Friedrich
Flick hat nur einmal in seinem Leben
nicht spekuliert, sondern eigenhändig
etwas produziert: geschälte Kartoffeln
und geflickte Schuhe im Gefängnis
...
Doch dreissig Jahre nach Kriegsende ist
er bei seinen alten Leisten:
37
Die fünf stärksten Säulen des neuen
Flick-Reiches sind:
der Autokonzern Daimler-Benz
AG in Stuttgart-Untertürkheim, mit 11,6
Milliarden DM Jahresumsatz das
fünftgrösste Unternehmen der
Bundesrepublik;
der Papierkonzern Feldmühle
AG in Düsseldorf-Oberkassel, der mit
seinen zahlreichen in- und ausländischen
Beteiligungsgesellschaften mehr als 1,5
Milliarden DM pro Jahr umsetzt;
das Kunststoff- und
Sprengmittel-Unternehmen Dynamit Nobel AG
in Troisdorf bei Köln, Jahresumsatz
über 1,2 Milliarden DM;
der Verarbeitungskonzern
Buderussche Eisenwerke in Wetzlar,
Deutschlands grösste Eisengiesserei, die
mit ihren Tochtergesellschaften (darunter
die Münchener Panzer- und
Lokomotivenfabrik Krauss-Maffei und die
Metallhüttenwerke Lübeck) rund 2,4
Millahresumsatz erzielt;
das Stahlwerk
Maximilianshütte in Sulzbach-Rosenberg,
Oberpfalz, mit einem Jahresumsatz von 700
Millionen DM.
DIE
FLICK-AFFÄRE Teil 2
Oder: wie in Deutschland Politik gekauft
wurde
Ausgangspunkt der
Nachkriegs-Flick-Affäre
war ein Aktiengeschäft im Jahr 1975, bei
dem der Flick-Konzern Aktien der
Daimler-Benz AG im Wert von 1,9
Milliarden D-Mark an die Deutsche Bank
verkaufte.
Der Flick-Konzern beantragte beim
zuständigen Bundeswirtschaftsministerium
im Januar des Jahres für dieses
Geschäft die Steuerbefreiung. Die kann
nach Paragraph 6b des
Einkommensteuergesetzes vom Minister
gewährt werden, wenn eine Reinvestition
für volkswirtschaftlich
förderungswürdig gehalten wird. Die zu
zahlenden Steuern hätten knapp 986
Millionen Mark betragen. Sowohl Minister
Hans Friderichs als auch sein Nachfolger
Otto Graf Lambsdorff (beide FDP)
erteilten diese Genehmigungen.
1981 entdeckten Steuerfahnder ein
Kassenbuch des Flick-Generalbuchhalters
Rudolf Diehl, in dem Bargeldzahlungen an
Politiker aller im Bundestag vertretenen
Parteien verzeichnet waren. Unter anderem
waren dies: dreimal 250.000 D-Mark an den
CSU-Vorsitzenden Franz Josef Strauß,
einmal 50.000 D-Mark an den
CDU-Vorsitzenden Helmut Kohl, mehrmals
30.000 D-Mark an Otto Graf Lambsdorff
(FDP), einmal 100.000 D-Mark an Walter
Scheel (FDP) und mehrmals 70.000 D-Mark
an Hans Friderichs (FDP). Zu den
Empfängern zählten also auch Friderichs
und Lambsdorff, womit der Verdacht der
Bestechung beziehungsweise
Bestechlichkeit nahelag.
Nach Angaben des bei Flick für die
politische Lobbyarbeit zuständigen
Flick-Managers Eberhard von Brauchitsch
habe es sich aber lediglich um
Parteispenden gehandelt. Von Brauchitsch
gilt als der Erfinder der Abkürzung wg.
(wegen), mit der die Spenden gezeichnet
wurden (wg. gefolgt vom Namen des
Empfängers).
