SCHÜLER 1:
Der dritte Nobelpreisträger auf unserer
Auftragsliste! Wir dürfen übernehmen?
Kofi Annan
gehört zur ethnischen Gruppe der Fante
in Ghana, die in der Küstenregion leben.
Die Fante kamen schon während des
Sklavenhandels und während der
Kolonialzeit in Kontakt mit Europäern.
Früher als die Menschen im Inneren
Afrikas waren die Menschen entlang der
Atlantikküste, also auch die Fante,
westlicher Erziehung ausgesetzt.
Kofi Annans Vorfahren gehörten zu den
Afrikanern mit der besten westlichen
Ausbildung. Sein Vater arbeitete in
verschiedenen Positionen, unter anderem
als Distriktverwalter, für die United
African Company, UAC, früher Royal Niger
Company genannt. Nach seiner
Pensionierung wurde er im unabhängigen
Ghana Gouverneur einer Region. Das
bedeutet, Mr. Annan gehörte der schon
verwestlichten Klasse Ghanas an, er ist
Teil seiner regierenden Elite.
SCHÜLER 3:
Kofi Annan machte sein Schulexamen 1957,
dem Jahr, in dem Ghana von
Grossbritannien unabhängig wurde. Seine
Ergebnisse waren nicht so gut, daß ihn
die einzige Universität Ghanas zu jener
Zeit akzeptiert hätte. Stattdessen
schrieb er sich in ein Technisches
College ein, wo seine schulischen
Leistungen wiederum mittelmässig
blieben.
Allerdings engagierte er sich in
Studenten-Programmen und wurde zum
Präsidenten der Studentenvertretung
gewählt. In dieser Eigenschaft vertrat
er sein College auf nationaler Ebene und
bei Studenten-Konferenzen in Westafrika.
SCHÜLER 1:
1959 kam ein Vertreter der amerikanischen
Ford-Stiftung in das kürzlich unabängig
gewordene Ghana, um sich nach Studenten
umzusehen, die das Potential zu einer
Führungskraft erkennen liessen. Sie
sollten das Angebot erhalten, in den
U.S.A. weitergebildet zu werden. Kofi
wurde bei einer Konferenz von
Studentenführern entdeckt und erhielt
das Angebot.
Noch im selben Jahr schrieb er sich am
Macalester College in Minnesota ein.
Macalester ist ein kleines
christlich-liberales Kunst-College.
Kofi studierte Wirtschaft und schaffte
einen Schulrekord beim
Einhundertmeter-Lauf. Er schloss das
Studium nach drei Jahren ab und erhielt
ein weiteres Ford-Stipendium, diesmal um
in Genf, in der Schweiz, Französisch und
Internationale Beziehungen zu studieren.
Nach einem Jahr folgte er dem Ruf von
Anwerbern der
Weltgesundheitsorganisation, die ihn 1962
für das WHO-Personalbüro rekrutierten.
So begann Kofi Annans Karriere bei den
Vereinten Nationen, als Spezialist für
UN-Personal.
SCHÜLER 2:
Zwei Ehen. Die erste, 1965 geschlossen
mit einer Yoruba aus Nigeria, die in Genf
Französisch lernen wollte. Zwei Kinder,
Sohn und Tochter, Scheidung 1975. Bald
darauf (und bis heute) zweite Ehefrau,
Nane, eine Schwedin.
SCHÜLER 3:
Immer weiter auf der administrativen
UN-Karriereleiter. Ein Versuch,
ausserhalb der UN für die
Tourismusbehörde in Ghana zu arbeiten,
scheitert. Die UN lässt ihn am
renommierten amerikanischen Massachusetts
Institute of Technology ein Master-Degree
in Geschäfts- und Verwaltungswesen
erwerben, 1980 ist er der für das
UN-Personal zuständige Direktor. Zwei
Jahre später wird der peruanische
Aussenminister Javier Perez de Cuellar
UN-Generalsekretär. Der macht ihn zu
seinem Chief of Staff und zu seinem Ohr
auf zahlreichen Übersee-Missionen. Kofi
Annan ist auf der Bühne internationaler
Diplomatie angekommen, bald auch als
spezieller Vertreter bei der Hohen
Kommission der UN für
Flüchtlingsfragen.
