DER WEG NACH ZIMBABWE oder VERSUCHE, DIE FREMDE ZU VERSTEHEN
© 1990 — Klaus Jürgen Schmidt



ZIMBABWE FAKTEN - DAS DOSSIER



KOLONIALGESCHICHTE


1827 - 1834

Mfecane = "Die erzwungene Emigration" der Ndebele unter König Mzilikazi aus Südafrika nach Norden in das Gebiet der Shona-Stämme. Das Viehzüchtervolk der Ndebele, ein Teil des Zulu-Volkes, entzieht sich damit den vordringenden burischen Siedlern und Briten sowie dem Herrschaftsanspruch eines rivalisierenden Clans der militärisch straff organisierten Zulu-Aristokratie. Einige der ackerbautreibenden Shona-Stämme werden tributpflichtig, Ndebele-Kämpfer unternehmen vom Matabele-Land (Südosten des heutigen Zimbawe) Raubzüge tief in das Gebiet der Shona, deren Vorfahren im 11. Jahrhundert vermutlich aus dem Gebiet des heutigen Zaire einwanderten und die den Verfall verschiedener Reiche wie das von Great-Zimbabwe (13. Jh.), des Monomatapa (1450 - 1650) oder der Rozwi (1684 - 1830) erlebt hatten.


1853

Potkieter-Silkaats-Vertrag / Ndebele-König Mzilikazi wird von der jungen südafrikanischen Republik gezwungen, den Buren Zugang zum Matabele-Land zu gewähren. In den folgenden Jahrzehnten verfestigt sich unter den Buren das schon aus dem 11. Jahrhundert stammende Gerücht von sagenhaften Gold- und Diamantenvorkommen im Land der Ndebele und Shona.


1856

Livingstone und der "Donnernde Rauch" / Der schottische Missionar und Entdecker David Livingstone sieht als erster weißer Mann die Wasserfälle des Sambesi, die vom hier lebenden Makololo-Stamm als Mosi oa Tunya (Donnernder Rauch) bezeichnet werden, die er nun aber nach der britischen Königin Victoria benennt.


1859

Moffat und das Christentum / John Moffat, Sohn des schottischen Missionars Robert Moffat, der zwei Jahre zuvor von König Mzilikazi die Erlaubnis zur Einrichtung einer Missionsstation erhalten hatte, gründet mit der Inyati-Mission die erste permanente Weißen-Siedlung im Matabele-Land. Weiße Missonare, Jäger und Händler folgen.


1871

Mauch und "Great Zimbabwe" / Der deutsche Geologe Carl Mauch steht als erster Weißer auf den Ruinen von Great Zimbabwe, dem größten antiken Stein-Bauwerk südlich der Sahara. Er identifiziert sie fälschlich als das sagenhafte und goldträchtige Ophir des Königs Salomo und der Königin von Saba.


1887

Erster Vertragsschwindel / Mzilikazis Nachfolger, König Lobengula wird von dem Buren-Gesandten Piet Grobler in einen Bündnisvertrag gelockt, der den Buren - nach eigener Auslegung - Schürfrechte an Bodenschätzen einräumt.


1888

Moffat-Vertrag / Rudd-Konzession / Der englische Minen-Magnat Cecil Rhodes hintergeht die Buren und nutzt die schon seit 1854 bestehende, persönliche Beziehung der Missionarsfamilie Moffat zur Ndebele-Dynastie, um sich von König Lobengula zusichern zu lassen, ohne Zustimmung der britischen Regierung kein Land zu veräußern oder nutzen zu lassen. Im selben Jahr vergibt Lobengula die ersten Schürfrechte an den englischen Abenteurer Charles Rudd, der sie an Cecil Rhodes weiterverkauft.


1889

Royal Charter / Mit diesem Pfand in der Hand erhält Rhodes für die von ihm beherrschte British South Africa Company (BSAC) einen königlich-britischen Freibrief für das Gebiet und für seine BSAC Rechte u.a. zur Ausbeutung von Bodenschätzen und zur landwirtschaftlichen Nutzung, die im Vertrag mit Lobengula gar nicht vorgesehen war. Im Konflikt mit den Buren, die in London vergeblich gegen diesen Vertragsbruch protestieren, setzt Rhodes schon 1890 durch die Entsendung von Pionierfamilien und BSAC-Polizisten Fakten. Um deutschen und portugiesischen Ansprüchen zuvorzukommen, erklärt die Royal Charter 1891 das Gebiet zum britischen Protektorat. Schon 1894 beginnt der Kolonialstaat, den Afrikanern Steuern abzuverlangen, um sie zu Lohnarbeit zu zwingen. Die Bodenschätze erweisen sich als zu gering, die BSAC beginnt - auf die Rentabilität ihrer kolonialen Unternehmung bedacht - in großem Maße weiße Siedler anzuwerben, im Shona-Gebiet wird Afrikanern fruchtbares Land weggenommen, auf dem sie nun gegen geringen Lohn arbeiten müssen.


