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TAZARA ... mit der Eisenbahn durch die Weltgeschichte © KJS / 2009 - 2021
Kissinger und Augstein www.spiegel.de 
Station 27  


REGIE! BITTE FILM AB!

ANGEKLAGT: Henry Kissinger
Arte-TV, 9. April 2004, 20:45 Uhr
Dokumentation von Alex Gibney & Eugene Jarecki

Mit tatkräftiger Hilfe der U.S.A. putscht General Augusto Pinochet gegen den gewählten sozialistischen Staatschef Salvador Allende und lässt die Luftwaffe den Präsidentenpalast angreifen. Es ist der Beginn einer 17 Jahre währenden Militärdiktatur, in der Tausende von Menschen gejagt, gefoltert, getötet werden. Unterstützer und Befürworter des Staatsstreiches: Henry Kissinger, damals frisch ernannter U.S.-Außenminister. Darauf weisen zumindest Dokumente hin, die erst vor wenigen Jahren freigegeben wurden. Und es ist nicht die einzige Menschenrechtsverletzung, in die der Politiker verwickelt gewesen sein soll.
Als ‚Lichtgestalt der Diplomatie‘ hat man Henry Kissinger bezeichnet, als Superstar der Außenpolitik ihm den Friedensnobelpreis verliehen. Kaum ein Außenminister des 20. Jahrhunderts wurde so mit Lob überhäuft. Kritische Stimmen verklangen dahinter. Doch das Bild vom genialen Diplomaten hat inzwischen einen Fleck bekommen. Im Zuge des Prozesses gegen Augusto Pinochet im Jahr 1998 musste die U.S.-Regierung bisher verschlossene Dokumente der CIA öffnen — und die lassen Kissinger in einem Licht erscheinen, das lange Schatten wirft. Glühendster Gegner Kissingers ist der Journalist Christopher Hitchens. Anhand des Archivmaterials und von Zeugenaussagen porträtierte er den Ex-Minister schon 2001 in seinem Buch ‚The Trial of Henry Kissinger‘ (Die Akte Kissinger) als einen skrupellosen Strategen, der eine blutige Spur von Vietnam über Chile bis Indonesien zog. Legte man an ihn dieselben Maßstäbe wie heute an einen Milosevich oder Pinochet, dann wäre auch Kissinger vor ein internationales Tribunal zu laden. Wegen Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und der Verschwörung zu Mord, Entführung und Folter ...


— ratenco — ratenco — ratenco ...

„Leave poor Henry alone — he’s such a nice dinner guest!”

Oh, Mr. Rockefeller ist wieder unter uns ... „Lasst den armen Henry in Ruhe — er ist bei Festessen so ein netter Gast.”
Mr. Rockefeller, Sie zitieren die WASHINGTON POST, die das schrieb als die Untersuchung der Untaten von Henry Kissinger noch in Nischen stattfand.
In Nischen! — Obwohl sein Wirken Millionen von Menschen rund um die Erde Unglück brachte ... sein Wirken als:
• gelehriger Adlatus und Vertrauter Ihres Sohnes Nelson, Mr. Rockefeller, bei der konspirativen Durchsetzung wirtschaftlichen und politischen Einflusses in mehreren U.S.-Administrationen
• Planer verdeckter amerikanischer Operationen von Indochina bis Iran, von Chile bis Rhodesien
• Partner von Politikern und Geschäftemachern, die — daheim und in aller Welt — als Gesetzesbrecher hinter Schloss und Riegel endeten ...
In Nischen?
Das selbsternannte „Sturmgeschütz der Demokratie” — das deutsche Nachrichten-Magazin DER SPIEGEL — fand in „60 Jahren Zeitgeschichte” Platz für Henry Kissinger ... als Gratulant!

REGIE! FILM AB!


„Der Spiegel - 60 Jahre Zeitgeschichte” / DVD
2007 - Spiegel TV - Hamburg

„Niemand kann ignorieren, daß der SPIEGEL einen wichtigen Beitrag macht, ohne den man sich die Entwicklung in Deutschland nicht vorstellen kann.“
(Henry Kissinger — über die Bedeutung der Zeitschrift)

„Ich habe nicht immer mit all seinen Kriegen übereingestimmt, mit allen Schlachten, die er geführt hat, aber ich habe immer grossen Respekt für seine Werte gehabt und ihn menschlich besonders geschätzt, denn das war ein Freund, auf den man sich verlassen konnte.“
(Henry Kissinger — über die Bedeutung des Gründers und verstorbenen Herausgebers)

