tazara tazara tazara ...
Gut gesprochen
in Pretoria, vor tausend Studenten
und Mitarbeitern der Universität. Zwei
Monate ist es her, wir hatten gerade
sieben Länder Afrikas besucht: Kamerun,
Namibia, Mosambik, die Seychellen, den
Sudan, Sambia, Liberia und nun
Südafrika ...
|
Mr. Moon hat bis heute
neunhundert Infrastrukturprojekte in
Afrika finanziert und afrikanischen
Staaten zehn Milliarden Dollar Schulden
erlassen. Seine Firmen bauen in Afrika
Staudämme, Telekom-Netzwerke, Hotels,
Flughäfen, Öl-Pipelines, Eisenbahnen.
Mr. Moon versteht nicht, weshalb der
gewöhnliche Afrikaner den gewöhnlichen
Chinesen nicht mag. Den Grund
herauszufinden, ist mein zweiter Auftrag
bei der Fahrt über diese Schienen,
verlegt von Chinesen als Afrikaner sie
noch willkommen hiessen.
tazara tazara tazara ...
Bin ich der da?
Wer da?
Der da!
Oder die da? ...
tazara tazara tazara ...
Ach, Mr. Rockefeller, meine Freundinnen
und ich, wissen Sie, wir sind ja noch
Anfängerinnen im Geschäft wir
kaufen in Dubai ein, meistens preiswerte
Waren aus Asien: Kinderkleidung,
Auto-Ersatzteile, Fernseher, Computer ...
Wir vier haben uns zusammengetan, viermal
im Jahr schaffen wir es, die Kosten für
Flugtickets zusammenzukriegen, und für
den Schiffs-Container aus Dubai nach
Dar-es-Salaam, und für den Transport mit
der TAZARA-Bahn nach Sambia.
Aber jetzt kommen uns diese Chinesen in
die Quere, wollen die Geschäfte selber
machen! ... Haben Sie da eine Idee, so
was wie LAMPEN FÜR
AFRIKA?
Ich meine, Öl hätten wir doch selber in
Afrika?
Und mein Schwager hat selbst erlebt, was
wir zu erwarten haben von den Chinesen
...
Wir
sind uns ziemlich sicher, meine Damen,
daß Mr. Rockefeller für Sie da im Laufe
unserer Reise noch der richtige
Ansprechpartner werden wird. Aus der
frühen Rockefeller-Geschichte haben sich
sogar chinesische Manager manches
abgeguckt
Zur Klärung des Vorfalls, auf den Ihr
Schwager Bezug nahm, bitten wir diesen
doch einfach mal auf unsere
rollende Bühne. Willkommen, Mr. Albert
Mwanaumo! Sie können sich unbefangen
äussern. Wir sind noch nicht auf jenem
Teil der TAZARA-Strecke, wo stählerne
Rolläden heruntergelassen werden, weil
Kinder den Zug mit Steinen bewerfen. Bis
zur Grenze Sambias ist es auch noch ein
Stück. Dort, im Norden, arbeiten Sie in
einer Kupfer-Mine?
Arbeitete! Bis sie auf mich
schossen!
Auf
Sie schossen? Chinesische Manager liessen
auf Sie schiessen?
Und sechs von uns
töteten sie! ... Unser
Bergwerk in Chambishi war nicht mehr
rentabel. Es war eingemottet, bis
Chinesen es 1998 kauften. Die China
Non-Ferrous Metal Mining (Group) Co. ist
eine staatliche Gesellschaft. Sie brachte
viele Jobs und neue Investitionen, das
ist wahr.
Aber bald verboten die neuen chinesischen
Besitzer alle Gewerkschaftsarbeit im
Betrieb. Danach sparten sie an allen
Ecken, auch an Sicherheitsvorkehrungen.
Bei der Explosion eines Sprengstofflagers
der Mine starben vor zwei Jahren mehr als
fünfzig Menschen. Das war das schlimmste
Industrieunglück in der Geschichte
Sambias.
