Quellen
Einführung
Vorwort
Station 01
Station
02
Station
03
Station
04
Station
05
Station
06
Station
07
Station
08
Station
09
Station
10
Station
11
Station 12
Station
13
Station
14
Station
15
Station
16
Station
17
Station
18
Station
19
Station
20
Station
21
Station
22
Station 23
Station
24
Station
25
Station
26
Station
27
Station
28
Station
29
Station
30
Station
31
Station
32
Station
33
Station
34
Station
35
Station
36
Station
37
Station
38
Station
39
Station
40
Station
41
Station
42
Station
43
Station
44
Station
45
Station
46
Station
47
Station
48
Station
49
Station
50
Station
51
Station 52
Station
53
Station
54
Station
55
Station
56
Station
57
Station
58
Station
59
Station
60
Station
61
Station
62
Station
63
Station
64
Station
65
Station
66
Station
67
Station
68
Station
69
Station
70
Station
71
Station
72
Station
73
Station
74
Station
75
Station
76
Station
77
Station
78
Station
79
Station
80
Station 81
Station 82
Station 83
Station 84
Station 85
Station 86
Station 87
Station 88
Station 89
Station
90

 
TAZARA ... mit der Eisenbahn durch die Weltgeschichte © KJS / 2009 - 2021
www.streitcouncil.org
Station 23  


„Nun, im Gegensatz zum richtigen Zirkus geht es ja im Rockefeller-Zirkus — pardon — wollte sagen im Rockefeller-Center um Tricks m i t Netz und doppeltem Boden! ... Daß Mr. Rockefellers Zweitgeborener es mit Hilfe von Room 5600 schaffte, zuerst Gouverneur des Staates New York und später Vizepräsident der Vereinigten Staaten von Amerika zu werden, ist Allgemeinwissen — wir wollen die Episode davor, sozusagen seine Lehrzeit, beleuchten ...
Funktioniert Ihr Regie-Einfall für eine Kurzfassung, Herr Dunkler?”
„Statt saphirblauer Blitze hätte ich brennende Akten als Symbol für Beginn und Abschluss eines erfolgreichen PR-Einsatzes im politischen Leben des Nelson Rockefeller zu bieten — NR in der Kurzfassung, okay?”
„Bitte, Herr Dunkler!“


— tazara — tazara — tazara ...

REGIE! ACHTUNG TUNNEL: BRENNENDE AKTEN!


Nelson ist noch nicht dreissig Jahre alt, da beginnt ihn als Direktor der ‚Creole Petroleum Company‘ zu interessieren, wie die Kontrolle über die reichen Erdöl-Vorkommen Venezuelas und anderer lateinamerikanischer Länder zu erhalten, wenn möglich auszuweiten ist. Public Relations im Gastland ist seine Antwort.

1939 erhält Präsident Franklin D. Roosevelt (FDR) von NR und Mitarbeitern aus Room 5600 und der ebenfalls durch die Rockefeller-Familie kontrollierten Chase Manhattan Bank ein Dreiseiten-Memorandum mit dem Vorschlag, eine Regierungsagentur zu gründen, die der Nazi-Propaganda in Lateinamerika begegnen solle. Ein Berater von FDR schlägt NR als Leiter dieser Agentur vor, ab 1940 benannt als ‚Coordinator of Inter-American Affairs‘ (CIAA) oder einfacher als das ‚Rockefeller Office‘ — der FDR-Berater erhielt später von NR einen Kredit.

1941, noch vor Kriegseintritt der U.S.A., beginnt NR, die pro-westlichen Eliten Venezuelas und Brasiliens unter seinem Einfluss in einem Netzwerk prominenter lateinamerikanischer Geschäftsleute und Meinungsführer zu organisieren.

Nach Kriegseintritt erlaubt die amerikanische Steuerbehörde U.S.-Unternehmen, die mit dem CIAA / Rockefeller-Office kooperieren, in Lateinamerika Werbekampagnen steuerbefreit durchzuführen. Das macht bald 40 % aller Einkünfte für lateinamerikanische Zeitungen und Radiostationen aus, die sich dadurch in die wirtschaftliche Patronage des CIAA / Rockefeller-Office begeben, denn die Anzeigen-Vergabe macht NR vom Wohlverhalten der Medien-Eigner abhängig.

