Nun, im Gegensatz zum
richtigen Zirkus geht es ja im
Rockefeller-Zirkus pardon
wollte sagen im Rockefeller-Center um
Tricks m i t Netz und doppeltem Boden!
... Daß Mr. Rockefellers Zweitgeborener
es mit Hilfe von Room 5600 schaffte,
zuerst Gouverneur des Staates New York
und später Vizepräsident der
Vereinigten Staaten von Amerika zu
werden, ist Allgemeinwissen wir
wollen die Episode davor, sozusagen seine
Lehrzeit, beleuchten ...
Funktioniert Ihr Regie-Einfall für eine
Kurzfassung, Herr Dunkler?
Statt
saphirblauer Blitze hätte ich brennende
Akten als Symbol für Beginn und
Abschluss eines erfolgreichen
PR-Einsatzes im politischen Leben des
Nelson Rockefeller zu bieten NR in
der Kurzfassung, okay?
Bitte, Herr Dunkler!
tazara tazara tazara ...
REGIE! ACHTUNG TUNNEL:
BRENNENDE AKTEN!
Nelson ist noch nicht
dreissig Jahre alt,
da beginnt ihn als Direktor der
Creole Petroleum Company zu
interessieren, wie die Kontrolle über
die reichen Erdöl-Vorkommen Venezuelas
und anderer lateinamerikanischer Länder
zu erhalten, wenn möglich auszuweiten
ist. Public Relations im Gastland ist
seine Antwort.
1939 erhält Präsident
Franklin D. Roosevelt (FDR) von NR und
Mitarbeitern aus Room 5600 und der
ebenfalls durch die Rockefeller-Familie
kontrollierten Chase Manhattan Bank ein
Dreiseiten-Memorandum mit dem Vorschlag,
eine Regierungsagentur zu gründen, die
der Nazi-Propaganda in Lateinamerika
begegnen solle. Ein Berater von FDR
schlägt NR als Leiter dieser Agentur
vor, ab 1940 benannt als
Coordinator of Inter-American
Affairs (CIAA) oder einfacher als
das Rockefeller Office
der FDR-Berater erhielt später von NR
einen Kredit.
1941, noch vor
Kriegseintritt der U.S.A., beginnt NR,
die pro-westlichen Eliten Venezuelas und
Brasiliens unter seinem Einfluss in einem
Netzwerk prominenter lateinamerikanischer
Geschäftsleute und Meinungsführer zu
organisieren.
Nach Kriegseintritt erlaubt
die amerikanische Steuerbehörde
U.S.-Unternehmen, die mit dem CIAA /
Rockefeller-Office kooperieren, in
Lateinamerika Werbekampagnen
steuerbefreit durchzuführen. Das macht
bald 40 % aller Einkünfte für
lateinamerikanische Zeitungen und
Radiostationen aus, die sich dadurch in
die wirtschaftliche Patronage des CIAA /
Rockefeller-Office begeben, denn die
Anzeigen-Vergabe macht NR vom
Wohlverhalten der Medien-Eigner
abhängig.
NRs Aktion in
Lateinamerika wird mit 140 Mio. Dollar
staatlichen Mitteln (über 5 Jahre) und
einem Stab von 1.200 Festangestellten in
den U.S.A. sowie zahllosen
freischaffenden Journalisten und
Werbefachleuten vor Ort zur grössten
Propaganda-Kampagne in der damaligen
Geschichte der U.S.A.. Zurechtgehämmert
nach eigener Interessenlage erfährt die
Welt was wichtig ist in Lateinamerika
nahezu ausschliesslich aus Rockefellers
Medienschmiede.
NR überzeugt Washington
davon, daß er in Lateinamerika an einer
wirtschaftlichen und an einer
psychologischen Front kämpft und
er erhält Grünes Licht für heimliche
Meinungsbeobachtung, die durch George
Gallup und andere prominente
amerikanische Sozialwissenschaftler
entworfen und durchgeführt wird.