Die chinesischen Manager bekamen es mit
der Angst und zogen einen Schutzzaun um
ihre Wohnanlage, mit Wachtürmen an den
Ecken. Von dort liessen sie auf uns
schiessen, als wir im folgenden Jahr
einen Protestmarsch gegen die
Arbeitsbedingungen organisierten. Auf
mich schoss ein chinesischer
Vorgesetzter. Ich blieb unverletzt, sechs
Kollegen erwischte es ...
Die Chinesen betrachten uns nicht als
Menschen, sie denken, sie haben das
Recht, über uns zu bestimmen.
Chinesische Läden dominieren schon den
Kleinhandel überall in Sambia. Dort
verkaufen sie Ramsch, Ausschussware.
Plastiksandalen fallen nach zwei Wochen
auseinander, Fahrräder nach einem halben
Jahr. Wie Pilze, die nach einer warmen
Regennacht aus afrikanischem Boden
spriessen, so tauchen überall Chinesen
auf. Wie Pilze saugen sie aus, worauf sie
sich festsetzen!
Ich habe mich schlau
gemacht, erfahre von
Gewerkschaftern in anderen Ländern, was
da vor sich geht. Seit Beginn dieses
Jahrhunderts und wir reden von nur
sieben Jahren hat China einen
dramatischen Prozess kapitalistischer
Globalisierung in Gang gesetzt, so
gigantisch wie ihn die Welt noch nicht
erlebt hat.
In den vergangenen sechs Jahren sind die
Handelsbeziehungen zwischen China und
Afrika um das fünffache gestiegen, auf
fünfundfünfzig Milliarden Dollar im
Jahr 2006! China hat Grossbritannien als
drittgrösster Handelspartner Afrikas
überholt, nach den U.S.A. und
Frankreich. ...
Mr. Moon denkt, sechzehn Prozent
industrielles Wachstum pro Jahr sei keine
schlechte Leistung.
Das liesse sich noch steigern ...
$
mit Bauxit aus Äquatorial Guinea
$
mit Uran aus Namibia
$
mit Coltan, Kobalt, Kupfer aus
dem Kongo und aus Sambia
$
mit Holz aus Kamerun, Gabun und
Liberia
$
mit Baumwolle aus Burkina Faso
... |
... und wenn es um das
Arbeitsklima in Mr. Moons afrikanischen
Betrieben geht, was ist da anders als in
seinen Betrieben daheim?
Achtundvierzig Staatschefs aus Afrika
hätten Betriebe in China besichtigen
können. Sie waren da, auf Kosten von Mr.
Moon, im November vergangenen Jahres,
beim Forum on China-African
Cooperation in Beijing. Keiner war
an einer Betriebsbesichtigung
interessiert. Mr. Moon ist daran
interessiert, daß ihn Afrikas Eliten
willkommen heissen. Afrikas Eliten sind
daran interesiert, daß Mr. Moon ihnen
elegante Kleider schneidern lässt
gerne auch aus afrikanischer Baumwolle.
Die Baumwoll-Industrie hatte in
Afrika zwanzig Millionen Jobs geschaffen.
Jetzt ist China der grösste Abnehmer
afrikanischer Baumwolle. In Chinas
gigantischem Textil-Sektor mit absoluten
Niedrigstlöhnen verwandelt sich die
Baumwolle aus Afrika in Kleidung für
Afrika, zu absoluten Niedrigstpreisen.
Die Billigkleider kommen mit Schiffen, in
Flugzeugen ... auf diesen
TAZARA-Schienen. Und meine
Gewerkschaftsfreunde berichten immer
öfter aus Südafrika, aus Nigeria, aus
Mauritius von der Schliessung lokaler
Textilfabriken. In Lesotho, wo die
Herstellung von Kleidung für Europas und
Amerikas Märkte die einzige Industrie
war, ist die chinesische Konkurrenz
katastrophal.
|
Mr. Moon hat kreative
Schneider als Redenschreiber ...
|