TUNNEL-UMKEHR!
Alte Welt Neue
Welt im Wettstreit um die
globale Führungsrolle?
Joschka, wir mögen dir ja mit einer
ungehörigen Portion Wunschdenken die
Mehrheit der hier geäusserten Worte in
den Mund gelegt haben, mit dem letzen
Diktum bist du jedenfalls in guter
Gesellschaft!
Regie? Herr Dunkler?
Die alte Welt und Amerika,
woran erinnert uns das?
Unser Zeitzeuge Werner Möllenkamp
kam darauf zu sprechen, als er uns von
seinem Besuch 1957 im Urwaldspital
Lambaréné berichtete, hier ist das
REPLAY:
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... Der aufmerksame Betrachter wurde
sofort gewahr, daß Albert Schweitzer die
Schatten des Urwaldhospitals längst
hinter sich gelassen hatte und Weltgeist
geworden war. Der grosse alte Mann liess
seine dreiundachtzig Jahre nicht
erkennen. Philosoph, Theologe, Arzt und
nun seit fünf Jahren
Friedensnobelpreisträger ...
So gerieten wir rasch ins Plaudern. Über
die schwarzen Völker und das Gesetz vom
zunehmenden Abstand zwischen den
Besitzenden und den
descamisados (=
Besitzlose, argentinische
Wortschöpfung). Über das Fehlen einer
Ordnungsmacht und die Notwendigkeit, eine
Weltordnungsmacht zu etablieren, um den
Abstand zu verkürzen, auszugleichen.
Albert Schweitzer sprach von seiner
Korrespondenz mit John Foster Dulles, dem
er immer wieder klarzumachen versuchte,
daß die Vereinigten Staaten nicht in der
Lage seien, diese Ordnungsmacht zu werden
oder Vorbild der freien Welt zu sein. Um
eine Weltanschauung der Toleranz und der
Harmonie unter den Völkern zu lehren,
bedürfe es wohl der Weisheit einer alten
Nation. Und nach einer Pause: Es
ist erstaunlich, wie fortschrittlich sie
sind und wie wenig die Amerikaner von
Weltpolitik verstehen.
Und nach fünfzig Jahren hat sich
für meine Begriffe an dieser
Feststellung nichts geändert! ...
Hervorragene Archiv-Arbeiter habt ihr
hier, und ich bin verblüfft, wie ihr es
geschafft habt, mir Worte in den Mund zu
legen, die meinem Denken als
Polit-Rentner doch sehr nahekommen. Das
wäre zu belegen, wenn ihr mir für einen
Moment die private Nutzung eures
Geschichtstunnels erlaubt. Ich kann eine
originelle Überlegung Marke
Fischer versprechen, die noch dazu
den Vorzug hat, von mir autorisiert aber
bislang kaum zu öffentlicher Kenntnis
gelangt zu sein. Klappt das?
Ihr hört den Auszug erst im englischen
Original, okay? ...
Achtung!
Regie! Geschichtstunnel!
Stopp auf der Zeitschiene: 14. Januar
2009!
An Answer to the
Russian Challenge
By Joschka Fischer
This article was published in The
Moscow Times
on 14.01.09
... But why not think about transforming
NATO into a real European security
system, including Russia? The rules of
the game would be changed and a whole
variety of strategic goals could be
achieved European security,
neighborhood conflicts, energy security,
arms reduction and anti-proliferation.
Yes, such a bold step would transform
NATO. But it would transform Russia even
more.
If the West approaches these discussions
with Russia without illusions, with a
clear understanding of its own strategic
interests and with new ideas for
partnership and cooperation, the worst to
be feared is failure.
Of course, this approach presupposes two
things that don't exist at the moment: a
common trans-Atlantic approach to dealing
with Russia and a European Union that
acts in much greater unison and is
therefore stronger. Nonetheless, the
challenge posed by Russia does not allow
any further procrastination. There is
simply too much at stake.
Ich übersetz euch das
schnell:
Warum nicht nachdenken über
die Umwandlung der NATO in ein wirkliches
Europäisches Sicherheitssystem unter
Einschluss Russlands? Die Spielregeln
würden geändert und eine ganze Reihe
strategischer Ziele könnte erreicht
werden Europäische Sicherheit,
Vermeidung von Nachbarschaftskonflikten
...
Ich merk gerade: im
englischen Original hab ich
geschludert, der Zusatz
Vermeidung fehlt da! ...tz
...tz!
... Energie-Sicherheit, Abrüstung
und Verbot der Weiterverbreitung von
Massenvernichtungswaffen ...
Schon wieder: Im Original nur
Formel-Sprache für Politik-Kenner!
Solche Fehler mach ich doch wohl
nicht auch auf deutsch?
Ja, solch ein mutiger Schritt
würde die NATO umwandeln. Aber noch mehr
umgewandelt würde Russland.
Wenn der Westen sich ohne Illusionen auf
eine solche Diskussion mit Russland
einliesse, mit einem klaren Verständnis
seiner eigenen strategischen Interessen
und mit neuen Ideen für Partnerschaft
und Zusammenarbeit, dann wäre als
Schlimmstes nur ein Fehlschlag zu
befürchten.
Natürlich setzt ein solches Vorhaben
zwei Dinge voraus, die im Moment nicht
existieren: eine gemeinsame
transatlantische Haltung für ein Handeln
gegenüber Russland und eine Europäische
Union, die viel mehr mit einer Stimme
agierte und daher stärker wäre.
Nichtsdestotrotz, die von Russland
ausgehende Herausforderung duldet keine
weitere Verschleppung. Es steht einfach
zu viel auf dem Spiel.
Und bevor ihr mich nun bald an die
Luft setzt, liebe Eisenbahnfreunde, will
ich mir selber noch ein paar Worte in den
Mund legen. Sie mögen mir in den Sinn
gekommen sein, als ich in Washington den
Aufzug nahm. ...
... in den neunten Stock des
Gebäudes, 1101 New York Avenue, zu den
Büroräumen der Albright Group LLC
...
Dabei ist mir vielleicht ein
anderer Tramp eingefallen, der sich
schlau machte in der Neuen
Welt, und der auf eurer rollenden
Bühne schon zu Worte kam ... Euer Herr
Dunkler weiss bestimmt, welche Worte ich
meine.
Leo Trotzki, 1916 im New Yorker
Exil:
... Ich war ein
wissbegieriger Besucher
in Ihren öffentlichen Bibliotheken, ich
las alles, was mir unter die Augen kam,
vor allem, wenn es mit der Organisierung
des amerikanischen Wirtschaftssystems und
dessen Auswirkungen auf das Leben der
abhängig Beschäftigten zu tun hatte ...
da wäre es schwer gewesen, nicht dem
Namen Rockefeller zu begegnen! ...
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