Einheimische Spitzel werden angeheuert,
Dossiers werden angelegt NR
erprobt in Lateinamerika ein System, das
nach dem Zweiten Weltkrieg dem
amerikanischen Auslandsgeheimdienst, der
CIA zum Vorbild wird.
tazara tazara tazara ...
ZUG-SERVICE!
Aus gegebenem Anlass eine Runde
BANANA-SPLIT für alle bitte! ... und wir
begrüssen den ersten Wissenschaftler an
Bord! Herr Dr. Jochen Hippler, was ist
Chiquita?
Nun, chiquita kommt aus dem
Spanischen und bedeutet soviel wie
klein und niedlich.
Wir
haben Sie eigentlich nicht als
Sprachwissenschaftler angefordert, Herr
Dr. Jochen Hippler.
... In unserem Zusammenhang ist das
auch eher eine sprachliche Irreführung:
Chiquita Brands International ist nach
eigenen Angaben einer der größten
Bananenproduzenten der Welt ...
Wir
kommen der Sache schon näher, Herr Dr.
Hippler. Sie sind Politikwissenschaftler?
Wissenschaftlicher Mitarbeiter am
Institut für Entwicklung und Frieden an
der Universität Duisburg-Essen in der
Bundesrepublik Deutschland.
Freiberufliche Nebentätigkeit als
Politikberater und Consultant ...
Wir
legen Wert auf die Feststellung, daß Sie
hier freiwillig erscheinen und kein
Honorar verlangt haben ...
Arbeitsschwerpunkte?
... Politische Identitäten
nationaler, ethnischer und religiöser
Art im Kontext von Konflikten und Kriegen
sowie bei der Demokratisierung von
Gesellschaften; interkulturelle Dialoge;
der Nahe und Mittlere Osten;
Strukturveränderungen der
internationalen Politik ...
Im
Nahen und Mittleren Osten sind wir noch
gar nicht angelangt ... Wir dachten, Sie
wüssten was über Lateinamerika!
Nun, Chiquita Brands International
wurde 1899 als United Fruit Company
gegründet, kurz auch UFC oder UFCO
genannt.
Die United Fruit
Company war seit
Jahrzehnten in Guatemala von
entscheidender wirtschaftlicher und
politischer Bedeutung. Der U.S.-Konzern
exportierte aus Guatemala vor allem
Bananen, er war der größte
Landbesitzer, besaß praktisch das
Eisenbahn-Monopol und betrieb den
einzigen Atlantikhafen des Landes in
Privatbesitz. Neben weiteren
wirtschaftlichen Machtfaktoren hatte sich
die UFC traditionell in Guatemala einer
so starken politischen Stellung erfreut,
daß sie den früheren Diktatoren häufig
ihre Politik hatte diktieren können.
Im März 1951 trat in Guatemala Jacobo
Arbenz Guzman als mit großer Mehrheit
gewählter Nachfolger von Juan Jose
Arevalo das Amt des Präsidenten an. Sein
Ziel lag darin, Guatemala zu einem
modernen kapitalistischen
Land zu machen, was bedeutete, den
Übergang von einer abhängigen Nation
mit halbkolonialer Wirtschaft zu einem
wirtschaftlich unabhängigen Land zu
vollziehen.
Wir
notieren: von Kommunismus war keine Rede?
Ausländisches Kapital sollte
immer willkommen sein, solange es
sich den lokalen Bedingungen anpaßt, die
guatemaltekischen Gesetze beachtet, bei
der wirtschaftlichen Entwicklung des
Landes mitarbeitet und sich Einmischungen
in das soziale und politische Leben der
Nation streng enthält.
