere Ideen im zeitlichen Ablauf
so zu synchronisieren, daß beider
Interessen vor allem dramaturgisch
gewahrt würden.
Als Ergebnis entstünde eine vollkommen
neue Kunstform:
Nicht
bloss ein Zeltprojekt, vielmehr
ein multidimensionales
ZEITOBJEKT! |
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