DER
WEG NACH ZIMBABWE oder VERSUCHE, DIE FREMDE ZU VERSTEHEN
© 1990
Klaus Jürgen Schmidt
BOYKOTT AUS DEM ELFENBEINTURM
Nun haben es ja die Menschen in den Industrieländern
geschafft, bei der Jagd nach materiellem Reichtum die
Natur ihrer Heimat hoffnungslos und irreparabel aus dem
Gleichgewicht zu bringen. Dennoch meinen ihre
Regierungen, den Staaten in der sogenannten Dritten Welt
Ratschläge erteilen zu können, die rasch in neue
Bevormundung ausgeartet sind: Ohne Konsultation der
betroffenen afrikanischen Regierungen haben Europäische
Gemeinschaft und die Vereinigten Staaten von Amerika 1989
Afrika einen Elfenbein-Bann auferlegt. Schulterklopfen über
alle Fraktionen von rechts bis links, von schwarz
bis grün! Aus Kenia übertrug das Fernsehen weltweit die
Verbrennung von 12 Tonnen gewilderten Elfenbeins
als ob nicht schon Riesenmengen illegal gehandelter
Drogen verbrannt worden wären, ohne daß der
Drogenschmuggel auch nur in Ansätzen eingeschränkt
worden wäre. Angesichts nicht mehr zu bewältigender
Umweltprobleme im eigenen Verantwortungsbereich
Abgas-, Gift- und Nuklear-Problematik wurde gutes
Gewissen auf Kosten afrikanischer Staaten hergestellt,
die wie zum Beispiel Zimbabwe trotz gerade
überwundener Fremdbstimmung und schwieriger
Wirtschaftslage das Tier-Erbe mit Sorgfalt pflegen.
In den frühen Sechzigern, als die ersten Staaten Afrikas
unabhängig geworden waren, sorgten sich vor allem Weiße
unter engagierter Anteilnahme ihrer Medien
um das nun in ihren Augen zweifellos bedrohte Tiererbe
des schwarzen Kontinents: Joey Adamson und Ehemann George
kümmerten sich in Kenia um die Löwen, Bernhard Grzimek
und Sohn um alle Tiere in der kenianischen Serengeti und
Dian Fossey kümmerte sich um die Gorillas in Ruanda
Weiße sahen schwarz für Afrikas Tierwelt!
Für den Beginn einer Rundfunksendung über Zimbabwes
Anstrengungen, sein Tiererbe nach eigener Vorstellung zu
bewahren, wählten zwei junge zimbabwesche Frauen mit
Hintersinn den Titelsong "Born free" aus Joey
Adamsons Löwenfilm "Elsa", der in jener Epoche
weißer Tierschwärmerei weltweit ein Kassenerfolg war.
Sie sind selber weiß und tragen stolz den Titel "Rhino-Girls",
auf deutsch "Nashorn-Mädchen" Charlie
Hewat und Julie Edwards. Sie sind 1988 von London bis
Harare geradelt, um die Welt auf die gegenwärtige
Ausrottung des Rhinozerosses durch Wilderer in Zimbabwe
aufmerksam zu machen. Aber, obwohl die beiden jenen weißen
Beschützern der afrikanischen Tierwelt die Anerkennung
als frühe Warner vor drohender Zerstörung nicht
versagen, halten sie mit ihrer Kritik an neuer
Bevormundung Afrikas durch Europäer und Nordamerikaner
nicht hinter dem Berg:
"Laßt uns hier alleine um unser Tiererbe kümmern!"
sagen die beiden. "Und Ihr aus Übersee, mischt euch
nicht mehr ein, schließlich habt ihr ja euer eigenes
Tiererbe heruntergewirtschaftet!"
Schon eine gute halbe Stunde außerhalb der zimbabweschen
Hauptstadt Harare können Touristen ein bißchen von der
großen Weite der Wildnis erahnen, können in einem
kleinen Nationalpark am Lake McIlwayne erste
Bekanntschaft mit Großwild und Raubkatzen machen. Doch
die Folgen zunehmender Industrialisierung des Großraums
Harare machen sich schon auf diesem Stausee bemerkbar:
Riesige Felder von Wasserhyazinthen bedrohen die
Trinkwasserversorgung der Hauptstadt, schon sterben die
Fische. Wie groß ist die Gefahr, daß das Land zwischen
Sambesi und Limpopo das Gleichgewicht zwischen Natur und
Mensch verliert?
Im Abendlicht am Sambesi: Ein Nashorn trottet durch's
trockene Gras hinab zum Wasser. Da fällt ein Schuß. Über
1.000 Kilo Tiergewicht verharrt, vom Einschlag der Kugel
gelähmt, sinkt dann langsam zur Seite, die Beine knicken
ein das Nashorn stirbt, bevor es den Feind
erkennt, der über den Sambesi kam. Er ist nur an ein
paar Kilo dieses mächtigen Tieres interessiert an
seinen beiden Hörnern. Die hackt er ihm in der
einbrechenden Dunkelheit ab. Bevor am nächsten Morgen
eine Ranger-Patrouille den aufgedunsenen Kadaver findet,
sind die Wilderer über die Flußgrenze nach Sambia
entschwunden.
Das ist die Regel, aber es kann auch anders kommen: Am 14.