1893

Ndebele-Vernichtung / Unter Leander Starr Jameson, einem Beauftragten der BSCA, marschieren Truppen in das Matabele-Land ein. König Lobengulas Krieger werden in drei Schlachten geschlagen; Lobengula stirbt auf der Flucht. Auf der Seite der Weißen: zwei Tote und sechs Verwundete, auf der Seite der Ndebele 15.000 Tote! Die Existenzgrundlage der Ndebele - ihre Viehherden - sind in vier Jahren Krieg von 200.000 Stück auf 14.000 dezimiert.


1894

Rhodesien / Das weiße Kolonialregime etabliert sich in Bulawayo auf den Trümmern von König Lobengulas Kraal. Das nun unter den weißen Siedlern aufgeteilte Land erhält den Namen des Mannes, der sich - enttäuscht vom Ausbleiben größerer Gold- und Diamantenfunde - persönlich nur wenige Wochen seines Lebens in der Kolonie aufhält, nun aber von einer Eisenbahnverbindung vom Kap bis nach Kairo träumt.


1896/97

1. Chimurenga / Rhodes und Jameson schicken BSAC-Truppen nach Transvaal, um dort die Buren-Regierung zu stürzen und den vordringenden Uitlanders (vorwiegend Briten) die Kontrolle der Witwatersrand-Goldfelder zu sichern. Die Invasion scheitert und die militärische Schwächung begünstigt zunächst den Aufstand von Ndebele und Shona im 1. Chimurenga gegen die weiße Vorherrschaft. Rhodes erreicht im August des ersten Kriegsjahres durch persönliche Verhandlung einen trügerischen Friedensschluß mit den Ndebele. Doch die Shona kämpfen weiter, geführt von Häuptlingen und Geistermedien, lebenden Verkörperungen der Traditionen und Erfahrungen der Ahnen, deren sich die Toten in Notzeiten bedienen, um den lebenden Häuptlingen Rat zukommen zu lassen. Die Propheten Kaguvi und Mbuya Nehanda werden nach der Niederlage 1898 in Fort Salisbury gehenkt. Das Mißtrauen vielerShona-Häuptlinge gegenüber den Ndebele ist nun größer als gegenüber den Weißen; diese nutzen die Zwietracht zur endgültigen militärischen Sicherung und Kolonisierung des eroberten Landes.


1902 - 1923

Weiße Vorherrschaft / Im Master and Servants Act wird 1902 nach südafrikanischem Vorbild gesetzlich festgelegt, daß der Bruch eines Arbeitsverhältnisses durch einen Schwarzen bestraft wird. Drei Jahre später wird die Hüttensteuer erhöht, um mehr Schwarze in Lohnarbeit zu zwingen. Die Werteordnung der Weißen wird in von der BSAC subventionierten Schulen (vor allem Missionsschulen) vermittelt, um nützliche Arbeitskräfte heranzuziehen. 1911 werden seit 1891 nördlich des Samebsi erworbene Gebiete zu Nord-Rhodesien vereinigt. Im Ersten Weltkrieg 1914/18 sind weiße und schwarze Truppen aus Rhodesien auf britischer Seite involviert; Bestrebungen der Kolonie, sich von der BSAC zu lösen, werden 1922 in einem Referendum gegen einen Anschluß an Südafrika und für den Status einer britischen Kolonie beschieden; abstimmungsberechtigt: 19.000 durch Besitz und Bildung ausgewiesene Weiße und 30 Schwarze. 1923 wird Nord-Rhodesien britische Kolonie, Süd-Rhodesien erhält als weiße Siedler-Kolonie die volle Selbstverwaltung in inneren Angelegenheiten.


1931

Land Apportionment Act / Gesetzliche Aufteilung des Landes zwischen Weissen und Schwarzen: 49 Mio. Acres (1 Acre = 0,4 ha) für die Weißen / 21,5 Mio. Acres für die Schwarzen.