Von allen guten Geistern verlassen wäre, wer erwartete, daß in den vom SPIEGEL beleuchteten „60 Jahren Zeitgeschichte” der so gelobte Rudolf Augstein mehr als nur Nischen zur Untersuchung der Untaten seines Freundes Henry zugelassen hätte.
Anders erging es Augsteins ehemaligem Saufkumpan Franz Josef Strauß, dessen Reise 1977 nach Chile für einige Aufregung sorgte. Er empfing dort die Ehrendoktorwürde der Rechtswissenschaft, lobte ausdrücklich die Militärdiktatur Pinochets und übernachtete in der Colonia Dignidad des Sektenführers Paul Schäfer, der in Deutschland per Haftbefehl wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern gesucht wurde.
Fünfzehn Jahre zuvor war Strauss über die SPIEGEL-Affäre gestolpert ...
Was veranlasste Rudolf Augstein — und bis heute die SPIEGEL-TV-Redaktion — den einen als Freund, den anderen als Feind zu adoptieren?

REGIE! FILM AB!


„Der Spiegel - 60 Jahre Zeitgeschichte” / DVD
2007 - Spiegel TV - Hamburg

Die Tatsache, daß Strauss zu Augsteins Lieblingsgegner avanciert, hat eine lange Vorgeschichte.
(Rudolf Augstein im Bild:) „1957 war die einhellige Meinung: Der hier nicht! ... Ich hatte ihn nach Hause eingeladen, und dort wurde ordentlich gepichelt, eigentlich überall, wo Strauss und ich zusammenwaren. Und, äh, und der Strauss benahm sich sehr unflätig.”
Der weinselige Redaktionsabend bei Augstein zu Hause festigt die SPIEGEL-Meinung, daß dieser Mann, der die Sowjets mit Sittlichkeitsverbrechern vergleicht, nicht nur keine Manieren hat, sondern in seinem Drängen nach Macht gefährlich werden kann. Strauss darf niemals Kanzler werden, lautet die Parole, die Augstein ausgibt.


REGIE! ROLLTEXT AB!

Leseprobe aus: AUGSTEIN
Autor: Dieter Schröder
Siedler, ISBN-13: 978-3-88680-782-6
September 2004

Station 15
Multiple Persönlichkeit

Er schätze bei seinen Freunden am meisten, „daß es wenige sind”, sagte Augstein im FAZ-Fragebogen. Es waren sehr wenige.
Die vielen anderen, die er Freunde nannte, waren Nenn-Freunde, mit denen ihn im Grunde nicht viel verband, außer daß er sie im Moment interessant fand oder sich mit ihren Namen schmückte ...
Es gab Ausnahmen wie Hans-Dietrich Genscher, der bis zum Schluss der einzige Politiker blieb, mit dem er ständig Kontakt hielt, oder Henry Kissinger, auf dessen Urteil und Sympathie er Wert legte. Als Kissinger ihm eine heftige Kritik an seinen Memoiren verargte und sich lange Zeit nicht meldete, war er betroffen. Das war ungewöhnlich, denn sonst scherte er sich wenig um das, was andere über ihn dachten ...
... er bewunderte Menschen, die er für Originale hielt, halb gut, halb böse, das Abgründige faszinierte ihn. Und er bedauerte, daß sie aussterben.
Der Aufklärer und Wahrheitssucher Augstein liebte das Spiel mit der Verstellung: „Wer mich Zyniker nennt, der ehrt mich, ich bin gern Zyniker.” ...
... Wenn sie fair sind, erinnern sich seine Chefredakteure an die guten und an die schlechten Seiten des ‚Menschen‘ Augstein; wenn sie tief verletzt sind, fallen ihnen vor allem die negativen ein.
Er war, sagt Jacobi, dessen Erinnerungen freundschaftlich sind, „ein ruchloser Verfechter seiner Interessen”; „er entschied selber, was gut und was böse, was falsch und was richtig ist” ...


„Männerfreundschaft als Weichenstellung zu der Empfindung, was gut und was böse ist?”

Ja, Señor Galeano — und religiöse Sinn-Suche!