März traf in der Chewore-Safari-Gegend eine Patrouille
auf vier schwerbewaffnete Wilderer, es kam zu einem Schußwechsel,
den einer der Eindringlinge nicht überlebte. In seinen
Taschen fanden die Ranger 8 abgehackte Hörner
wenigstens vier Kadaver hatte die Gruppe irgendwo im
Busch zurückgelassen. Einen Monat später kam es zum
Kampf mit fünf Wilderern in der Gegend zwischen Mana
Pools und Sapi, vier wurden getötet, nur einer entkam.
Die Ranger fanden 2 Hörner und stellten 2 moderne AK 47-Gewehre
sicher. Seitdem wird hier in den Zeitungen zwei-, dreimal
pro Woche über solche Zwischenfälle berichtet
Krieg ist ausgebrochen am Sambesi - und nicht nur dort
oben im Norden Zimbabwes.
Schon im Oktober 1988 wurden am Lake Kyle, im Süden, 160
Kilometer entfernt von der nächsten Grenze, die
enthornten Kadaver zweier weißer Rhinozerosse gefunden.
Nick Greaves von der "Wildlife Society of Zimbabwe"
vermutet, daß nun Zimbabwer selbst in das lukrative
Schwarzmarktgeschäft mit dem Nashorn eingestiegen sind,
das eigentlich kein Horn ist, sondern die feste Masse
knorpeligen Haares.
Ein alter Aberglaube bedroht eine der ältesten Tierarten
der Erde, die einst auch in Europa bekannt war:
Abbildungen sind in altsteinzeitlichen Höhlen z.B. bei
Lascaux und Font-de-Gaume in Südfrankreich zu finden. Im
nahöstlichen Yemen symbolisiert das Horn, kunstvoll
verarbeitet als Dolchgriff, männliche Potenz, im fernöstlichen
China wird es zu Pulver zerrieben angeblich
ebenfalls als Potenzmittel geschätzt. Doch das ist
umstritten. Eine Enzyklopädie, publiziert in Zimbabwe,
behauptet, nicht als Aphrodisiakum kauften reiche
Chinesen und Japaner das Pulver, sondern als
fiebersenkendes Mittel. Gesicherte Erkenntnis ist der
Preis, den Japaner auf dem Schwarzmarkt zu zahlen bereit
sind: In den Siebziger Jahren brachte ein Kilogramm
Rhinohorn zwischen 30 und 40 US-Dollar, zehn Jahre später
wurden dafür schon bis zu 2.230 US-Dollar ausgegeben.
Auf Taiwan werden nach einer Londoner Veröffentlichung für
600 Gramm Hornpulver inzwischen 2.700 US-Dollar bezahlt.
Und ein einziges großes Horn, verarbeitet als Dolchgriff
für arabische Prinzen, soll schon bis zu 100.000 US-Dollar
bringen.
Nach nicht sehr genauen statistischen Erhebungen ist
parallel dazu die Nashorn-Population auf dem
afrikanischen Kontinent von 65.000 im Jahr 1970 auf 2.500
im Jahr 1980 gesunken. Allein in Zimbabwe wurden zwischen
Juni 1984 und Ende Januar 1980 565 Nashorn-Kadaver
gefunden. Die Dramatik dieser Entwicklung wird dadurch
verschärft, daß genau in diesem Zeitraum in Zimbabwe
eine von der Regierung unterstützte "Operation
Stronghold" einsetzte, eine paramilitärische Aktion
der Wildhüter, die es ihnen erlaubt, "Poacher"
wie die Wilderer auf Englisch heißen zu
erschießen. Präsident Robert Mugabe verteidigte diese
Entscheidung im Frühjahr 1989 beim Besuch des Gründungspräsidenten
des "World Wide Fund for Nature", Prinz
Bernhard der Niederlande, vor der internationalen Presse:
"Wilderei ist Krieg gegen die einheimischen Tiere
und deshalb Krieg gegen die Nation. Wir nehmen dies sehr
ernst," sagte der Präsident, "und deshalb
versuchen wir, das Wildern zu verhindern. Wer bewaffneten
Widerstand leistet, wird niedergeschossen."
"Wir haben selber Leute verloren," beeilte
Mugabe sich dann noch hinzuzufügen. Im Januar 1989 wurde
Sergeant Aggripa Nhamo von der Anti-Poaching-Einheit im
Sambesi-Tal Opfer eines Schußwechsels. Ein anderer Wildhüter,
der im Busch übernachten mußte, wurde von einem Löwen
aufgefressen. Seit Juni 1984 bis September 1989 kamen über
80 Wilderer ums Leben, mehrere hundert wurden
festgenommen. Die meisten von ihnen überquerten, von
Sambia kommend, den Sambesi. In der sambischen Hauptstadt
Lusaka werden auch die Hintermänner des profitträchtigen
Nashorn-Geschäftes vermutet, die in der verarmten
Landbevölkerung immer wieder willige Grenzgänger
finden, die für ein abgehacktes Horn gerade umgerechnet
400 D-Mark Handgeld erhalten. Bemühungen der
zimbabweschen Regierung, die Kooperation sambischer
Grenzwächter und Wildhüter zu gewinnen, waren erst
erfolgreich, als in einem geschickten Zusammenspiel
zwischen Präsident Mugabe und der britischen
Premierministerin Thatcher Sambias Präsident Kaunda
unter internationalen Mediendruck geriet. Die britische
Regierungschefin hatte bei ihrem Staatsbesuch im Frühjahr
1989 für einen Zeitungsreporter aus ihrer Begleitung die
zimbabwesche Zustimmung erhalten, einen Rangereinsatz
gegen Wilderer am Sambesi zu begleiten und deren Aussagen
im Londoner "Sunday Telegraph" veröffentlichen
zu lassen. Anfang September wurden schließllich auf
sambischer Seite des Flusses 200 Wilderer und Mittelsmänner
festgenommen natürlich keine großen Fische
und klammheimlich den zimbabweschen Behörden zum
Verhör überstellt. Einen Monat später kam Kenneth
Kaunda seinen Kollegen Robert Mugabe besuchen und überreichte
in einer dramatischen Geste vor laufenden Fernsehkameras
20 in Sambia von nordkoreanischen Schmugglern
sichergestellte Rhinozeroshörner.