Diesem Konzept, Guatemala zu einem
modernen kapitalistischen
Land zu machen, folgte Arbenz
tatsächlich und mit beträchtlicher
Energie. Bereits früh veranlaßte er den
Bau eines staatlichen Hafens, um das
Monopol des U.S.-Konzerns United Fruit
Company, das diese durch
ihren Hafen Puerto Barrios
ausübte, zu brechen. Ein weiteres
Bauprojekt bestand in einer Straße zum
Atlantik wodurch das Monopol der
durch die UFC kontrollierten
Eisenbahnlinie bedroht wurde. Ein
regierungs-eigenes Kraftwerk sollte die
Strompreise des U.S.-kontrollierten
Monopols bei der Stromerzeugung
unterbieten.
Für die wirtschaftliche Entwicklung
Guatemalas am wichtigsten und zugleich
das Kernstück der Reformpolitik von
Arbenz war allerdings die Landreform.
Landbesitz über mehr als neunzig Hektar
konnte von der Regierung enteignet
werden, falls das Land ganz oder zu über
einem Drittel ungenutzt war. Eine
Entschädigung wurde in
Regierungsschuldscheinen gezahlt. Das so
enteignete Land plus bereits im
Regierungsbesitz befindliches
wurde an landlose Bauern verteilt.
Die Unzufriedenheit der UFC mit der
Entwicklung in Guatemala sowie das
allgemeine Gefühl, deutlich an Einfluß
auf die Politik und damit auch auf
die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen
verloren zu haben, führten
spätestens ab 1950 dazu, daß die UFC
sich systematisch um die Schaffung von
Bedingungen bemühte, die die für ihre
Interessen bedrohliche Entwicklung
stoppen sollten.
Dazu richtete die UFC ihre Aufmerksamkeit
zuerst auf die Beeinflussung der
Meinungsbildung in den U.S.A. selbst,
sowohl was die Medien, als auch was die
verantwortlichen Politiker betraf.
1950 begann Edward Bernays, einer
der gerissensten lebenden
Public-Relations-Experten, mit
einer großangelegten Propagandakampagne
gegen die Regierung Guatemalas in den
Medien der U.S.A.. Er organisierte Reisen
von Journalisten nach Guatemala, die
völlig von der UFC bezahlt wurden und
bei denen die Journalisten mit von der
UFC ausgewählten Interviewpartnern und
Experten zusammentrafen.
Zahlreiche wichtige Zeitungen und
Zeitschriften, sowie die
Nachrichtenagentur UPI ließen sich
aufgrund von Bernays hervorragenden
Kontakten praktisch in die Kampagne
integrieren und begannen über die
positiven Aktivitäten der UFC in
Mittelamerika und die
kommunistische Unterwanderung
Guatemalas zu berichten.
Die Bedrohung der Interessen der UFC und
die kommunistische Bedrohung
begannen ineinander verwoben zu werden,
allmählich geriet jede Aktivität, die
der UFC schaden konnte, in den Verdacht,
zumindest kommunistisch
inspiriert zu sein ...
Wir
ahnen, wohin das führt ... vielleicht
können Sie eine Abkürzung nehmen?
U.S.-Außenminister John F. Dulles
formulierte es 1954 so: Der
internationale Kommunismus hat seit
mehreren Jahren hier und dort in Amerika
nach Nistplätzen gesucht. Er hat
schließlich Guatemala als einen Punkt
ausgesucht, den er in eine offizielle
Basis verwandeln konnte, von der aus er
Subversion in die anderen amerikanischen
Republiken verbreiten würde. Dieses
Eindringen des sowjetischen Despotismus
war natürlich eine direkte
Herausforderung unserer Monroe-Doktrin,
des ersten und grundlegenden Grundsatzes
unserer Außenpolitik. ...
Kleine,
aber nicht unbedeutende Ergänzung: John
Foster Dulles hatte in Ihre Familie
eingeheiratet, Mr. Rockefeller, und war
Vorsitzender des Aufsichtsrates der
Rockefeller-Stiftung!
... Im Januar 1954 wurden die
Vorbereitungen der Invasion und die Rolle
der U.S.A. endgültig und kaum
bestreitbar öffentlich bekannt.