1936

Native Registration Act / Jeder männliche Afrikaner über 16 muß einen Paß mit Name, Herkunft, Arbeitsplatz bei sich tragen, der zugleich die Berechtigung zur Arbeitssuche regelt; Verstöße werden mit Zwangsarbeit bestraft.


1951

Native Land Husbandry Act / Verschärfung der Bewirtschaftsvorschriften über Agrararland für Schwarze, das Recht der Häuptlinge auf Landverteilung wird beschnitten, städtischen Arbeitern wird Landerwerb untersagt, jede schwarze Familie darf auf den ihnen zustehenden höchstens 8 Acres (3,2 ha) nur noch Vieh in beschränkter Zahl weiden. Zwischen 1946 und 1953 ziehen rund eine halbe Million Afrikaner vom Land in die Städte und bilden dort ein abhängiges Proletariat, das nur in zugewiesenen Townships nahe von Städten mit weißer Bevölkerung leben darf. Britische Siedler, vor allem ehemalige Soldaten, strömen nach dem Zweiten Weltkrieg nach Rhodesien.


1953

Zentralafrikanische Föderation / Nord-Rhodesien und Süd-Rhodesien schließen sich mit dem britischen Protektorat Nyassaland (dem heutigen Malawi) zusammen, ein Plan, der schon seit den Zwanziger Jahren von der BSAC erwogen wurde. Afrikanische Nationalisten hoffen auf eine Zusammenarbeit mit liberalen Weißen, angeführt von Garfield Todd, der sich als neuer Premier Süd-Rhodesiens bemüht, mehr Rechte für Schwarze durchzusetzen, damit jedoch am Widerstand seiner eigenen Partei scheitert und 1958 abgelöst wird.


1963 - 1965

Einseitige Unabhängigkeitserklärung / Unüberbrückbare Gegensätze zwischen den Regierungen der drei Territorien und eine - in der Folge des Zweiten Weltkrieges - von London verfolgte "Wind of Change"-Politik, die Unabhängigkeitsbestrebungen in den bisherigen Kolonien ernster nimmt - läßt die Zentralafrikanische Föderation zerbrechen: 1964 erlangen Nord-Rhodesien als Sambia und Nyassaland als Malawi die Unabhängigkeit. In Süd-Rhodesien übernimmt die weiße Siedler-Partei "Rhodesian Front" unter Ian Smith die Regierung. Am 11. November 1965 erklärt er, gestützt auf eine breite Zustimmung der weißen Bevölkerung sowie der von der Regierung kontrollierten Häuptlinge, einseitig die Unabhängigkeit Rhodesiens von der britischen Krone. Auf die weiße Siedler-Rebellion reagieren London und der UN-Sicherheitsrat lediglich mit Sanktionen. Schwarze Nationalisten fordern für Verhandlungen zwischen Salisbury und London: "Keine Unabhängigkeit vor dem Zustandekommen einer Mehrheitsherrschaft" - die schwarze Mehrheit beginnt, ihren Widerstand zu organiseren.



NATIONALBEWEGUNG & BEFREIUNGSKÄMPFE


Die weiße Kolonialwirtschaft zwingt große Teile der schwarzen Bevölkerung zu Lohnarbeit auf Farmen und in Bergwerken. Die kolonialstaatlich geförderte Industrie ist primär auf den Siedlermarkt und die Regionalmärkte ausgerichtet. Der koloniale Wirtschaftsboom, der insbesondere nach dem Zweiten Weltkrieg einsetzt, wird durch die afrikanische Subsistenzwirtschaft subventioniert, die den Unterhalt von Familien afrikanischer Lohnabhängiger sicherstellt und eine Versorgung im Alter, bei Krankheit und bei Arbeitslosigkeit gewährleistet.


1927 / 1934 / 1944

Gewerkschaften als Widerstandsbasis / Rhodesian Industrial and Commercial Union, erste schwarze Gewerkschaftsgründung. Southern Rhodesian African Congress, die Führer stammen aus der afrikanischen Mittelschicht, suchen jedoch Unterstützung bei Arbeitern. Rhodesia Railways African Employees Association / Eisenbahn-Beschäftigte gründen eine der ersten schwarzafrikanischen Industriegewerkschaften.