Doch beim Kampf um die Erhaltung seines Tiererbes hat
Zimbabwe weitere Rückschläge erhalten: Der "World
Wildlife Fund" stellte mit Effekt vom 1.Mai 1989
seine Unterstützung zum Betrieb eines Hubschraubers ein.
Vermuteter Hintergrund: Die renommierte Organisation fürchtet
um ihr Image, wenn mit ihrer Hilfe bei der Jagd nach
Wilderern Menschen ums Leben kommen. Sie versucht,
stattdessen die Regierung in Harare unter Druck zu setzen
ähnlich wie in Kenia sollen riesige, eingezäunte
Reservate eingerichtet werden.
Unsinn, sagt die "Wildlife Society of Zimbabwe",
ein Zaun wäre der beste Anhalt für Wilderer, wo nach
dem begehrten Nashorn zu suchen sei. Zwar sind bisher
rund 300 Nashörner eingefangen und auf gesicherte Farmen
zur kontrollierten Fortpflanzung umgesiedelt worden, aber
Zimbabwe will sich nicht das Recht nehmen lassen, seiner
Tierwelt auch ein Stück Freiheit zu erhalten. Und Kenias
Erfahrung bestätigt den Vorbehalt. 1987 haben "Poacher"
den gesamten Bestand an weißen Rhinozerossen im
angeblich sicheren kenianischen Reservat ausgerottet.
In einer Juli-Nacht des Jahres 1989 rumpelt ein schwerer
Laster mit zwei großen Holzkisten in einen abgelegenen
Teil des Flughafens von Harare. Er hat vier Stunden Fahrt
hinter sich. Die Aktion ist generalstabsmäßig
vorbereitet. Über Funk ist sichergestellt, daß eine
Frachtmaschine abflugbereit steht. Die Fracht ist kostbar
und nervös. Als ich mich den Kisten nähere, sehe ich
zwischen Ritzen dunkle Schatten, die sich unruhig
bewegen, dann kracht ein Horn gegen die Holzbohlen. Zu
dieser Kraft paßt überhaupt nicht das ängstliche
Fiepen, das aus den Verschlägen tönt. Die beiden
Nashorn-Tiere, männlich und weiblich, sind erst halb
ausgewachsen. Sie wurden vor zwei Monaten im Sambesi-Tal
mit Pfeilen betäubt und seither in einem Gehege im
Manapools-Nationalpark gehalten. Heute nacht sollen sie
die lange Flugreise nach Deutschland antreten. Empfänger
ist der Frankfurter Zoo. Es ist ein Geschenk Zimbabwes
Nashörner sind unter dem Artenschutzabkommen
nicht verkäuflich. Die Landesverschickung ist Teil eines
Überlebensprogramms. Vor zwei Tagen sind 10 Nashörner
in die USA geflogen worden. Während amerikanische und
europäische Tiergehege in ein Zuchtprogramm
eingeschaltet sind, ist ganz nebenbei
sichergestellt, daß Amerikanern und Europäern Tier-Exotik
nicht abhanden kommt.
Vor allem wird also Geld gebraucht, dachten sich Charlie
Hewat und Julie Edwards, und fanden einen britischen
Konzern, "Armstrong World Industries Ltd.", der
sich den Werbe-Effekt einer solchen Idee kühl
kalkulierend bereit erklärte, ihre abenteuerliche
Fahrradtour von London nach Harare zu sponsern. Die
beiden wurden von Prinz Philipp und Premierministerin
Thatcher empfangen und strampelten los, sie
sprachen mit Prinz Bernhard der Niederlande und mit dem
Papst und strampelten weiter, sie gaben Interviews
und Vorträge und strampelten insgesamt 22.000
Kilometer. Und am Ende nach Durchquerung Europas
und Afrikas, als sie unter Anteilnahme der ganzen
zimbabweschen Nation über die Brücke an den Victoria-Fällen
radelten, glaubten sie der Buchhaltung des britischen
Konzerns und meinten, ihr Ziel erreicht zu haben:
Umgerechnet fast zwei Millionen Mark aus Spenden für
"SAVE THE RHINO" die Überlebenskampagne
für das bedrohte Nashorn. Der Schock kam Anfang März
1989. Der Konzern hatte seine Unkosten abgezogen: runde
950.000 Mark übrig blieben knappe 300.000 Mark!
Ernüchtert ziehen Charlie und Julie Bilanz: "Gleich
nach unserer Radtour haben wir an einer Konferenz mit
Frauen über dauerhafte Entwicklungsstrategien
teilgenommen," berichten sie, "und besonders
spannend war die Erfahrung mit ländlichen, afrikanischen
Frauen, die sich konfrontiert sahen mit Experten aus Übersee.
