Pech gehabt, der Mann! ...
An die Sterne zu
denken, die wir
nachts über unseren Köpfen am Himmel
sehen, an diese weiten Welten zu denken,
die wir niemals erreichen können ... ich
würde diese Planeten annektieren, wenn
ich es könnte. Es macht mich traurig,
sie so klar zu sehen und doch so fern.
Das habe ich einmal gesagt bin ich
deshalb plem-plem?
Nun,
Mr. Rhodes, unsere rollende Bühne
scheint gerade einen Spielleiter-Wechsel
zu erleben. Ob sich damit auch das Ziel
des Eisenbahnzuges ändert, wissen wir
nicht. Das Ziel ist hoffentlich keine
Klappsmühle
Und wir wollen hier auch nicht ein Stück
aufführen, das ein gewisser John Crowley
1989 als Novelle veröffentlichte, eine
Zeitmaschinen-Geschichte, die davon
ausgeht, Ihr Letzter Wille habe sich
realisiert, das Britische Empire als
dominierende Weltmacht habe im
zwanzigsten Jahrhundert unter anderem
zwei Weltkriege verhindert ... weil
es war ja gar nicht Ihr letzter
Wille!
Das Testament, das Sie zitierten, jenes
mit der Anregung für die Gründung einer
geheimen Gesellschaft zur Durchsetzung
britischer Weltherrschaft, hatten Sie
schon 1877 aufgesetzt. Da waren Sie noch
kein wirklich reicher Mann, Mr. Rhodes,
und Sie hatten noch keinen Lover.
Fünf Jahre später, 1882, hatten Sie
einen.
Er war als Sekretär bei De Beers angestellt,
und bald lebten sie zusammen. Der junge
Mann war Ihnen so wichtig, daß Sie
bedeutsame Verhandlungen sausen liessen,
um an seinem fünfundzwanzigsten
Geburtstag teilzuhaben. Bei dieser
Gelegenheit schrieben Sie Ihren Letzten
Willen zu seinen Gunsten um, Neville
Pickering sollte Ihren Besitz erben. Und
auch Ihr politisches Erbe wurde um
einiges praktischer.
No comment with regard
to Mr. Pickering ... In meine tatsächliche
Hinterlassenschaft für
ausgewählte Studierende an der
University of Oxford, in die
Rhodes-Scholarship, sollen junge
Amerikaner einbezogen werden. Aus ihnen
wird eine amerikanische Elite
hervorgehen, Könige der Philosophie, die
schliesslich die Vereinigten Staaten von
Amerika in das Britische Empire
zurückführen werden.
Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht,
daß ich den deutschen Kaiser bewundere,
schliesslich ist er ein Enkel der Queen,
und deutsche Studenten dürfen ebenfalls
fellows meiner Stiftung sein.
Die Stipendien sollen dazu beitragen,
daß ausländische Eliten für ihre
Aufgaben vorbereitet und motiviert
werden, in besonderer Weise
angelsächsische Wertvorstellungen in die
Welt hinauszutragen.
Nennen
Sie uns doch mal ein paar
Rhodes-Stipendiaten aus der jüngeren
Geschichte.
Wesley Clark
Ex-NATO-Oberbefehlshaber
Bill Clinton Ex-Präsident in den
U.S.A.
Richard von Weizsäcker
Ex-Präsident in Deutschland
Malcolm Fraser und Bob Hawke beide
Ex-Premiers in Australien.
Und
nicht Henry Kissinger Ihr alter
ego?
Nun, die Zeitmaschine hat nicht
funktioniert. Es gab keine britische
Supermacht mehr im zwanzigsten
Jahrhundert. Die beiden Weltkriege wurden
nicht verhindert. Die Vergabe von
Stipendien an Deutsche war aufgrund der
politischen Lage von 1914 bis 1932 und
von 1939 bis 1970 ausgesetzt.
Heinz Alfred Kissinger war einer aus der
Zwischengeneration, der es schaffte,
zwischen den beiden Katstrophen die
Heimat zu verlassen. Seine Eltern
emigrierten mit ihm 1938 in die U.S.A..
Heinz hatte als Henry kein Problem, dort
einen anderen Paten zu finden, der ihm
eine Bildung mit angelsächsischen
Wertvorstellungen vermittelte und
später einen Wirkungskreis zur
Durchsetzung derselben ...
Wenn ich alles richtig verstanden habe,
wird aber seinem Paten auf dieser
rollenden Bühne vorgehalten, eine
Kartellisierung des weltweit agierenden
Unternehmertums eingeleitet zu haben.
Was heisst Kartellisierung?
Wenn es um Maximierung von Profit geht,
und damit einhergehend um Sicherung und
Ausweitung von Macht, ist das System des
Kartells immer zu bevorzugen, also der
Zwang für den Konsumenten, das zu
akzeptieren, was ihm angeboten wird.
Was ist dagegen einzuwenden? Mr.