NR’s Aktion in Lateinamerika wird mit 140 Mio. Dollar staatlichen Mitteln (über 5 Jahre) und einem Stab von 1.200 Festangestellten in den U.S.A. sowie zahllosen freischaffenden Journalisten und Werbefachleuten vor Ort zur grössten Propaganda-Kampagne in der damaligen Geschichte der U.S.A.. Zurechtgehämmert nach eigener Interessenlage erfährt die Welt was wichtig ist in Lateinamerika nahezu ausschliesslich aus Rockefellers Medienschmiede.

NR überzeugt Washington davon, daß er in Lateinamerika an einer wirtschaftlichen und an einer psychologischen Front kämpft — und er erhält Grünes Licht für heimliche Meinungsbeobachtung, die durch George Gallup und andere prominente amerikanische Sozialwissenschaftler entworfen und durchgeführt wird. Einheimische Spitzel werden angeheuert, Dossiers werden angelegt — NR erprobt in Lateinamerika ein System, das nach dem Zweiten Weltkrieg dem amerikanischen Auslandsgeheimdienst, der CIA zum Vorbild wird.


— tazara — tazara — tazara ...

ZUG-SERVICE!
Aus gegebenem Anlass eine Runde BANANA-SPLIT für alle bitte! ... und wir begrüssen den ersten Wissenschaftler an Bord! Herr Dr. Jochen Hippler, was ist Chiquita?


„Nun, chiquita kommt aus dem Spanischen und bedeutet soviel wie ‚klein und niedlich‘.“

Wir haben Sie eigentlich nicht als Sprachwissenschaftler angefordert, Herr Dr. Jochen Hippler.

„... In unserem Zusammenhang ist das auch eher eine sprachliche Irreführung: Chiquita Brands International ist nach eigenen Angaben einer der größten Bananenproduzenten der Welt ...“

Wir kommen der Sache schon näher, Herr Dr. Hippler. Sie sind Politikwissenschaftler?

„Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Entwicklung und Frieden an der Universität Duisburg-Essen in der Bundesrepublik Deutschland. Freiberufliche Nebentätigkeit als Politikberater und Consultant ...“

Wir legen Wert auf die Feststellung, daß Sie hier freiwillig erscheinen und kein Honorar verlangt haben ... Arbeitsschwerpunkte?

„... Politische Identitäten nationaler, ethnischer und religiöser Art im Kontext von Konflikten und Kriegen sowie bei der Demokratisierung von Gesellschaften; interkulturelle Dialoge; der Nahe und Mittlere Osten; Strukturveränderungen der internationalen Politik ...“

Im Nahen und Mittleren Osten sind wir noch gar nicht angelangt ... Wir dachten, Sie wüssten ‘was über Lateinamerika!

„Nun, Chiquita Brands International wurde 1899 als United Fruit Company gegründet, kurz auch UFC oder UFCO genannt.“

Die United Fruit Company war seit Jahrzehnten in Guatemala von entscheidender wirtschaftlicher und politischer Bedeutung. Der U.S.-Konzern exportierte aus Guatemala vor allem Bananen, er war der größte Landbesitzer, besaß praktisch das Eisenbahn-Monopol und betrieb den einzigen Atlantikhafen des Landes in Privatbesitz. Neben weiteren wirtschaftlichen Machtfaktoren hatte sich die UFC traditionell in Guatemala einer so starken politischen Stellung erfreut, daß sie den früheren Diktatoren häufig ihre Politik hatte diktieren können.
Im März 1951 trat in Guatemala Jacobo Arbenz Guzman als mit großer Mehrheit gewählter Nachfolger von Juan Jose Arevalo das Amt des Präsidenten an. Sein Ziel lag darin, Guatemala zu einem ‚modernen kapitalistischen Land‘ zu machen, was bedeutete, den Übergang von einer abhängigen Nation mit halbkolonialer Wirtschaft zu einem wirtschaftlich unabhängigen Land zu vollziehen.


Wir notieren: von Kommunismus war keine Rede?