Deren Reden waren schwer verständlich, nicht 'mal wir
haben alles verstanden," sagt Charlie. Und dann sei
eine Afrikanerin vom Lande aufgestanden und habe gesagt:
"Viele von euch haben einen akademischen Grad, ein B.A.
hinter dem Namen. Das hab' ich nicht, aber hier sind
meine beiden Hände, A und B und mit denen arbeite
ich für Afrika."
Charlie Hewat: "Was sie sagen wollte, ist, wir können
unseren eigenen Weg in Afrika finden, wir brauchen von
euch keine tollen Erläuterungen, wie wir es machen
sollten."
"Sie waren absolut phantastisch, die Frauen vom
Lande," fügt Julie hinzu. "Sie leben und
arbeiten im Dorf. Frauen sind dort verantwortlich für
die Ernährung der Familie, sie sind die ganze Zeit
zusammen mit den Kindern. Und sie haben schon damit
begonnen, ihre eigenen kleinen Projekte aufzubauen
auf unterster Ebene. Und da war eine afrikanische
Expertin, die sagte, wir sollten eher auf diese Frauen hören,
statt auf Leute da oben denn sie wissen Bescheid,
weil sie ja dauernd dort arbeiten."
"Chipembere" das ist der Shona-Name für
das Schwarze Nashorn, das sich vom Weißen Nashorn
dem sogenannten Breitmaul-Rhinozeros vor allem durch eine
spitze Lippenform unterscheidet, und "Pamberi"
das heißt "Vorwärts": "Pamberi
Chipembere!" "Vorwärts Nashorn!"
Das 1989 in Zimbabwe populäre Lied hat ein Weißer
komponiert: Bud Cockroft, der auch für einen weiteren
Ohrwurm "Run Rhino Run"
verantwortlich ist. Bud Cockroft ist ein in Zimbabwe
lebender Weißer, ein Weißer leitet noch immer das
staatliche Department, das für Schutz und Hege der
wilden Tiere in den großen Nationalparks zuständig ist
und Weiße beherrschen nach wie vor den in der Hauptstadt
Harare angesiedelten "National Conservation Trust",
der bislang alle Spenden- und Aufklärungsaktivitäten in
Zimbabwe koordiniert. Wie sieht es also aus mit dem
schwarzen Verständnis von der Notwendigkeit, Entwicklung
und Natur in Übereinstimmung zu bringen? Was passiert in
Zimbabwe auf dem Land, wo die Familien kleiner Bauern ums
Überleben kämpfen?
Trommeln eröffnen jeden Abend die Hauptnachrichten des
zimbabweschen Fernsehens, über das die Besitzer der
relativ wenigen und außerordentlich teuren Fernsehgeräte
in den Städten erfahren, was auf dem Lande los ist:
ZBC-Reporter Lazarus Mhlanga zeigt zerstörte Maisfelder
und hoffnungslose Gesichter im Tsholtsho-Distrikt, der an
Zimbabwes größten Nationalpark in Hwange grenzt. In den
vergangenen Wochen so berichtet er seien
immer wieder Löwen, Elefanten und Büffel aus diesem
Park ausgebrochen. Distrikt-Verwalter James Nioni habe
sich schon sehr besorgt geäußert, Löwen würden Vieh
und Menschen anfallen, während Elefanten und Büffel die
Ernten zerstörten. Sein Amt sei jedoch nicht berechtigt,
gegen diese Problemtiere vorzugehen, jedesmal müßte
erst die Nationalparkverwaltung telefonisch alarmiert
werden. Doch wenn schließlich die Fährtensucher kämen,
seien die Tiere längst wieder verschwunden, zurück ließen
sie eine Bresche der Zerstörung.
Der Hwange-Nationalpark im Westen Zimbabwes ist etwa so
groß wie Schleswig Holstein. Er wurde 1928 eingerichtet
und Weiße siedelten dorthin all jene Tiere um, die auf
den riesigen, fruchtbaren Farmböden störten. Das Land
war jedoch so trocken, daß im Laufe der Jahrzehnte 70,
mit verborgenen Pumpen betriebene Wasserstellen
eingerichtet werden mußten, die aber schon längst nicht
mehr ausreichen. Eine kleine Wildhütertruppe versucht,
die Herden unter Kontrolle zu halten.
"Haben Sie jemals an einem solchen Abschuß
teilgenommen," frage ich im Hwange-Nationalpark
einen Wildhüter. "Na klar," antwortet er,
"einmal in Tsholotsho, wo Elefanten Probleme für
die Menschen verursachten. Das war außerhalb des Parks.
Wir schossen 160 Elefanten!" Ich vergewissere mich:
"160?" "Jawohl, 160 außerhalb des
Parks, das war 1987. Sie hatten das Getreide zerstört,
den Mais gefressen und Zäune und Wasserpumpen
niedergerissen." "Aber," frage ich, "gibt
es da nicht andere Möglichkeiten, könnte man sie nicht
zum Beispiel mit einem Hubschrauber zurücktreiben?"