Am 29. November 1983 kündigte die
Staatsanwaltschaft an, Anklage gegen die
Manager von Brauchitsch und Manfred
Nemitz wegen fortgesetzter Bestechung,
sowie wegen Bestechlichkeit gegen
Friderichs, Lambsdorff und den früheren
Wirtschaftsminister des Landes
Nordrhein-Westfalen Horst Riemer zu
erheben. Der Bundestag hob am 2. Dezember
auf Ersuchen der ermittelnden Bonner
Staatsanwaltschaft die Immunität des
amtierenden Bundeswirtschaftsministers
Lambsdorff auf, der dann, als die Anklage
zugelassen wurde, am 27. Juni 1984
zurücktrat.
Der Prozess vor dem Bonner Landgericht
zog sich rund anderthalb Jahre hin. Nach
Aussage des Richters Hans Henning
Buchholz fielen nahezu alle Zeugen
... durch ihr schlechtes
Erinnerungsvermögen auf. Letztlich
wurden am 16. Februar 1987 Eberhard von
Brauchitsch sowie die Politiker und
vormaligen Bundeswirtschaftsminister
Friderichs und Otto Graf Lambsdorff aber
lediglich wegen Steuerhinterziehung
beziehungsweise Beihilfe zur
Steuerhinterziehung verurteilt. Von
Brauchitsch erhielt eine Bewährungs-,
Lambsdorff und Friderichs Geldstrafen.
Eine Beeinflussung politischer
Entscheidungen durch die Geldzahlungen
ließ sich nicht nachweisen ... (Obwohl
...)
... Durch einen parlamentarischen
Untersuchungsausschuss wurde klar, daß
insgesamt mehr als 25 Millionen D-Mark
aus Flicks schwarzen Kassen an Politiker
von CDU/CSU, FDP und SPD geflossen waren.
REGIE!
Film bitte ab!
HEUTE MINISTER,
MORGEN BANKIER.
HEUTE BANKIER, MORGEN MINISTER.
Deutschland 1991 / 49 Min
Bildredakteur: Stephan Thonett
Camera: Rainer Kling
Composer: Carl Orff, Krzysztof Penderecki
Cutter: Birgit Köster
Director: Peter Kleinert, Michael Houben
Music Supervisor: Andrew Davies
Redaktionsleiter: Peter Nadermann
Screenplay: Peter Kleinert, Michael
Houben
Sound: Stephan Thonett, Birgit Köster
Broadcasting service: Kanal 4
Production: KAOS Film- und Video-Team
Köln
Hans Friderichs, der ehemalige
FDP-Wirtschaftsminister und Dresdner
Bank-Chef ist ungebrochen durch
seine Partei-Spendenaffäre mit dem Hause
Flick immer noch einer der
Drahtzieher unserer
Wirtschaft, weshalb ihm die Autoren
das Lenin-Zitat im Titel gewidmet haben.
Voller Stolz auf seine Karriere läßt er
sich, inzwischen zum
Airbus-Boss aufgestiegen, bei
einer Flugzeugtaufe, vor dem Kaminfeuer
zuhause und auf dem Rennrad filmen
hier allerdings begleitet von
Leibwächtern im Mercedes.
Was Friderichs selbst in seiner Biografie
vorsichtshalber weglässt, ergänzen die
Autoren, gestützt auf die Archive, auf
einige Kritiker, wie die Politik- und
Wirtschaftswissenschaftler Prof. Hans See
und Jörg Huffschmidt und auf seine
Weggefährten.
Nur einer von diesen, Otto Graf
Lambsdorff, Wirtschaftsminister und
FDP-Vorsitzender, wie Friderichs wegen
der Flick-Affäre rechtskräftig aber
entsprechend seiner Position
gentlemanlike verurteilt, merkt
schon während der Filmaufnahmen, daß
dies offenbar keiner der im Fernsehen
üblichen Filme werden soll und bricht
um seine Fassung kämpfend
das Interview ab.