1945 - 1948

Erste Arbeitskämpfe & Wählergemeinschaften / Weitere Gewerkschaftsgründungen und Zunahme von gut organisierten Arbeitsniederlegungen mit einem Generalstreik im Jahr 1948. Die Reformed Industrial and Commercial Workers Union versteht sich als erste schwarze Gewerkschaft, die für höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen kämpft. Die Rhodesian Bantu Voters Association versucht, mehr Rechte für die schwarze Mehrheit durchzusetzen. Die Matabele Home Movement Association strebt eine gerechtere Landverteilung an.


1954 - 1959

Southern Rhodesian African Trade Union Congress / SRANC / Joshua Nkomo, bisher schon Führer der Eisenbahner-Gewerkschaft, wird an der Spitze des SRANC prominenter Vorkämpfer der schwarzen Nationalbewegung. Drei Jahre später wird die 1955 u.a. von James Chikerema, George Nyandoro, Maurice Nyagumbo und Enoch Dumbutshena gegründete African National Youth League mit der SRANC zum African National Congress / ANC unter Führung Joshua Nkomos vereinigt, jedoch 1959 gebannt; 500 Anhänger werden verhaftet - Joshua Nkomo entgeht im Ausland der Festnahme.


1960 - 1963

Konsolidierung & Spaltung der Nationalbewegung / Nur ein Jahr nach Gründung der ANC-Nachfolgeorganisation National Democratic Party u.a. durch Michael Mawema, Ndabaningi Sithole, Joshua Nkomo, Robert Mugabe, Leopold Takawira, Herbert Chitepo, Eddison Zvobgo und Enos Nkala wird die NDP verboten, Parteifunktionäre werden verhaftet. Die NDP-Forderungen nach Gleichberechtigung aller Rassen (Wahlberechtigung / gleiche Arbeitsbedingungen / regional nicht eingegrenztes Wohnrecht / Abschaffung der Paßgesetze) werden 1961 von der neugegründeten Zimbabwe African People's Union / ZAPU übernommen. Eine Verfassungskonferenz im selben Jahr in Victoria Falls sichert die weiße Regierungskontrolle durch Einführung getrennter Wählerlisten für Weiß und Schwarz, 1962 gewinnt die Siedlerpartei Rhodesian Front Wahlen, die ZAPU wird im Jahr darauf verboten, ihre führenden Köpfe, unter ihnen Nkomo, Sithole und Mugabe, werden unter Auflagen festgehalten, können aber nach Tansania fliehen, wo eine Vertrauenskrise zwischen Nkomo und anderen ZAPU-Führern beginnt, die zur Spaltung führt: Die radikalere Zimbabwe African National Union / ZANU unter Ndabaningi Sithole fordert u.a. Neuverteilung des Landes / gleiche Erziehung für alle Bevölkerungsschichten, unabhängig von der Hautfarbe / Verstaatlichung der Industrie und des Bergbaus; unter den ZANU-Gründern: Robert Gabriel Mugabe. Joshua Nkomo gründet den People's Caretaker Council. Vor dem Hintergrund schwerer Auseinandersetzungen zwischen Anhängern beider Parteien in den Townships werden die Neugründungen verboten, die Führer, unter ihnen Nkomo, Sithole und Mugabe, werden bis 1974 interniert.


1964 - 1965

Ende politischer Optionen / Die ZANU richtet sich auf eine bewaffnete Auseinandersetzung ein, bildet im Exil ihren militärischen Arm - die Zimbabwe National Liberation Army / ZANLA - und schickt erste Kader zum Training in die Volksrepublik China. Die ZAPU nimmt - ebenfalls aus dem Exil - mit einer eigenen Armee-Formation, der Zimbabwe People's Revolutionary Army / ZIPRA, den militärischen Kampf auf. Im Prozeß der Machtübernahme durch die Rhodesian Front von Ian Smith (1964) und der Einseitigen Unabhängigkeitserklärung Rhodesiens von London (1965) gelingt es den Weißen die Ängste der traditionellen Häuptlinge vor den intellektuellen, schwarzen Nationalisten für ihre Zwecke zu nutzen: Die meisten Häuptlinge unterstützen die Politik der getrennten Entwicklung. 250.000 Weiße gönnen sich - gegen Forderungen Londons und der UNO nach "Ein Mensch - Eine Stimme" - das Recht, in Komplizenschaft mit dem südafrikanischen Apartheid-Regime und zahlreichen, den internationalen Wirtschaftboykott mißachtenden westlichen Konzernen, 4 Millionen Schwarze auf unbestimmte Zeit zu beherrschen.


