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Der Sohn des Spielleiters
Station 75


1 Die weiten Horizonte, die Vater so lange gelockt hatten, waren für immer verschwunden. Er hatte sie getauscht für ein dunkles, phantastisches Tal, an dessen Grund ihn sein besessener Geist nach Phantom-Reichtümern suchen liess.
Wir hofften auf ein Mirakel, auf eine wundersame Heilung, denn er war doch erst einundfünfzig Jahre alt.
Ich hatte oben im Norden, in einer rhodesischen Asbest-Mine, einen Verwaltungsjob gefunden. Nach zwei Jahren kehrte ich mit meiner Familie zurück für die Hochzeit meiner Schwester mit William Murrogh, Sohn von James Murrogh, stellvertretender Vorsitzender von De Beers, jener von Cecil Rhodes gegründeten Diamanten-Unternehmung.
Vor rund zwanzig Jahren hatte Rhodes mit Unterstützung von N.M. Rothschild & Sons in Paris die letzte Übernahmeschlacht im Diamantengeschäft gewonnen. Die DeBeers Consolidated Mining Company kontrollierte mehr als neunzig Prozent aller damals bekannten Diamanten-Minen der Welt.
Vaters ehemalige Kollegen, alte Freunde, sie alle waren geschockt von der deprimierenden Erscheinung eines Mannes, den sie als populären Bürger Johannesburgs in Erinnerung hatten, dessen Anteil am Aufbau der Stadt unvergessen war, auch an deren Reichtum, wie er sich in einem Netz von Strassen und Villen über die Bergkämme ausgebreitet hatte.
Wir dagegen freuten uns über kleine Anzeichen für Hoffnung, über seine Versuche, sich zu konzentrieren, sich normal zu geben.
Als Helen und unsere kleine Tochter die lange versprochene Urlaubsreise nach Europa angetreten hatten, holte ich Vater zu mir nach Rhodesien, weg von Freunden und Feinden, in einen — wie ich hoffte — endlich zu geniessenden Ruhestand. Es schien zu wirken.
Etwa nach einem Jahr wanderte sein suchender Geist weg von Diamanten, hin zu Asbest und Gold, den beiden Mineralien, die ich in Filabusi aus dem Berg zu holen half.
Als Frau und Kind aus Europa zurückgekehrt waren, wagte ich den Vorschlag: „Dad, was hieltest du davon, heimzukehren nach Johannesburg?“ Er sah mich an und lächelte. „Witzig, daß du das sagst. Ich hab‘ mich das schon selber gefragt.“ „Du musst dich nicht beeilen, lass dir Zeit mit einer Entscheidung.“ „Nicht nötig, ich habe mich schon entschieden. Ich würde gerne wieder als Anwalt arbeiten. Ich bin doch erst achtundfünfzig!“
In Johannesburg dauerte es nicht lange, da hatte er seine alte Kanzlei wieder in Schwung gebracht.
Und wir warteten an der Seitenlinie.
Würde er sich auch wieder an den Aktienmarkt trauen? Das war einerseits gefährlicher Grund, andererseits hätte es bedeutet, daß er sich vom Schock und von der Demütigung seines Absturzes komplett erholt hätte.
Wir mussten nicht lange warten.
Der Platin-Kurs an der Börse weckte sein Interesse. Platin war Gegenstand in den Nachrichten, Platin schien Zukunft zu haben. Ganz ohne eigenes Kapital, aber mit Augenmass und mit alter Begeisterung begann Vater, Platin-Aktien zu erwerben. Innerhalb weniger Monate hatte er nicht weniger als den Gegenwert von 35.000 Pfund zusammen. Wir hätten es gern gesehen, wenn seine Arbeit als Anwalt weiter im Vordergrund gestanden hätte, doch das alte Kribbeln hatte ihn wieder im Griff, und eine neue Ambition: das Kapital zurückzugewinnen, das er Familie und Freunden schuldete.
Und der Wert von Platin-Aktien stieg und stieg und stieg ...
Ein Grund dafür war die umständliche und teure Art, es aus dem Berg zu gewinnen. Das machte es zum wertvollsten Metall der Welt. Wissenschaftler arbeiteten in ihren Laboratorien an Lösungen für die metallurgischen Probleme. Vater verfolgte diese Experimente mit grossem Interesse. Es war wie ein Echo aus der Zeit der Zyanid-Gold-Experimente vor dreissig Jahren. Wie damals war Vater sicher, daß auch diesmal das Problem gelöst werden würde.
In der Zwischenzeit stand der Preis für eine Unze Platin bei 14 Pfund, eine Unze Gold brachte gerade 3 Pfund, 17 Shilling und 6 Pence.
Dann war unsere kleine Welt aus Hoffnung und langsam wachsendem Wohlstand abermals zerschmettert.
Diesmal kam der Donnerschlag von weit her — aus Russland, das fünfundachtzig Prozent des Weltvorrates an Platin kontrollierte. Russlands reiche Vorkommen lagen in den Ural-Bergen zusammen mit Gold in dicken Schichten aus Sand.
Als sei der Angriff brutal gegen uns persönlich gerichtet, so wirkte in unserer Ausweglosigkeit die tatsächlich kühle Ankündigung aus dem Land der Revolution: Russland senke auf dem Weltmarkt den Preis für eine Platinum-Unze auf 10 Pfund, und es könne den weltweiten Bedarf sogar zum noch niedrigeren Preis von Gold stillen.
Die Welt der Platin-Aktienbesitzer wankte, dann brach sie ein — und mit ihr erneut Vaters Gesundheit.
Hastig machte ich mich mit ihm auf den Weg zurück nach Rhodesien.
Es braucht einen weitsichtigen Philosophen, um die komplizierten kosmischen Facetten auszumachen, die das Schicksal eines Menschen bestimmen. Während der friedvollen Tage auf dem Veld hatten wir gedacht, die schlimmsten Stürme des Unglücks überstanden zu haben, hatten gehofft, Vater und Mutter würden ihr Alter einigermassen komfortabel einrichten können.
Aber der kosmische Plan war noch nicht vollendet ...

Wenn ich den Computer abschalte, spiegelt der dunkle Monitor mein eigenes Gesicht, alterslos ... dann beuge ich mich wieder über meinen Schreibblock und notiere ...

„Oh nein, mein Herr. Ich fasse nicht zusammen. Das macht später der Redakteur. Ich notiere nur das, was der Redner sagt, und später schreibe ich alles säuberlich auf.“

Es gilt das gesprochene Wort!





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