Die anderen Freunde, wie der vom
Corps Teutonia, plaudern
stolz im Interview oder werden von
Friderichs persönlich ebenso stolz
erwähnt: Walter Deuss - Karstadt AG,
Horst K. Janott - Münchner Rück,
Joachim Zahn - Daimler Benz, Hans L.
Merkle - Deutsche Bank, BASF, BDI, Alfred
Herrhausen - Deutsche Bank, Jürgen Ponto
- AEG und Dresdner Bank, Fritz Berg -
BDI-Präsident, Hans Günther Sohl
ehemals Wehrwirtschaftsführer Thyssen
AG, BDI-Präsident, Eberhard von
Brauchitsch - Friedrich Flick KG und
BDI-Vizepräsident.
Brauchitsch, Lambsdorff und Friderichs
wurden im Flick-Prozess nicht, wie die
Staatsanwaltschaft wollte, wegen
Bestechlichkeit, sondern nur
wegen Steuerhinterziehung verurteilt. Das
brachte Friderichs zwar um seinen
Vorstandsvorsitz bei der Dresdner Bank,
wenig später aber den Vorsitz im
Aufsichtsrat von Airbus
wohl nicht zuletzt, weil er der
Daimler Benz AG seiner Freunde Herrhausen
und Zahn per Ministererlaubnis zu
zusätzlichen
Geschäftsbereichen (AEG, MBB, MTU)
verholfen und damit den größten
deutschen Rüstungskonzern mit auf die
Welt gebracht hatte.
flicker flicker flicker ...
Bin ich der da?
Wer da?
Der da!
Oder die da? ...
flicker flicker flicker ...
37
Nürnberg, 1947: Dieser erste
Wirtschaftsprozeß ist kein Angriff gegen
Dr. Flick und seine Mitarbeiter, sondern
ein Angriff gegen die ganze deutsche
Wirtschaft, gegen den Kapitalismus und
gegen seine Industriellen.
Ankläger Telford Taylor wertete diese
Taktik der Verteidiger als den Versuch,
die verkehrte Welt des Dritten
Reichs in Wir und
Sie zu teilen:
Sie sind die bösen Leute,
eine Gruppe von Personen, deren
Zusammensetzung sich dauernd ändert, je
nach dem Anklagepunkt, um den es sich
handelt. Mitunter bleiben Sie
namenlos; mitunter sind Sie
Himmler oder Göring; mitunter sind
Sie weniger furchtbare
Figuren wie Pleiger oder Kranefuß. Wer
Sie auch immer sein mögen,
Sie sind Ursprung und Wurzel
allen Übels im Dritten Reich.
Wir dagegen, so sagen die
Angeklagten, hatten überhaupt keine
bösen Absichten, sondern Wir
lebten in Furcht vor Ihnen.
Um Sie ruhig zu halten,
mussten Wir uns gut mit
Ihnen stellen.
Wir gaben Göring erhebliche
Geldsummen und handelten als sein
Vertreter; Wir gaben Himmler
Obdach in der Stunde der Not,
Wir gaben ihm Taschengeld und
spielten die Rolle von Mitgliedern des
Freundeskreises;
Wir erwarben mit Bedauern
Eigentum, das Göring und Pleiger bei
unglücklichen Juden und Franzosen
beschlagnahmt hatten; Wir
waren entsetzt, als Wir uns
klar darüber wurden, daß
Wir gezwungen worden waren,
Tausende von Ausländern zu
beschäftigen, die Sie zu
Sklaven gemacht hatten im Interesse der
Aufrechterhaltung unseres Geschäfts. Es
war alles höchst bedauerlich, aber was
hätten Wir tun
können?
flicker flicker flicker ...
Wir
rollen abermals auf deutschen Gleisen,
hier in Südwestfalen schon seit 1861 in
Betrieb.