"Sehen Sie," ist die Antwort, "sie
vermehren sich so rasch und sie hatten sich daran gewöhnt,
in diese Gegend einzubrechen. Sie würden immer wieder
zurückkehren. Deshalb sagen wir, sie fallen dann unter
das Kontrollprogramm für Problem-Tiere!"
Nicht nur wilde Tiere wurden von den Weißen im damaligen
Rhodesien auf Gebiete mit nahezu unfruchtbaren Böden
umgesiedelt, die schwarzen Menschen erlitten dasselbe
Schicksal. Für die Bearbeitung ihrer kargen Maisfelder
sind sie abhängig von Rindern, die ihnen die Pflüge
ziehen. Die versprochene Landreform ist noch längst
nicht realisiert.
In Chibi, im Süden Zimbabwes, sind die Glocken dieser
Arbeitstiere längst verstummt. Es ist heiß hier und
seit Jahren ist kein Regen mehr gefallen. Abgehärmte
Frauen flehen Jesus an die letzte Kuh des Dorfältesten
ist in den kärglichen Garten eingedrungen und hat auch
noch das letzte Gemüse gefressen. Der alte Mann schlägt
voller Gram die Hände über dem Kopf zusammen. "Unser
Reichtum, das waren die Rinder," sagt er. "Wenn
es keine Weiden für Rinder mehr gibt, dann auch nicht für
wilde Tiere."
Totale Mutlosigkeit hat ihn überkommen. Die 96 Familien
hatten früher im Schnitt mindestens 20 Rinder, fast alle
sind der Trockenheit zum Opfer gefallen. Die Idee, statt
Rinder Wild aufzuziehen, das viel besser mit Dürre
fertigwerden kann, leuchtet den Menschen hier nicht ein.
Mit dem Einbruch der Weißen in das Land der Afrikaner
wurde auch deren althergebrachter, vernünftiger Umgang
mit der Natur zerstört. Es ist ja nur eine Legende, daß
sich erst die Weißen um die Erhaltung des Wildes auf dem
schwarzen Kontinent zu sorgen begannen. Zwar sind heute
in Zimbabwe auf 12 Prozent der Landfläche Nationalparks
eingerichtet, aber sie entstanden aus der Notwendigkeit,
Boden für weiße Großfarmen freizumachen. Für
Schwarze, die zumal auf dem Lande selten über
individuelle Verkehrsmittel verfügen, sind die
Tierreservate nach wie vor kaum zugänglich die 11
Nationalparks sind in erster Linie Einrichtungen für
fremde Touristen. Für die verarmten schwarzen
Landbewohner wurden die Parks zur verbotenen Frucht. Sie
holten sich Fleisch und Schätze, die sie auf dem
schwarzen Markt zu Geld machen konnten: Elfenbein,
Rhinohorn, Raubtierfelle.
In der Südostecke Zimbabwes begrüßen Dorfbewohner
ihren Häuptling. Hier liegt einer der wildesten
Nationalparks Gonarezhou. Die Menschen leben an
seiner Grenze, jenseits des Save-Flusses. Noch bis vor
drei Jahren waren die "Mahelias" selber
Wilderer. Sie holten sich nur das Elfenbein und ließen
die getöteten Tiere verrotten. Jetzt dürfen sie pro
Jahr 10 Elefanten ganz legal jagen und können nun auch
das Fleisch und das Leder verwerten. Die Behörden haben
sie überzeugt, ihre Siedlung auf einer Flußinsel
aufzugeben, 50 Kleinbauern sind umgezogen, lassen ihr
Vieh zusammen mit Wild auf der Insel weiden und
bekommen Wildschäden in den Feldern durch die
Nationalparkverwaltung ersetzt, deren Ranger solche
Problemtiere abschießen.
Beauftragte der Parkverwaltung laden bei einer Familie
zwei Säcke Mais ab und erklären zur Freude der
Anwesenden dies sei ihr Anteil aus der Verwertung
jenes Elefanten, der ihr Maisfeld zerstört und den ein
Ranger erlegt hatte.
Neben solcher gelegentlichen Kompensation haben die
"Mahelias" schon mit staatlicher Hilfe eine
Wasserpumpe und Zuschüsse für den Bau einer Schule und
eines kleinen Hospitals erhalten. In der eigenen "Elefantenkasse"
hatten sich als Ertrag aus dem Abschuß der ihnen
zugeteilten Elefanten schon im ersten Jahr umgerechnet 19.000
Mark angesammelt.
Und was hatten die Elefanten davon? Im Nationalpark von
Gonarezhou ist die Elefantenpopulation bereits über jene
Höchstgrenze gestiegen, die die Wildnis problemlos ernähren
kann 600 Elefanten zu viel, in ganz Zimbabwe sind
es nach einer von August bis Oktober 1989 durchgeführten
Luftaufklärung rund 57.000 Elefanten 20.000
zuviel für eine ökologisch unbedenkliche Population!
Das heißt: Der legale Export des im Rahmen von Hegemaßnahmen
gewonnenen Elfenbeins und Leders bringt Zimbabwe dringend
benötigte Devisen, dazu kommen die Einnahmen aus der
Safari-Industrie 1988 Jahr waren das zusammen 20
Millionen Zimbabwe-Dollar!.
