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TAZARA ... mit der Eisenbahn durch die Weltgeschichte © KJS / 2009 - 2021
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TUNNEL-UMKEHR!

Und, Mr. Rhodes? Im südafrikanischen Grahamstown heisst eine bedeutende Bildungsinstitution unverändert Rhodes University. Wer durch den Haupteingang kommt, muss vorbei an einer Rhodes-Büste!
Sie winken ab?


„Wissen Sie eigentlich, daß im Februar 2002 aus Anlass des hundertjährigen Jubiläums meines Rhodes Trust’s in Partnerschaft mit der Nelson Mandela Foundation für zunächst zehn Jahre die ‚Mandela Rhodes Stiftung‘ gegründet wurde?
So macht man das!
Und Mandela war höchstselbst dabei, und Bill Clinton als ehemaliger Rhodes-Stipendiat kam, und Tony Blair — ich glaube, der war da als Vertreter des Commonwealth. Und im Geiste natürlich auch ich, im Geiste des von mir verkörperten Unternehmertums und der Erziehung.
Ein Jahr darauf nahm die Stiftung die Arbeit auf, in meinem Geiste und natürlich auch im Geiste der Führerschaft und der Versöhnung wie sie Mandela verkörpert. Das gemeinsame Ziel: In Afrika sollen fähige Führungspersönlichkeiten herangebildet werden.
Also, mir ist das alles viel zu einseitig. Bei Ihnen kommen Bankiers und Industrielle nur als Menschen ohne Moral vor.
36 Ist Ihnen bekannt, daß Londoner Banken eine Eisenbahnlinie einzig zu dem Zweck finanzierten, um den Sklavenhandel in Afrika zu bekämpfen? Als 1892 der Bau der Bahnlinie vom Indischen Ozean Richtung Uganda begann, sollten britische Truppen damit ein schnelles und zuverlässiges Transportmittel bei ihrem Kampf gegen den innerafrikanischen Sklavenhandel erhalten.“

— kisumu — kisumu — kisumu ...

Schon wieder erweisen Sie sich als zuverlässiger Stichwortgeber, Mr. Rhodes ...
Schienenwechsel!
Wir rollen vom Indischen Ozean Richtung Uganda, an Bord keine britischen Truppen, sondern:
„Ein Amerikaner in Afrika“ …


— kisumu — kisumu — kisumu ...

32 Am späten Nachmittag um halb sechs rumpelte unser Zug nach Kisumu aus dem alten Bahnhof von Nairobi. Jane hatte beschlossen, zu Hause zu bleiben, aber alle anderen waren mitgekommen — Kezia, Zeituni und Auma in einem Abteil, Roy, Bernard und ich im nächsten. Während die anderen noch dabei waren, ihr Gepäck zu verstauen, öffnete ich das Fenster und schaute hinaus, sah die weite Kurve, in die sich der Zug legte, und dachte daran, daß die Eisenbahn die Kolonisierung Kenias entscheidend vorangetrieben hatte.
Diese Bahnlinie — tausend Kilometer, von Mombasa am Indischen Ozean bis hinauf zum Ostufer des Victoria-Sees — war seinerzeit das bedeutendste technische Projekt in der Geschichte des Empires. Fünf Jahre dauerte der Bau, und mehrere hundert indische Arbeiter kamen dabei ums Leben. Als die Strecke fertig war, stellten die Briten fest, daß es keine Passagiere gab, auf die sie die Kosten ihres Unternehmens hätten abwälzen können. Also gab man das Land zur Besiedlung frei, holte Europäer ins Land, Kaffee und Tee wurden angebaut. Und natürlich brauchte es einen Verwaltungsapparat, der bis in das Herz eines fremden Kontinents reichte, und Missionen und Kirchen, um die Furcht zu bannen, die ein unbekanntes Land auslöste.
Mir kam es wie eine uralte Geschichte vor. Ich wusste aber, daß das Jahr 1895, in dem die ersten Gleise verlegt wurden, auch das Geburtsjahr meines Großvaters Hussein Onyango war. Und sein Land war nun unser Reiseziel. Bei diesem Gedanken wurde die Geschichte der kenianischen Eisenbahn, die Geschichte dieses Zuges, für mich wieder lebendig.
Ich versuchte mir vorzustellen, was ein namenloser britischer Offizier bei der Jungfernfahrt dieses Zuges empfunden haben mochte, in seinem Abteil mit Gasbeleuchtung, beim Blick über die weite Savanne. Hatte er so etwas wie Triumph dabei empfunden, daß das strahlende Licht der europäischen Zivilisation endlich auch das afrikanische Dunkel erfasste? Oder hatte er eine leise Ahnung, daß das ganze Unternehmen töricht war, daß das Land und seine Bewohner am Ende gewinnen und die imperialen Träume verblassen würden?
Ich versuchte, mir den Afrikaner vorzustellen, der dieses stählerne, qualmende Ungetüm beobachtete, das zum ersten Mal sein Dorf passierte. Hatte er den Zug mit neidischem Blick verfolgt, sich vorgestellt, eines Tages in dem Abteil zu sitzen, in dem der Engländer saß, endlich erlöst von der Bürde seines Daseins? Oder schauderte ihn bei dem Gedanken an Krieg und Zerstörung?
Meine Phantasie gab mir keine Antwort. Meine Vorstellungskraft versagte. Und so kehrte ich zurück in die Realität, sah nun statt der Savanne die endlosen Dächer von Mathare. Wir kamen an einem offenen Markt vorbei, wo uns ein paar Kinder zuwinkten. Ich winkte zurück. Im selben Moment sagte Kezia hinter mir etwas auf Luo, und Bernard zupfte an meinem Hemd. „Sie sagt, du sollst nicht den Kopf zum Fenster hinaushalten. Diese Jungs werden mit Steinen nach dir werfen.“