Heute verläuft in
Nord-Süd-Richtung die Ruhr-Sieg-Strecke, in
West-Ost-Richtung die Rothaarbahn durch
das Wittgensteiner Land Richtung Marburg.
Zudem gibt es hier den einzigen
Rangier-Bahnhof in Südwestfalen. An den
Rangier-Bahnhof angeschlossen liegt der
einzige Container-Bahnhof der Region.
Wir halten in einer Gegend Deutschlands,
in der das Wort
Kriegsverbrecher einen
unwirklichen Klang hat
flicker flicker flicker ...
stopp
... auf dem
Parkplatz vor dem
Friedrich-Flick-Gymnasium im
westfälischen Kreuztal. Es geht auf den
Abend zu, der Schulbetrieb ruht,
Blütenduft weht aus Gärten
herüber.
DIE
FLICK-AFFÄRE Teil 3
Oder: wie in Deutschland Politik gekauft
wurde
Oliver Hirsch deutet auf die Betonschule
aus den siebziger Jahren mit ihrem
Flachdach ...
Hier hat von Anfang
an einiges nicht gestimmt. Ein
Flachdach im Siegerland, wo es dauernd
regnet. Das ist fast so schlimm wie der
Name: Siegerland.
Mehr als zwanzig Jahre ist es her, seit
ich hier mein Abitur gemacht habe
am Friedrich-Flick-Gymnasium, benannt
nach dem Großindustriellen und
verurteilten Kriegsverbrecher. Als ich
und andere Schüler damals gegen den
Namen protestierten, hat der Schulleiter
gesagt: Ihr gehört nicht an diese
Schule.
Jetzt bin ich einundvierzig und
Neuropsychologe. All die Jahre hat mich
diese Geschichte nicht losgelassen.
Deshalb habe ich sie jetzt wieder
aufgegriffen.
Ich erinnerte mich, daß vor zwanzig
Jahren im Kreuztaler Stadtparlament um
die Frage gerungen wurde, ob ein
städtisches Gymnasium den Namen eines
Kriegsverbrechers tragen dürfe. 1988
entschieden die Verordneten mit 29 zu 16
Stimmen: Ja. Der Antrag der Grünen auf
Umbenennung wurde abgelehnt. Ich habe
jetzt jedem einzelnen Abgeordneten per
Brief die Frage gestellt, wie er damals
abgestimmt hat und warum gerade so. Viele
antworteten, einige beschimpften mich,
etliche wollten nur Ruhe. Es ist
unfassbar: die meisten halten noch immer
an Flick fest.
Auf
der Zeitschiene geben wir Dampf, um durch
einen unserer Geschichtstunnel die Stadt
Kreuztal im kommenden Jahr zu besuchen.
Regie! Geschichtstunnel!
Stopp auf der Zeitschiene: 14. Mai 2008!
Was hat sich
denn geändert, gibt
es irgendeinen neuen Sachstand?
fragt Werner Müller,
CDU-Fraktionsvorsitzender im
Stadtparlament. Der Sachstand ist der
gleiche. Aber es hat sich etwas
geändert. Auch im kleinen Siegerland
gibt es heute das Internet. Ende April
schaltete Oliver Hirsch zusammen mit
einem früheren Schulfreund eine Website
mit dem Titel
Flick-ist-kein-Vorbild, die
seither weit über Kreuztal hinaus für
Diskussionen sorgt. Wie kann es
sein, daß ein Gymnasium nach einem Mann
benannt wird, der Zwangsarbeiter
beschäftigt hat, von denen viele
starben? sagt Hirsch. Einen
Mann, der wegen Sklavenarbeit zu sieben
Jahren Gefängnis verurteilt wurde?