Vor Jahrzehnten schon in rhodesischen Zeiten
haben weiße Farmer mit der kontrollierten
Aufzucht von Wildtieren begonnen. Jetzt fand in Zimbabwe
die Experimentierfreudigkeit ein völlig neues Objekt:
Flirrende Hitze, schwitzende Schaulustige und die
aufgeregten Hauptdarsteller einer ungewöhnlichen Auktion
anderthalb Stunden entfernt von Zimbabwes Hauptstadt
wir sind Zeugen einer Premiere in Afrika: Zum
ersten Mal wird eine Herde von Straußen-Vögeln
versteigert, paarweise und der Auktionator, treibt
den Preis für das erste Paar hoch von 3.000 auf 4.500
Dollar, das ist ungefähr der gleiche Betrag in D-Mark.
Ein weißer Farmer erhält den Zuschlag. Kevin Grant,
Besitzer der Mapere-Farm, der zu diesem Ereignis
eingeladen hat, freut sich über den Auftakt das
Geld für diese ersten von ihm gezüchteten Strauße geht
an die "Ostrich Producers Association of Zimbabwe",
eine private Organisation, die 1987 gegründet wurde und
deren Vorsitzender er ist.
"Game-Ranching" heißt das Stichwort für die
Aufzucht von Wildtieren auf weitläufigen Farmen, und
Straußen-Zucht ist die neueste Variante. Mitte der
Siebziger Jahre, damals noch unter rhodesischer
Verwaltung, begannen erste Versuche, Wild in umzäunten
Gebieten zu halten, damals hauptsächlich für den
Jagdsport. Zwischen 1978 und 1983 entstand in Buffalo
Range im Südosten Zimbabwes eine private Safari-Farm für
Großwildjäger aus Übersee, in der bald auch wilde
Tiere zur systematischen Fleischgewinnung gezüchtet
wurden. Mittlerweile sind auch im Norden des Matabele-Landes
und in anderen Gebieten Zimbabwes, wo sonst Rindvieh
weidete, große Wild-Farmen entstanden, in denen oft
mehrere Zwecke kombiniert sind: Devisen-Einkommen aus
hohen Abschußgebühren, die ausländische Jäger unter
genauer Kontrolle einer Quote durch die Regierung gerne
zu zahlen bereit sind, und Safaris für Touristen, die
bloß mit ihren Kameras "schießen" wollen.
Davon profitieren nicht nur die Besitzer einiger weniger
Großfarmen, sondern auch die Menschen in den umliegenden
Dörfern: Einige Distriktverwaltungen erhalten aus den
Abgaben bis zu 500.000 Dollar jährlich, die zum Bau von
Schulen und Hospitälern verwendet werden. Neben der
Fleisch- und Lederproduktion oft für den Export
sind solche Wildfarmen inzwischen zu wichtigen
Einrichtungen für den Schutz bedrohter Tierarten
geworden. Mindestens eine Antilopenart wurde auf diese
Weise in Zimbabwe vor dem Aussterben gerettet.
Kommerzielle Krokodil-Farmen sind dafür die bekanntesten
Beispiele. Krokodil-Eier werden unter Aufsicht der zuständigen
Behörde in der Wildnis gesammelt und künstlich ausgebrütet.
5 Prozent der so aufgezogenen Tiere werden an das
Department of National Parks zum Aussetzen in die freie
Wildbahn zurückgegeben das ist, nach
wissenschaftlichen Erkenntnissen, ein höherer
Prozentsatz als jener, der unter Naturbedingungen eine Überlebenschance
hat. So konnten Krokodile in Zimbabwe von der Liste der
unbedingt zu schützenden Tiere genommen werden, die
Population ist zufriedenstellend kontrolliert, und
Zimbabwe erhielt allein im Jahr 1986 aus dem legalen
Verkauf von 5.000 Krokodil-Häuten eine knappe Million
Dollar in Devisen, nicht mitgerechnet ist der Verdienst
der Krokodil-Farmer aus den Eintrittsgeldern von
Touristen, die sich diese Attraktion selten entgehen
lassen.
Nun, so weit ist Kevin Grant mit seiner Straußenfarm
noch nicht, obwohl das Wogen der graubraun gefiederten
Tiere mit den muskulösen Beinen, den langen Hälsen und
den neugierigen, langbewimperten Augen ihr Eintrittsgeld
wert wären. Seine Gäste an diesem Tag sind
experimentierfreudige Farmer aus dem ganzen Land, die zum
Teil schon selber angefangen haben, Strauße aufzuziehen.
40 Mitglieder zählt zwei Jahre nach ihrer Gründung die
"Ostrich Producers Association", und alle haben
ihre unterschiedlichen Erfahrungen: Leoparden brechen in
die weitläufigen Gehege ein, Schlangen machen sich über
die Eier her und noch ist nicht ganz erforscht,
wie die aufgesammelten Eier am besten kontrolliert
ausgebrütet werden können. Kevin Grant gibt seine
Erfahrungen an die Kollegen weiter:
"Die Eier kommen direkt aus dem Busch," sagt
Kevin, und er bringe sie in einen besonderen Raum des
Bruthauses, wo sie zunächst mit einem speziellen Gas
gegen Schädlinge an der Eischale behandelt würden.