Ausländisches Kapital sollte ‚immer willkommen sein, solange es sich den lokalen Bedingungen anpaßt, die guatemaltekischen Gesetze beachtet, bei der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes mitarbeitet und sich Einmischungen in das soziale und politische Leben der Nation streng enthält.‘
Diesem Konzept, Guatemala zu einem ‚modernen kapitalistischen Land‘ zu machen, folgte Arbenz tatsächlich und mit beträchtlicher Energie. Bereits früh veranlaßte er den Bau eines staatlichen Hafens, um das Monopol des U.S.-Konzerns United Fruit Company, das diese durch ‚ihren‘ Hafen Puerto Barrios ausübte, zu brechen. Ein weiteres Bauprojekt bestand in einer Straße zum Atlantik — wodurch das Monopol der durch die UFC kontrollierten Eisenbahnlinie bedroht wurde. Ein regierungs-eigenes Kraftwerk sollte die Strompreise des U.S.-kontrollierten Monopols bei der Stromerzeugung unterbieten.
Für die wirtschaftliche Entwicklung Guatemalas am wichtigsten und zugleich das Kernstück der Reformpolitik von Arbenz war allerdings die Landreform.
Landbesitz über mehr als neunzig Hektar konnte von der Regierung enteignet werden, falls das Land ganz oder zu über einem Drittel ungenutzt war. Eine Entschädigung wurde in Regierungsschuldscheinen gezahlt. Das so enteignete Land — plus bereits im Regierungsbesitz befindliches — wurde an landlose Bauern verteilt.
Die Unzufriedenheit der UFC mit der Entwicklung in Guatemala sowie das allgemeine Gefühl, deutlich an Einfluß auf die Politik — und damit auch auf die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen — verloren zu haben, führten spätestens ab 1950 dazu, daß die UFC sich systematisch um die Schaffung von Bedingungen bemühte, die die für ihre Interessen bedrohliche Entwicklung stoppen sollten.
Dazu richtete die UFC ihre Aufmerksamkeit zuerst auf die Beeinflussung der Meinungsbildung in den U.S.A. selbst, sowohl was die Medien, als auch was die verantwortlichen Politiker betraf.
1950 begann Edward Bernays, ‚einer der gerissensten lebenden Public-Relations-Experten‘, mit einer großangelegten Propagandakampagne gegen die Regierung Guatemalas in den Medien der U.S.A.. Er organisierte Reisen von Journalisten nach Guatemala, die völlig von der UFC bezahlt wurden und bei denen die Journalisten mit von der UFC ausgewählten Interviewpartnern und ‚Experten‘ zusammentrafen.
Zahlreiche wichtige Zeitungen und Zeitschriften, sowie die Nachrichtenagentur UPI ließen sich aufgrund von Bernays hervorragenden Kontakten praktisch in die Kampagne integrieren und begannen über die positiven Aktivitäten der UFC in Mittelamerika und die ‚kommunistische Unterwanderung‘ Guatemalas zu berichten.
Die Bedrohung der Interessen der UFC und die ‚kommunistische Bedrohung‘ begannen ineinander verwoben zu werden, allmählich geriet jede Aktivität, die der UFC schaden konnte, in den Verdacht, zumindest ‚kommunistisch inspiriert‘ zu sein ...


Wir ahnen, wohin das führt ... vielleicht können Sie eine Abkürzung nehmen?

U.S.-Außenminister John F. Dulles formulierte es 1954 so: ‚Der internationale Kommunismus hat seit mehreren Jahren hier und dort in Amerika nach Nistplätzen gesucht. Er hat schließlich Guatemala als einen Punkt ausgesucht, den er in eine offizielle Basis verwandeln konnte, von der aus er Subversion in die anderen amerikanischen Republiken verbreiten würde. Dieses Eindringen des sowjetischen Despotismus war natürlich eine direkte Herausforderung unserer Monroe-Doktrin, des ersten und grundlegenden Grundsatzes unserer Außenpolitik.‘ ...

Kleine, aber nicht unbedeutende Ergänzung: John Foster Dulles hatte in Ihre Familie eingeheiratet, Mr. Rockefeller, und war Vorsitzender des Aufsichtsrates der Rockefeller-Stiftung!