Ja, wie? Weil Friedrich Flick aus
Kreuztal stammte. Und weil es ohne ihn
das Friedrich-Flick-Gymnasium gar nicht
geben würde. Denn er, der einstmals
reichste Mann Deutschlands, hat 1969 drei
Millionen Mark für den Bau der Schule
gestiftet und sie auch später stets
finanziell gefördert. Es gibt allerdings
Stimmen, die sagen, das Geld sei über
Steuerabschreibungen und Bauaufträge an
ihn zurückgeflossen.
Sie verstehen unser Dilemma?
fragt der Schulleiter Herbert Hoß, ein
hochgewachsener 53-Jähriger mit
Schnurrbart. Wenn man ihn besuchen will,
muss man an einem Porträt Friedrich
Flicks vorbei. Der Geist von Flick,
waltet er hier? Den werden Sie
nicht finden, sagt der Direktor.
Wir sind keine Ewiggestrigen.
Der Frage nach dem Vorbild versucht er
auszuweichen. Müssen etwa alle
Schüler auf dem Rubens-Gymnasium malen
können? Oder auf dem
Clara-Schumann-Gymnasium
musizieren? Man spreche ohnehin nur
vom FFG statt vom
Friedrich-Flick-Gymnasium. Das Kürzel
sei die Marke der Schule.
Hoß weiß, daß sich die Widersprüche
nur mit viel Mühe übertünchen lassen.
So geht das schon seit vierzig Jahren.
Kein Geist von Flick, aber sein Name. Ein
Bild im Vorzimmer, aber kein Text über
ihn auf der Homepage der Schule. Ein
Verbrecher kein Verbrecher.
Er hat was gemacht, dafür hat er
gebüßt, sagt Herbert Hoß.
Hier hat er viel Gutes getan. Ohne
ihn könnten wir unsere Migrantenkinder
nicht fördern oder auch keine Zuschüsse
für Klassenfahrten geben.
Noch immer fließt aus zwei Stiftungen
Geld an das Gymnasium mit seinen 800
Schülern. Vor zwei Jahren konnten neue
Computer angeschafft werden. Der
Physikraum wurde neu ausgestattet. Der
beste Abiturient bekommt einen
Förderpreis. Und bei uns muss kein
Lehrer seine Kopien selbst
bezahlen. Geld stinkt also wirklich
nicht? Ich kann schlecht dazu
beitragen, jemandem, der so viel getan
hat, einen Fußtritt zu geben, sagt
Hoß. Aber es ist ohnehin nicht
unsere Aufgabe, das zu entscheiden. Das
kann nur die Stadt Kreuztal.
Als Stadt gibt es Kreuztal erst seit
1969, als sie aus vier Dörfern entstand.
Damals wurde an einer Wegkreuzung ein
neues Stadtzentrum gebaut, das mit seinen
Betonfassaden, einem monströsen
Kaufmarkt und der Fußgängerzone den
Geist der siebziger Jahre atmet. Im
Rathaus regiert der CDU-Bürgermeister
Rudolf Biermann, ein schlanker Mann mit
weißem Haar, ein unkonventioneller Typ.
Er will zur Umbenennungsfrage nichts
sagen, bis er eine Anfrage der Grünen
über die rechtliche Lage geklärt hat:
Wenn man den Namen ändert, muss dann
zurückgezahlt werden? Ist die Förderung
an den Namen gebunden? Und kann
die Stadt es sich leisten?
Das sollte möglich sein, denn in
Kreuztal gibt es nur sechs Prozent
Arbeitslosigkeit und gute Steuerzahler,
viele Industriebetriebe, darunter die
Brauerei Krombacher. Er habe
den besten Fachanwalt des
Siegerlandes eingeschaltet, um das
Problem zu erörtern, sagt der
Bürgermeister. Er weiß, daß man die
Vergangenheit nicht so einfach loswird.
Der Rat ist verpflichtet, sich der
Thematik zu stellen, sagt er. Er
halte nichts davon, die Diskussion
einfach abzuwürgen.