„Und welcher Amerikaner hätte sich da fast eine blutige Nase geholt, wenn ich fragen darf?“

Einer, der sich für eine angelsächsische Konspiration, wie jener im Irak, keine hätte holen wollen, glauben wir.
Der Mann heisst Barack Hussein Obama, und seine Eisenbahnfahrt durch Kenia, das war ‚ROOTS‘.
Sie wissen nicht, was das heisst? Wir erklären Ihnen das, Mr. Rhodes, und noch ein bisschen mehr:
36 Die Bahnlinie vom Indischen Ozean Richtung Uganda ist gegen den Widerstand Londoner Banken finanziert worden … was hätten sie beim Kampf gegen den Sklavenhandel in Afrika verdienen können?
Am Sklavenhandel hatten Briten ja solange gerne mitverdient, bis ihre Ökonomie eine Stufe erreicht hatte, auf der es sich nicht mehr auszahlte, Sklaven und deren Familien ein Leben lang zu versorgen. Finanziell machte es mehr Sinn, nur noch in tatsächliche Arbeitskraft zu investieren, folgerichtig wurden Sklaven ersetzt durch Lohnarbeiter. Das war weniger eine Frage der Moral, sondern das Ergebnis buchhalterischer Kalkulation.
In den U.S.A., wohin die meisten Sklaven aus Afrika verschleppt worden waren, wurden im Zuge einer ähnlichen ökonomischen Entwicklung aus schwarzen Menschen zunächst ebenfalls Lohnarbeiter, dann Angestellte, dann Akademiker und schliesslich Politiker. Viele sagten nun „black is beautiful“, und sie nannten sich „Afroamerikaner“.
Bei ‚ROOTS‘ handelt es sich um den nächsten Schritt der Anpassung. Wie Iren, Deutsche, Italiener oder Polen, deren Vorfahren nach Amerika kamen, und die ihre europäischen Stammbäume ausgraben, wollen nun auch afroamerikanische Aufsteiger herausfinden, woher sie stammen. Kuta Kinte und sein TV-tauglich verfilmtes Schicksal machte den Anfang.
Und einige stellten fest, daß ihre Vorfahren nicht als Sklaven nach Amerika kamen.
Der kenianische Vater des Zugreisenden Obama zum Beispiel kam als einer der ersten Studenten aus Afrika an eine amerikanische Universität ...
Übrigens, wann sponsorte Ihre Stiftung den ersten schwarzen Studenten, Mr. Rhodes? … Mr Rhodes? ...


„Entschuldigung! Er benutzt wieder seinen eigenen Zug, und er lässt ausrichten, er fahre lieber wieder zurück zu seiner letzten Koordinate:
20°25'?S, 28°28'?E
‚World’s View’, Matopos Hills near Bulawayo, Rhodesia.
Da würden ihm Häuptlinge schwarzer Stämme mit einem königlichen Salut die wohlverdiente letzte Reverenz erweisen.“

Nachdem sie sich den donnernden Salut aus weissen Gewehren verbeten hatten, aus Respekt vor ihren in den umliegenden Hügeln ruhenden Vorfahren! …

„Das finde ich interessant ... Wissen Sie, mit ihm habe ich nie über so etwas reden können, über das, was in schwarzen Köpfen vorgeht, meine ich, das hat ihn nicht interessiert. Mich schon, und ich habe natürlich wissen wollen, was aus seinem Rhodesien unter Führung schwarzer Köpfe geworden ist.
Inzwischen gab es den einen oder anderen schwarzen Rhodes-Stipendiaten, ich meine, die Verwalter seines Nachlasses mussten natürlich mit der Zeit gehen, nicht wahr?
Und mindestens einer der Auserwählten wird sogar bald jener schwarzen Elite angehören, die jetzt in Simbabwe an der Macht ist.
Merken Sie sich den Namen:
Arthur Oliver Mutambara! Professor! Rhodes-Stipendiat!
Er wird bekannt werden ...
als einer, der nach zwanzig Jahren profitablen akademischen Lebens im Ausland einem politischen Ruf aus der Heimat folgen wird,
als einer, der nach Hause kommen wird, um dabei zu helfen, die Opposition gegen Diktator Mugabe zu spalten,
als einer, der bei der entscheidenden Wahl als Kandidat für einen Parlamentssitz selber hoffnungslos unterliegen wird,
als einer, der es dennoch schaffen wird, den Stuhl einer Notregierung zu erklimmen.
Die auf den anderen Stühlen sitzen werden, haben überwiegend ebenfalls eine formale Bildung nach britischem Vorbild. Es ist aber diese herrschende schwarze Elite, welche die brutale Enteignung und damit die Vernichtung des hochtechnisierten Agro-Industrie-Komplexes in ihrem Land mit der überfälligen Korrektur kolonialer Ungerechtigkeit begründet hat.
In den U.S.A., ebenfalls einer ehemaligen britischen Kolonie, käme kein schwarzer Elitärer, nicht einmal ein schwarzer Autowäscher, auf die Idee, den technologischen Fortschritt etwa von General Motors oder von Ford als Ergebnis kolonialer Vergangenheit zu betrachten oder gar rückgängig machen zu wollen ...
Wieso wirkt sich Bildungserfahrung angelsächsischen Ursprungs in schwarzen Köpfen so unterschiedlich aus?“

Und wer, bitte, sind Sie?




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