... Im Januar 1954 wurden die Vorbereitungen der Invasion und die Rolle der U.S.A. endgültig und kaum bestreitbar öffentlich bekannt. Zahlreiche Dokumente, die die Verschwörung bewiesen, erschienen als Faksimile in den Zeitungen des Landes. Die ertappte U.S.-Regierung blieb kühl. Das Außenministerium erklärte, solche Vorwürfe seien ‚lächerlich und unwahr‘, und ließ verlauten:
‚Es ist geltende Politik der Vereinigten Staaten, in die internen Angelegenheiten anderer Nationen nicht zu intervenieren. Diese Politik ist von der gegenwärtigen Regierung wiederholt bekräftigt worden.‘ ...
Am 18. Juni 1954 begann der militärische Teil der Intervention, die mit der Einsetzung einer Regierung endete, deren Chef als ‚Befreier‘ im Flugzeug des amerikanischen Botschafters eingeflogen wurde, die U.S.A. hatten in Guatemala nach eigener Einschätzung ihre Vorstellungen von Freiheit und demokratischen Werten durchgesetzt. Geschätzte Kosten des Unternehmens: etwa 20 Millionen Dollar.


Danke, Herr, Dr. Hippler, vielleicht ist einigen unserer Gäste der Appetit auf BANANA-SPLIT vergangen, schauen Sie doch ‘mal nach, ob für Sie noch ‘was übrig ist.
... Bei uns heisst es jetzt:


DAS OHR AUF DIE SCHIENEN DER GESCHICHTE LEGEN!

4 Ist Lateinamerika ein Teil der Welt, der zu Armut und Demütigung verdammt ist?
Verdammt von wem?
Hat Gott die Schuld oder vielleicht die Natur?
Das erdrückende Klima, die minderwertige Rasse?
Die Religion, die Bräuche?
Oder ist unser Unglück ein Produkt der Geschichte, die von Menschen gemacht wurde und darum auch von Menschen verändert werden kann?


„Quiz-Frage: Was änderte sich, würde man in meinem Text ‚Lateinamerika‘ durch ‚Afrika‘ ersetzen?”

REGIE! Werden Auftritte neuerdings nicht mehr angekündigt? Wer ist der Herr?

„Nennen Sie mich bloss nicht ‚Herr‘! Das liesse mir das Blut in den Adern gefrieren!”

„DIE OFFENEN ADERN LATEINAMERIKAS”?

„... allein in der deutschen Übersetzung schon in der achtzehnten Auflage; und — jawohl — wer in den letzten Jahrzehnten irgendwo in Lateinamerika Volkswirtschaft, Geschichte oder Politische Wissenschaften studiert hat, musste mein Buch als Pflichtlektüre lesen ...”

Willkommen ... Señor Eduardo Galeano!

„Danke ... aber eigentlich heisse i c h hier willkommen, Sie alle — auf neuer Schiene!”

— ratenco — ratenco — ratenco ...

„Hören Sie genau hin! ...”

— ratenco — ratenco — ratenco ...

Das Geräusch ist ganz anders!!

„Und unsere Route ist anders! Und der Kontinent ist ein anderer! Ein afrikanischer Zug fährt durch Lateinamerika ... das wundert Sie? Meine Quiz-Frage war: Was änderte sich, würde man ‚Lateinamerika‘ durch ‚Afrika‘ ersetzen? ...

REGIE! Wir haben einen aktuellen Zwischenruf?

„Ja, eine elektronische mail als direkte Antwort auf die Frage von Señor Galeano; der Code des Internet Service Providers deutet auf afrikanischen Ursprung!
Der Autor will — offenbar aus Gründen seiner persönlichen Sicherheit — anonym bleiben. Er hat im Anhang ein paar Original-Dokumente mitgeschickt ...“

Was ist das Stichwort?

„Nun, es scheint sich um die Rolle der Vereinigten Staaten von Amerika beim Kippen und Einsetzen von Regimen in der Südwelt zu drehen, hier mit besonderer Beleuchtung der Rolle von Diplomaten und Medien ...“

ALLES EINSPIELEN!

Weiter TAZARA-Index
Weichensteller

web page hit counter

web page hit counter