1966 - 1970

2. Chimurenga / Am 29. April 1966 attackiert ein ZANLA-Kommando in der Nähe von Chinhoyi zum ersten Mal eine weiße Farm (dieser Tag wird in Zimbabwe als Beginn des Befreiungskampfes gefeiert, obwohl der Trupp aufgerieben wurde). Zwischen 1967 und 1968 führen ZAPU und der ANC Südafrikas im Südwesten Rhodesiens militärische Operationen durch. 1969 formt die ZANLA den Dare re Chimurenga, einen Kriegsrat, der nun aus dem Exil in Sambia und Tansania operierenden ZANU. 1970 erlaubt die in Mozambik gegen das portugiesische Regime kämpfende FRELIMO der ZANLA, befreite Gebiete als Basen zu nutzen. Die Rhodesian Front gewinnt bei Wahlen im selben Jahr alle den Weißen vorbehaltenen 50 Sitze. Rhodesien erklärt sich zur Republik.


1971 - 1975

Widersprüche im Kampf / Streit zwischen Führern der externen ZAPU-Spitze in Lusaka/Sambia führt 1971 vorübergehend zu einem Bündnis zwischen Dissidenten von ZANU und ZAPU in der Front for The Liberation of Zimbabwe / FROLIZI. In Rhodesien beleben unterdessen ZANU- und ZAPU-Führer, die sich nicht im Gefängnis befinden, gemeinsame Aktivitäten im African National Council / ANC und mobilisieren 1972 erfolgreich die schwarze Bevölkerungsmehrheit gegen einen Verfassungskompromiß (Pearce Commission). Die politische Treuhänderschaft übernimmt Bischof Abel Muzorewa, der sich in der Folge - zusammen mit ZAPU-Führer Joshua Nkomo gegenüber weißen Verhandlungsangeboten aufgeschlossener zeigt. 1973 beginnt Muzorewa geheime Gespräche mit Ian Smith. 1974 - während amerikanischer Friedensbemühungen für Rhodesien (Kissinger-Initiative) - übernimmt Robert Mugabe in der Gefangenschaft die interne ZANU-Führerschaft von dem überrumpelten Ndabaningi Sithole. Mugabe wird aus dem Gefängnis zu - von Sambia, Tansania, Mozambik, Botswana, Rhodesien, Südafrika und den USA befürworteten - Verhandlungen (Detente) nach Lusaka geschafft und im Dezember 1974 zusammen mit anderen Nationalistenführern endgültig freigelassen. Eine zur selben Zeit erreichte Zimbabwe Declaration of Unity zwischen verhandlungsbereiten schwarzen Gruppen wird vor allem durch Mugabe mit der Aufforderung zur Fortsetzung des bewaffneten Kampfes beantwortet. Innerhalb der schwarzen Nationalbewegung im In- und Ausland werden jedoch Interessenkonflikte von weißen Geheimdienst-Operationen, aber auch durch zunehmende ideologische und tribale Auseinandersetzungen verschärft. Im Exil von Sambia, Tansania und Mozambik wird die politische und militärische Schlagkraft vor allem auch innerhalb der ZANU durch tribale Intrigen, Revolten, Exekutionen und Attentate geschwächt. In Lusaka kommt Exil-ZANU-Generalsekretär Herbert Chitepo am 18. März 1975 durch eine Autobombe ums Leben. Sambias Staatspräsident Kaunda läßt alle erreichbaren Exil-ZANU-Führer verhaften und zum Teil foltern; eine Untersuchungskommission der Organisation für Afrikanische Einheit entscheidet aufgrund der Beweislage: Chitepo ist internen ZANU-Machtkämpfen zum Opfer gefallen. (Die amtliche Geschichtsschreibung hält sich auch nach der Unabhängigkeit an die Version des rhodesischen Geheimdienstes, wonach Chitepo in Lusaka von Agenten der Central Intelligence Organisation / CIO umgebracht wurde.) Im April 1975 flieht Robert Mugabe mit seinem engsten Gefährten Edgar Tekere nach Mozambik und etabliert sich dort als endgültiger Führer des Befreiungskampfs; 10.000 Flüchtlinge folgen ihm schon während der nächsten sechs Monate. Nach Gewinn der Regierungsgewalt in Mozambik durch die im Befreiungskampf erfolgreiche FRELIMO (1974) kreiert der rhodesische CIO-Chef Ken Flower (von Mugabe auch nach der Unabhängigkeit im Amt behalten) die Bandenbewegung Mocambique National Resistance / MNR, die in erster Linie die FRELIMO von Unterstützung für ZANLA abhalten soll. Die ZANLA knüpft an die Geschichte des 1. Chimurenga, des ersten - 1897 gescheiterten - Befreiungsversuchs, an und mobilisiert u.a. traditionellen Geisterglauben, der mit einer durch chinesische Ausbilder in tansanischen Camps gelehrten Guerilla-Taktik und mit Waffenlieferungen aus China, Nordkorea und aus Rumänien kombiniert wird. Die ZAPU erhält für ihre ZIPRA Waffenhilfe aus der Sowjetunion, die nach wie vor Joshua Nkomo als Führer favorisiert. Im August 1975 versucht Südafrikas Präsident Vorster bei einem Treffen an den Victoria-Fällen, angesichts des Zusammenbruchs portugiesischer Macht in den Nachbarländern nationalistische weiße und schwarze Rhodesier (unter ihnen Nkomo) sowie Sambias Präsident Kaunda zu einer Politik der Öffnung zu überreden. Im November desselben Jahres bilden ZANLA und ZIPRA mit dem Zusammenschluß in der ZIMBABWE PEOPLE'S ARMY / ZIPA eine gemeinsame militärische Struktur; doch statt den Guerillakampf zu intensivieren, kämpfen Truppenteile von ZANLA und ZIPRA weiterhin gegeneinander.