Das ist ein offener Affront gegen den
Fraktionsvorsitzenden seiner Partei,
Werner Müller, der im Rat angekündigt
hatte, jeden Antrag auf eine Debatte mit
der CDU-Stimmenmehrheit abzulehnen. Wenn
allerdings die Schulkonferenz etwas
anderes wolle, dann gäbe es eine
neue Qualität der
Auseinandersetzung, sagt Müller.
Dann werden wir neu
diskutieren. Die Stadt versteckt
sich hinter der Schule, die Schule hinter
der Stadt. Das ist das Spiel, wie es in
Kreuztal seit zwanzig Jahren gespielt
wird.
Störend ist nur, daß die
Schuldiskussion auch alles andere wieder
aufzurühren droht, was Kreuztal zu einem
Ort macht, den das Magazin Der
Spiegel einmal als gekaufte
Stadt bezeichnete. Denn es ist das
eigentliche Dilemma von Kreuztal, daß
die Geburtsstadt von Friedrich Flick sehr
gut mit und von ihrem erfolgreichsten
Sohn gelebt hat ...
Die Bonner Republik verlieh ihm das
Große Bundesverdienstkreuz.
Trotz seines Reichtums weigerte sich
Friedrich Flick beharrlich, die
NS-Zwangsarbeiter zu entschädigen. 1985
verkauften seine Erben den Konzern für
fünf Milliarden Mark an die Deutsche
Bank, die sich später am
Entschädigungsfonds der deutschen
Wirtschaft beteiligte. Damals war der
Unternehmensgründer schon lange tot. Er
liegt seit 1972 begraben in
Kreuztal-Ernsdorf, nur ein paar hundert
Meter von seinem Geburtshaus entfernt.
Der reichste Mann Deutschlands kam
aus Kreuztal, sagen die Leute heute
noch, und man hört den Stolz heraus,
daß einer von ihnen es geschafft hat.
Während er seinen Zwangsarbeitern keinen
Pfennig gönnte, überschüttete Flick
seine Heimatstadt mit Wohltaten. Die
Friedrich-Flick-Förderstiftung in
Düsseldorf, dem Sitz der
Konzernzentrale, hatte Anweisung,
Anträge aus Kreuztal unbürokratisch und
schnell zu bearbeiten was sie bis
zum heutigen Tag tut. Es fließen
noch immer viele Gelder, sagt der
frühere Schulleiter Günter Schweitzer,
der an diesem Tag zu einem Besuch ins
Gymnasium gekommen ist. Der 78-Jährige
hatte den Ruf, ein harter
Knochen zu sein. Bei ihm hätten
die Abiturienten die Gänge nicht mit
bunten Cartoons bemalen dürfen.
Hier der Physiksammelraum, den habe
ich noch selbst aufgebaut, sagt er.
Meinen Sie, wir hätten das ohne
das Geld von Flick geschafft?
Schweitzer kann erklären, wie es
seinerzeit zu dem Namen gekommen ist. Als
die Schule gebaut wurde, schien es
unmöglich, die Kosten von rund zehn
Millionen Mark allein aus dem
städtischen Etat aufzubringen. Als
Sponsor trat wie stets Flick auf den
Plan, und zum Dank schlug man vor, die
Schule
Friedrich-Flick-Gymnasium zu
nennen. Die Idee kam aus dem
Stadtrat, sagt Schweitzer.
Darüber wurde nicht
diskutiert. Der Gründungsdirektor
hält Friedrich Flick durchaus für ein
Vorbild, in Arbeitsamkeit,
Sparsamkeit, Fleiß...
flicker flicker flicker ...
174 175 176
Ex-FFG-Schüler Oliver
Hirsch, und Freunde, im Internet:
Das Friedrich-Flick-Gymnasium (FFG) wurde
am 6.11.2008 in Städtisches
Gymnasium Kreuztal (SGK) umbenannt,
diese Seite wurde seither nicht mehr
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