1992 wird Ägyptens Aussenminister
Boutros-Boutros Ghali ins Amt des
UN-Generalsekretärs berufen. Kofi muss
für ihn so schwierige Angelegenheiten
wie den Flüchtlingsstrom aus Bosnien
angesichts serbischer Gräueltaten in den
Griff bekommen. Flüchtlingsströme
bleiben unter Boutros-Boutros Ghali Kofis
Weltaufgabe: 1993 Somalia, 1994 Ruanda
...
Als die U.S.A. beschliessen, den Ägypter
nicht zu mögen und dessen zweite
Amtszeit verhindern, wird hinter
verschlossenen Türen des
Weltsicherheitsrates gekungelt, bis Kofi
Annan als nächster Generalsekretär
feststeht.
SCHÜLER 1:
Was hat Mr. Annan nach unserer Ansicht
während seiner Amtszeit Herausragendes
geleistet?
Die amerikanische Politik war drauf und
dran, die Vereinten Nationen
auseinanderzunehmen. Annans Verdienst ist
es, Finanzierung und Betrieb
sichergestellt zu haben.
SCHÜLER 2:
Die Weltorganisation hat
einhundertzweiundneunzig Mitglieder, mit
keinem hat er sich überworfen. Er kam
klar mit Sozialisten, Kapitalisten,
Jihadisten und vielen anderen, die die
Welt nach ihrem Gusto ausrichten wollen.
Er hat weder Wellen geschlagen, noch
Federn gerupft.
Er war ein smooth operator.
Ich bin entzückt, wie diese jungen
Leute die öffentliche Wahrnehmung meines
Wirkens auf den Punkt gebracht haben: smooth
operator ... I like it!
Obgleich es hat wenig zu tun mit
der Realität.
Ja, mein Handeln wurde argwöhnisch von
Mächten beobachtet, ohne deren Geld die
UN-Organisation nicht existieren könnte.
Andere sahen mich als Onkel
Tom, als schwarzen Handlanger
imperialer Interessen.
Nehmen Sie Simbabwes Präsident Mugabe
...
Er hatte hunderttausende
seiner Menschen bei bitterer Kälte
obdachlos gemacht, in einer Operation,
die er Slum-Sanierung nannte, die aber
auch nach Beobachtung meiner
Mitarbeiter vor Ort seine
Hauptstadt von Menschen entleeren sollte,
die gegen ihn gestimmt hatten. Ich
schickte meinen Beauftragten Jan Egeland,
einen Norweger, nach Harare mit dem
Angebot einer ersten Nothilfe. Dazu
gehörten Zelte, damit die betroffenen
Menschen die dort sehr kalten
Winternächte überstehen könnten.
Mugabe wies das Angebot zurück. Ich
erinnere mich noch, wie es schmerzte, von
einem afrikanischen Bruder solche Worte
zu lesen: Behalten Sie Ihre
Zelte, so hatte Egeland Mugabes
Zorn notiert, Zelte sind für
Araber!
Egeland hob dann hervor, er führe seine
Mission im Auftrag des Generalsekretärs
der Vereinten Nationen durch, der sei
doch wie er Afrikaner ...
Ja, antwortete Mugabe,
Kofi Annan ist Afrikaner, aber er
und seine Organisation werden politisch
benutzt, manipuliert von Grossbritannien
und von Blair.
Nun, damit muss man leben.
Vor seinem Bericht an mich gab Egeland in
einem südafrikanischen Presseinterview
seine Einschätzung der Entwicklung
wieder:
UN-Beauftragter: Simbabwe löst
sich auf UN envoy:
Simbabwe in meltdown..
Das war die Schlagzeile in der
internationalen Presse, zwei Tage nach
seinem Treffen mit Mugabe.