Rockefeller, Sie werden mir zustimmen:
Als sich unsere
nordamerikanische Kolonie in
die Vereinigten Staaten von Amerika
wandelte, hat sich aus deren Humus leider
eine offene Gesellschaft entwickelt. Das
heißt: Jeder Tellerwäscher kann zum
Millionär aufsteigen. Keine
Reglementierung hindert ihn daran. Damit
dieser Fall aber nicht eintritt, haben
die Leute, die schon oben sind, allerlei
Vorrichtungen ersonnen, um unter sich zu
bleiben und sich nicht von
Emporkömmlingen an die Seite drücken zu
lassen.
Nach dem amerikanischen Bürgerkrieg
hatte sich Mitte des neunzehnten
Jahrhunderts eine Elite durchgesetzt, die
an der nördlichen Ostküste der U.S.A.
mit Schwerpunkten in New York und Boston
zu Hause ist. Diese Elite ist weiß,
protestantisch und sieht die Kultur
Englands als ihre geistige Heimat an.
Wie Sie sich denken können, ist das die
Elite, auf die meine testamentarische
Hoffnung baut!
Sie hat ihre eigenen Schulen und
Universitäten gegründet, wo nur der
eigene Nachwuchs gefördert wird.
Exklusive studentische Verbindungen
garantieren, daß die Absolventen der
Eliteausbildung von ehemaligen
Absolventen gleich in die richtigen
Karrieregleise geschubst werden. Nicht
anders haben wir das immer in good old
Britain gemacht!
Manche nennen das Seilschaften. Diese
treffen für die Gesellschaft wichtige
Entscheidungen. Am liebsten in
Herrenklubs, am Rande von Jagd oder
Golfspiel.
Was nun dieser informellen
Seilschaftsdynamik ihre besondere Macht
verleiht, ist der sogenannte
Drehtüreffekt. Das heißt:
ein Elitemensch wechselt ohne größere
Probleme aus einer Leitungsfunktion in
der Industrie in eine solche beim
Militär, in der Politik, bei den Medien,
beim Geheimdienst, in der Wissenschaft,
oder sogar in der Kirche. Mithilfe dieser
Rotation ist es möglich, mit extrem
wenig Elite-Personal schnell und
geräuschlos eine bestimmte
Richtungsentscheidung für die gesamte
Gesellschaft durchzusetzen.
Diese Drehtür setzt natürlich eine
unbekümmerte Verwischung der Grenzen
zwischen Privatwirtschaft und Regierung
voraus. Das, was sich in Deutschland
gerade erst als Öffentlich-Private
Partnerschaft durchsetzt, ist in
den USA spätestens nach der Etablierung
von Trusts und Kartellen, also etwa seit
dem Jahre 1900, eine
Selbstverständlichkeit. De facto
herrschte jene kleine Ostküstenelite.
Ihr Selbstverständnis kann man als
paternalistisch bezeichnen:
Das Volk ist dumm und weiß nicht, was
ihm gut tut. Eine auserlesene Elite muss
für den Pöbel das Denken übernehmen,
habe ich recht, Mr. Rockefeller?
Schon vor dem Ersten Weltkrieg wurde von
oben nach unten die ganze Gesellschaft
geordnet nach den Vorstellungen jener
chosen few aus den großen
Banken und Industriekartellen. Einer der
wichtigsten amerikanischen Vordenker
dieser Elitenbildung hat das Credo der
Bevormundung dankenswert offen dargelegt.
Sie haben das doch bestimmt im
Originalton vorliegen!
Regie!
Bitte Ton ab für Mr. Walter Lippmann vom
amerikanischen Council on Foreign
Relations!
Das allgemeine
Interesse ... kann
nur durch eine spezialisierte Klasse
verwaltet werden, deren persönliche
Interessen über lokale Themen
hinausreichen. Diese Klasse ist befreit
von Verantwortung, denn sie agiert
aufgrund von Informationen, die nicht
Eigentum der Gemeinschaft sind; in
Situationen, die das breite Publikum gar
nicht begreift ...
Die Männer, die aktuell gerade die Macht
ausüben, versagen nicht etwa dabei, den
Willen des Volkes widerzuspiegeln, denn
in den meisten Sachfragen existiert ein
solcher Wille gar nicht, sondern sie
üben Macht aus aufgrund von
Auffassungen, die vor der Wählerschaft
verborgen sind.
Mr,
Rhodes, Sie mögen sich ja zu diesen
Elite-Kapitalisten gezählt haben. Die
bei uns in Lehrbüchern und in den Medien
vertretene Auffassung ist doch aber, daß
sich der gewöhnliche Kapitalist mit
seinem Produkt oder mit seiner
Dienstleistung dem Wettbwerb im Markt
stellt.
Dagegen ist nichts einzuwenden. Ich
würde sogar behaupten, das war
vielleicht das erfolgreichste Modell
fürs Wirtschaften, als es nur um
die Versorgung realer Bedürfnisse von
Menschen ging ... aber darum geht
es doch nicht mehr, seit es Banken
gibt!
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