Danach werden die Straußen-Eier der Wärme eines
Brutapparates ausgesetzt. Die Räume des Bruthauses, das
Kevin Grant in Reichweite seiner Wohnung gebaut hat, sind
blitzsauber, Boden und Wände mit Ölfarbe gestrichen.
Hygiene müsse das oberste Gebot sein, betont der Straußenzüchter.
42 Tage später bekommen die Eier erste Risse und
hier fangen die neuen Erfahrungen an. Kevin sagt, er
bringe die Eier dann sofort in einen anderen Raum, wo die
Kücken sich nun in Körben aus eigener Kraft aus der
Schale befreien sollen. Doch das ginge nicht immer
problemlos ab. "Wie bei Kühen kann es vorkommen, daß
die Jungen verkehrtherum liegen und nicht aus eigener
Kraft das Ei aufbrechen können. Ich habe im vergangenen
Jahr viele Kücken gerettet, weil ich das rechtzeitig
feststellte. Am besten macht man das mit einem starken
Licht, beim Durchleuchten erkennt man die Richtung der
Bewegung und wenn sie gegen den Rand des
Luftsackes gerichtet sind, wenn viel Bewegung da ist für
längere Zeit, ohne daß etwas passiert, dann muß man
das Ei selber aufbrechen."
Drei weitere Stationen der Aufzucht lernen die Besucher
kennen. Steinhäuser mit einem kleinen Auslauf für die
heranwachsenden Kücken, in denen sie ein besonderes
Futter erhalten. Auch das ist noch im
Experimentierstadium. Kevin hat die Saat einer Pflanze
aus Mexico importiert, die wie Unkraut wächst und
besonders nahrhaft sein soll. Später kommt eine ungewöhnliche
Diät hinzu: würfelzuckergroße Steinbröckchen, die die
Strauße liebend gern schlucken als besondere
Mineralienkost. Futterkosten von 150 Dollar pro Jahr und
Tier sollen mit weiteren Experimenten auf 100 Dollar gedrückt
werden. Nebenan hat sich an einem Zaun die Jungtier-Herde
versammelt, neugierig beäugt sie die Menschen-Herde. Es
hat eine Weile gedauert, bis Kevin Grant die geeignete Höhe
und die Art der Umzäunung herausfand Maschendraht
mit Holzlatten am oberen Rand. Zuvor war es gelegentlich
zu Unfällen gekommen, wenn der eine oder andere Strauß
das Gatter übersprang und mit den Klauen im Drahtrand hängen
blieb.
Fachsimpelei zwischen Straußen-Züchtern am Gatter des
großen Buschlandes, in dem Kevin Grant die Herde seiner
Zuchttiere wie in der Wildnis frei laufen läßt. Wie
sammelt er die Eier ein? Zwei Hähne von zwei Meter Größe
mit schwarzem Gefieder und weißen Federn an Flügeln und
Schwanz lugen Kevin über die Schulter, während er von
den Legegwohnheiten ihrer Hennen spricht: Manche bauen
ein Nest, andere legen sie einfach irgendwo in die Gegend.
Zwei schwarze Farmer erkundigen sich, ob die Vögel denn
auch Mais fressen davon haben sie genug auf ihren
Feldern. Gelber Mais ja, ab und zu dazwischengestreut,
antwortet Kevin das Interesse an neuen Ideen ist
auch auf schwarze Bauern übergesprungen. Aber noch ist
es eher ein teures Steckenpferd. Kevin Grant, der bisher
hauptsächlich Tabakanbau und Rinderzucht betrieb, hat in
den vergangenen zwei Jahren 50.000 Dollar in das
Experiment mit der Straußenzucht gesteckt. Ich frage
ihn, wie er denn auf die Idee gekommen sei, ausgerechnet
Strauße zu züchten:
"Ich bin schon immer an Abwechslung in meiner
Produktion interessiert gewesen," antwortet Kevin
da habe er zunächst an Blumenzucht gedacht, aber
das wäre zu teuer gekommen. Sein ganzes Leben lang habe
er Tiere vorgezogen, und viele seiner Freunde im Veterinärdienst
seien mit Krokodil- und Straußen-Projekten beschäftigt.
Einer habe ihm schließlich gesagt, warum versuchst du es
nicht 'mal mit Straußen und so habe alles
angefangen, mit ersten Zuchttieren, die er aus einem
Gehege in Mazowe kaufte vor zwei Jahren.
Für mich sei das doch eine etwas seltsame Idee, diese Vögel
für Fleischproduktion zu züchten, sage ich, mit Straußen
verbinde sich bei mir eher die Vorstellung von Federn und
Mode. Strauße seien in Südafrika seit mehr als hundert
Jahren gezüchtet worden, sagt Kevin Grant und es
habe immer einen Markt für Federn und Leder gegeben.
Aber erst seit wenigen Jahren gebe es auch eine Nachfrage
nach Straußenfleisch. Es sei ein exotisches Fleisch. Wie
es denn schmecke, frage ich. Wie Wild und es sei
sehr fett- und cholesterinarm, es sei nicht weiß wie Hühnerfleisch
und ähnele eher Fleisch vom Rind. "Es gibt da einen
spannenden Markt für Gesundheitsfanatiker, wenn Sie
wissen, was ich meine," lächelt Kevin.