Als Rudolf Augstein starb, sah man wieder wichtige Bilder aus seinem Leben: die seiner Verhaftung im Oktober 1962 und die seiner Entlassung Anfang 1963. Dazwischen lagen einhundertdrei Tage Untersuchungshaft wegen angeblichen Landesverrats. Einhundertdrei Tage, in denen Augstein viel Zeit zum Lesen hatte.
Ein Buch hatte ihn im Gefängnis besonders gefesselt: Albert Schweitzers ‚Geschichte der Leben-Jesu-Forschung‘. Dessen Abrechnung mit allen Versuchen, eine Biografie Jesu zu schreiben, weckte bei ihm die Frage: „Wer war dieser Jesus eigentlich?”
Er machte sich auf die Suche nach ‚Jesus Menschensohn‘ — und er fand heraus: ohne Kaiser Konstantin und die Vertriebskanäle des römischen Reiches wäre das Christentum eine kleine Sekte geblieben. Im klassischen Rom hatten die Astrologen und der Schachclub weit mehr Zulauf als die paar Christen mit ihrem merkwürdigen Kult.
In Konstantin, der das Christentum im Römischen Reich als Staatsreligion einführte, sah Augstein einen ‚Skrupellosen‘, der „unter den vorhandenen Götterlehren das Christentum als Kitt für die gefährdete Weltmacht ausersah”. Der Bund ging, so Augstein, einher mit dem Verrat der urchristlichen Lehren.
Augstein war schon 1968 aus der katholischen Kirche ausgetreten. Anfang 2000 war er davon überzeugt, das die Kirche heute nicht mehr gebraucht wird: „In der Gesellschaft des 21. Jahrhunderts spielt sie keine Rolle mehr”, sagte er. Allerdings müsse man zwischen den Kirchen und den Christen unterscheiden: „Ohne Christen wäre die Welt ärmer”. Daß Christen entsprechende Berufe wählten, Freizeit und Geld, manche sogar ihr Leben für ihren Glauben opferten, nötigte ihm Respekt ab ...


„Das Abgründige” habe Augstein fasziniert, haben wir gehört, „Menschen — halb gut, halb böse”. Einen nach John Le Carrés Façon? Einen wie Kissinger? Einen wie Judas?
Bei seinen Bibel-Studien muss ihn das Widersprüchliche an dieser Verräter-Figur gereizt haben — und die Konsequenz: Ohne Judas — keine Kreuzigung! Ohne Kreuzigung — keine Auferstehung!
Das Böse als Werkzeug zur Durchsetzung des Guten!


„Das Gute verkleidet als das Böse? — Oder eher umgekehrt?”

4 In der geopolitischen Konzeption des Imperialismus ist Mittelamerika nichts weiter als ein natürliches Anhängsel der Vereinigten Staaten. Nicht einmal Abraham Lincoln, der auch die Annektierung dieses Territoriums erwog, konnte sich dem Bann der ‚offenbaren Bestimmung‘ der Grossmacht für die angrenzenden Gebiete entziehen ...
1912 erklärte der Präsident William H. Taft: „Der Tag liegt nicht fern, an dem drei Sternenbanner an drei gleich weit entfernten Punkten die Ausdehnung unseres Territoriums anzeigen werden: eines am Nordpol, das andere am Panamakanal, und das dritte am Südpol. Es wird zur Tatsache werden, daß die ganze Hemisphäre uns gehört, wie sie uns auch, dank unserer rassischen Überlegenheit, moralisch schon jetzt gehört.”


„Wissen Sie, die Ankläger des Henry Kissinger sollten aus der amerikanischen Justizgeschichte lernen: auch grossen Haien kommt man mit einem zierlichen Fischmesser bei!
Al Capone, genannt Scarface — ein Landsmann und Zeitgenosse von Ihnen, Mr. Rockefeller — wurde als Gangsterchef in Chicago der Mitwirkung an zahlreichen brutalen Bandenmorden beschuldigt, aber 1931 nur wegen nachweislicher Steuerdelikte zu elf Jahren Haft verurteilt.
Eine Petitesse in der Verfassung der Vereinigten Staaten ist das Verbot für Persönlichkeiten des öffentlichen Dienstes, ohne Zustimmung des Kongresses einen im Ausland verliehenen Adelstitel zu akzeptieren!”

No title of nobility shall be granted by the United States; and no person holding any office of profit or trust under them, shall, without the consent of the Congress, accept of any present, emolument, office, or title, of any kind whatsoever, from any king, prince, or foreign state.

„Übrigens darf sich auch kein Träger eines öffentlichen Amtes der Vereinigten Staaten von Amerika in den Dienst eines fremden Staates stellen ...
Vielleicht ist dieser Hinweis von Nutzen bei der weiteren Suche nach Spuren, die Sir Heinz Alfred Kissinger im Gleisnetz der jüngeren Weltgeschichte hinterlassen hat.“

Señor Galeano, wir bedanken uns für diesen Hinweis. ... Und vielleicht spielt ja auch noch die Frage eine Rolle, weshalb Queen Elizabeth II., Königin von Grossbritannien und Nordirland sowie Haupt des Commonwealth, überhaupt so viele mächtige U.S.-Amerikaner geadelt hat: neben Henry Kissinger unter anderen Norman Schwarzkopf, Colin Powell, Casper Weinberger, Ronald Reagan, George Bush (Senior), Rudy Giullani, Alan Greenspan ...

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