1976 - 1979

Patriotische Front / Verhandlungsfrieden / In mozambikanischen Lagern sterben bei Angriffen des rhodesischen Militärs Tausende von Flüchtlingen. Versuche der Frontlinien-Staaten, die Führer der zerstrittenen zimbabweschen Nationalisten politisch zu einigen, scheitern bei einem Treffen im September 1976 in Lusaka. Drei Wochen später akzeptiert Ian Smith das Mehrheitsprinzip für Wahlen in Rhodesien (Majority Rule) entsprechend einem amerikanisch-britischen Plan. Am 9. Oktober 1976 werden in Dar-es-Salaam - gefördert durch Tansanias Präsident Nyerere - endlich ZANU und ZAPU zur Patriotischen Front zusammengeschlossen. Zwei Wochen später beginnt auf Initiative Londons unter Einschluß aller beteiligten Parteien eine erste Verfassungskonferenz in Genf, die Mugabe mit der Überzeugung verläßt: "Unabhängigkeit ist nicht verhandlungsfähig!" Nach einer weiteren Rebellion in den eigenen Militärkadern werden unter dem Kommando des (nach 18-monatiger Haft in Sambia entlassenen) ZIPA-Chefs Tongogara Überfälle und Bombenanschläge bis nahe der Hauptstadt Salisbury durchgeführt. Am 31. August 1977 wird Robert Mugabe in Chimoio / Mozambik offiziell zum ZANU-Präsidenten gewählt. Am 23. Juni 1978 ermordet ein Guerilla-Trupp in der Elim Mission nahe der mozambikanischen Grenze 8 britische Missionare und 4 Kinder, Mugabe weist jede Verantwortung zurück, aber die britisch-amerikanische Allianz wendet sich gegen eine weitere Teilnahme seiner ZANU an Verhandlungen. Joshua Nkomo läßt sich erneut auf heimliche Gespräche mit Ian Smith ein; im Dezember 1978 sprengt ein ZANLA-Kommando die Öltanks in Salisbury. Der Versuch Ian Smiths, eine interne Lösung durch Einbeziehung verhandlungswilliger schwarzer Führer zu finden, scheitert. Im April 1979 wird zwar Bischof Muzorewa zum ersten schwarzen Premierminister des nun Zimbabwe-Rodesien genannten Landes gewählt, das Ergebnis, das den Weißen mit einer Sperrminorität die Kontrolle im Parlament vorbehält, wird von London jedoch nicht anerkannt. Dort wird am 3. Mai Margaret Thatcher neue Premierministerin. Ihr gelingt es Anfang August während einer Commonwealth-Konferenz in Lusaka, alle beteiligten Parteien zu einer Verfassungskonferenz in das Lancaster House nach London einzuladen, bei der Mugabe am Ende durch Mozambiks Präsident Samora Machel zum Einlenken bewogen wird und die am 21. Dezember 1979 mit der Unterzeichnung eines Friedensplanes zur Unabhängigkeit Zimbabwes endet. Der Krieg um die Unabhängigkeit hat etwa 20.000 Menschen das Leben gekostet.

 
 
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