Die 15 Straußen-Vögel in ihrem Auktions-Gatter scheinen
nicht sehr angetan von dieser Idee, und sie wehren sich
kräftig gegen die Vogelfänger, die sich manchen Tritt
verpassen lassen müssen. Aber da hat der ingeniöse
Farmer schon ein neues Gerät erfunden, die stolz
gereckten Hälse zu beugen: Ein U-förmiges Metallteil an
einer langen Stange legt sich um ihr Genick eine Art
Tauziehen entspannt sich zwischen Vogel und Mensch
das Tau ist der lange Straußenhals und am Ende hat jeder
versteigerte Vogel so manche Feder gelassen, aber noch
nicht sein Leben. Bis zur Straußenschlachtung für europäische
Spezialitäten-Restaurants ist es noch eine Weile hin.
Dafür sorgen strikte Einfuhrbestimmungen beispielsweise
der EG und noch nicht ausreichend vorhandene,
regierungskontrollierte Schlachthäuser in Zimbabwe.
Darauf macht Dr. Chambers vom tiermedizinischen Dienst
aufmerksam, obwohl auch er für den Fleisch-Export in
Europa einen potentiellen Markt sieht. Er steht an diesem
Vormittag den Farmern für Auskünfte zur Verfügung.
Gegenwärtig gebe es bei der Europäischen Gemeinschaft
nur einen Entwurf für den Import von Wildfleisch, teilt
er mit, aber schon die Bestimmungen aus dem Jahr 1971
machten strikte veterinär-hygienische Auflagen, über
die die EG-Länder zurzeit noch individuell bestimmen könnten.
Straußenfleisch-Export für Gesundheitsfanatiker in
Europa ist also noch ein Farmer-Traum. Federn und die
schuppige Haut der Unterschenkel für Taschen, Gürtel
und Handschuhe sind derweil gefragt das allerdings
dürfte auch nicht ohne den Tod der Tiere abgehen. Strauße
in freier Wildbahn sind in Zimbabwe durch intensive
Landnutzung dramatisch dezimiert worden. Es scheint
paradox aber durch ihre Vermarktung auf Tierfarmen
erhalten Strauße ähnlich wie Krokodile und die,
einer intensiv betriebenen Hege unterworfenen, Elefanten
Zimbabwes eine Überlebenschance. Staatliche und private
Organisationen verdienen durch den legalen Übersee-Verkauf
von Fleisch, Federn, Leder und Elfenbein das Geld, das es
ihnen ermöglicht, das afrikanische Tiererbe zu pflegen
auch jenes, das in den riesigen Reservaten nichts
zu bieten hat als seine wilde Natürlichkeit für
neugierige Objektive von Touristen auf Foto-Safari.
Die "Vinesi" im Süden Zimbabwes haben aus
dieser Erfahrung gelernt. Ihr Distriktverwalter hat sich
neuen Ideen gegenüber aufgeschlossen gezeigt und er hat
es vermocht, die Menschen aus vier Dörfern davon zu überzeugen,
ihre verstreuten Heimstätten aufzugeben, 140 Familien
sind umgezogen. Das zuvor individuelle Weideland wurde zu
etwa eintausend Hektar zusammengelegt und eingezäunt.
Dort grasen jetzt wilde Tiere, deren Fleisch und Trophäen
also Gehörn und Felle vermarktet werden.
"Diese wilden Tiere sind sehr wichtig in unserer
Tradition," sagt der Distriktverwalter. "Wir
wollen Fauna und Flora wieder herstellen wie zur Zeit
unserer Vorfahren!" Aber er verweist auch auf den
profitablen Aspekt. Ein Löwenfell zum Beispiel bringe
bis zu 900 Zimbabwe-Dollar!
Die wirtschaftlichen Vorteile liegen auf der Hand: Es müssen
keine Zuchttiere angeschafft werden, Antilopen und
Gazellen werfen jedes Jahr Junge während
afrikanische Rinder nur alle zwei Jahre kalben. Die
Wildherden gehen schonender mit dem Weideland um, sind
bessere Futterverwerter und verbrauchen weniger Wasser.
Insgesamt kostet die Anfangsinvestition nur ein Sechstel
verglichen mit der Rinderzucht, und das Fleisch
obwohl nahrhafter kann wegen der geringeren
Haltungskosten billiger verkauft werden!
Es sind solche Initiativen der Landbevölkerung, die
Charlie Hewat und Julie Edwards, die beiden "Rhino-Girls",
meinten, als sie sich abwandten von der weißen
Bevormundung, die sie selber nach ihrer epischen
Fahrradtour durch Europa und Afrika zu spüren bekamen.
Sie haben sich jetzt losgelöst von dem, durch weiße
Arroganz zunehmend isolierten "National Conservation
Trust" in Harare und einen Verein gegründet, der
unkompliziert und direkt solchen Projekten auf die Beine
helfen soll.
"Wir hoffen, daß noch die Kinder unserer Kinder
ihren Platz finden werden in einer Welt mit denselben Schätzen,
die wir heute haben," sagt Charlie Hewat. "Afrika
ist ein besonderer Kontinent! Als wir durch Europa
radelten, fanden wir es so dicht, die Menschen waren so
kalt, vielleicht hängt das ja mit ihrem Wetter zusammen.
Aber in Afrika sind die Menschen so warm und so
freundlich. Vielleicht sollten wir ein bißchen mehr
wissen über das, was der Einzelne tut."
ENDE
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