Ich hielt das für unklug. Wenn man
unterwegs ist in diplomatischer Mission,
muss man besonnen bleiben.
Mugabe beschimpfte meinen Mann
öffentlich als Lügner und als Heuchler.
Ich hätte gedacht, Skandinavier
wüssten, wie man damit umgeht. Aber
meinem norwegischen Emissär war es
wichtig, sich öffentlich zu
rechtfertigen. Das tat er in weiteren
Interviews. Ich glaube, er hat es nicht
verstanden, daß ich danach die
ursprüngliche Absicht, selber nach
Harare zu fliegen, aufgab.
Keine Wellen schlagen, keine Federn
rupfen. Das war meine Haltung. Sie war
auch geprägt, Mr. Hammarskjöld, von
Ihrem Beispiel. Beim Studium der Profile
meiner Vorgänger war mir aufgefallen,
daß Sie aus dem Raster fielen. Die
nordische Kühle beeindruckte mich, die
Klarheit der Sprache, die Unabhängigkeit
des Denkens ...
2
... von innen her denjenigen helfen,
welche die geschichtsformenden
Beschlüsse fassen, lauschen und
analysieren und versuchen, voll und ganz
die Kräfte zu verstehen, um die
richtigen Ratschläge zu erteilen, wenn
die Situation es verlangt.
Aber mich erschreckte die
Konsequenz Ihres Handelns, als Sie diese
selbstgesetzte Grenze überschritten
in der Sues-Krise, im Kongo ...
die dunkle Macht, die Sie aus Afrikas
Himmel fallen liess ... ich musste mit
der Erkenntnis umgehen: Der Mensch ist in
der Lage, die Welt friedlich zu regieren,
aber er wird immer den Krieg vorziehen.
Anders als für Sie, Mr. Hammarskjöld,
war für mich der Apparat der Vereinten
Nationen kein Neubau, in vielen
Funktionen hatte ich ihn ein bisschen mit
geschaffen. Ich kannte die offenen
Korridore und die verborgenen Nischen
dieses Welttheaters, aus den Kulissen
hatte ich alle Schauspieler beobachtet
und nach ihren Auftritten beurteilt. Sie
dürfen nicht vergessen, ich war einige
Zeit der für das UN-Personal zuständige
Direktor.
Ich hatte bemerkt, daß Afrikaner dazu
tendieren, schnell und aufgeregt zu
sprechen. Amerikaner verstehen sie oft
nicht. Meine Herkunft, der frühe Umgang
meiner Familie mit Europäern, meine
Studien in Europa und in den U.S.A., all
das half, mein Benehmen anzupassen, mich
langsam und deutlich auszudrücken, mit
sorgfältig gewählten Worten eher zu
beruhigen als aufzuregen ...
Am meisten geholfen hat mir aber die
schwierigste Entscheidung in meinem
Leben, die vorhin so karg von den jungen
Leuten zusammengefasst wurde:
Zwei Ehen. Die erste, 1965
geschlossen mit einer Yoruba aus Nigeria,
die in Genf Französisch lernen wollte.
Zwei Kinder, Sohn und Tochter, Scheidung
1975. Bald darauf (und bis heute) zweite
Ehefrau, Nane, eine Schwedin.
Sieht das so aus, als hätte ich mich in
meinem persönlichen Leben für Europa
und gegen Afrika entschieden?
tazara tazara tazara ...
Bin ich der da?
Wer da?
Der da!
Oder die da? ...
tazara tazara tazara ...
Die Gedanken sind frei ... Geisterstunde
... bis auf weiteres sind wir abgenabelt
vom Globalen Dorf!
tazara tazara tazara ...
Wir rollen wieder? Ich hätte es
gerne gehabt, daß unsere jungen Freunde
in jener deutschen Schule noch die
Antwort erfahren ...
Das
werden sie, Kofi! Der Zug versucht nur,
Deinen Spuren zu folgen ...
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