Zahlreiche Dokumente, die die
Verschwörung bewiesen, erschienen als
Faksimile in den Zeitungen des Landes.
Die ertappte U.S.-Regierung blieb kühl.
Das Außenministerium erklärte, solche
Vorwürfe seien lächerlich und
unwahr, und ließ verlauten:
Es ist geltende Politik der
Vereinigten Staaten, in die internen
Angelegenheiten anderer Nationen nicht zu
intervenieren. Diese Politik ist von der
gegenwärtigen Regierung wiederholt
bekräftigt worden. ...
Am 18. Juni 1954 begann der militärische
Teil der Intervention, die mit der
Einsetzung einer Regierung endete, deren
Chef als Befreier im Flugzeug
des amerikanischen Botschafters
eingeflogen wurde, die U.S.A. hatten in
Guatemala nach eigener Einschätzung ihre
Vorstellungen von Freiheit und
demokratischen Werten durchgesetzt.
Geschätzte Kosten des Unternehmens: etwa
20 Millionen Dollar.
Danke,
Herr, Dr. Hippler, vielleicht ist einigen
unserer Gäste der Appetit auf
BANANA-SPLIT vergangen, schauen Sie doch
mal nach, ob für Sie noch
was übrig ist.
... Bei uns heisst es jetzt:
DAS OHR AUF DIE
SCHIENEN DER GESCHICHTE LEGEN!
4 Ist
Lateinamerika ein Teil der Welt, der zu
Armut und Demütigung verdammt ist?
Verdammt von wem?
Hat Gott die Schuld oder vielleicht die
Natur?
Das erdrückende Klima, die minderwertige
Rasse?
Die Religion, die Bräuche?
Oder ist unser Unglück ein Produkt der
Geschichte, die von Menschen gemacht
wurde und darum auch von Menschen
verändert werden kann?
Quiz-Frage: Was änderte sich,
würde man in meinem Text
Lateinamerika durch
Afrika ersetzen?
REGIE! Werden Auftritte
neuerdings nicht mehr angekündigt? Wer
ist der Herr?
Nennen Sie mich bloss nicht
Herr! Das liesse mir das Blut
in den Adern gefrieren!
DIE
OFFENEN ADERN LATEINAMERIKAS?
... allein in der deutschen
Übersetzung schon in der achtzehnten
Auflage; und jawohl wer in
den letzten Jahrzehnten irgendwo in
Lateinamerika Volkswirtschaft, Geschichte
oder Politische Wissenschaften studiert
hat, musste mein Buch als Pflichtlektüre
lesen ...
Willkommen ... Señor Eduardo
Galeano!
Danke ... aber eigentlich heisse i
c h hier willkommen, Sie alle auf
neuer Schiene!
ratenco ratenco ratenco ...
Hören Sie genau hin! ...
ratenco ratenco ratenco ...
Das Geräusch ist ganz anders!!
Und unsere Route ist anders! Und
der Kontinent ist ein anderer! Ein
afrikanischer Zug fährt durch
Lateinamerika ... das wundert Sie? Meine
Quiz-Frage war: Was änderte sich, würde
man Lateinamerika durch
Afrika ersetzen? ...
REGIE! Wir haben einen aktuellen
Zwischenruf?
Ja, eine elektronische mail als
direkte Antwort auf die Frage von Señor
Galeano; der Code des Internet Service
Providers deutet auf afrikanischen
Ursprung!
Der Autor will offenbar aus
Gründen seiner persönlichen Sicherheit
anonym bleiben. Er hat im Anhang
ein paar Original-Dokumente mitgeschickt
...
Was ist das Stichwort?
Nun, es scheint sich um die Rolle
der Vereinigten Staaten von Amerika beim
Kippen und Einsetzen von Regimen in der
Südwelt zu drehen, hier mit besonderer
Beleuchtung der Rolle von Diplomaten und
Medien ...
ALLES EINSPIELEN!
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