http://www.kirchner-raddestorf.de/heimat/regional/regges.htm |
Seit der Bronzezeit war der
Mittelweser-Raum Siedlungsgebiet germanischer
Stämme aus Schleswig-Holstein. Im 4. Jahrhundert
erreichten die Sachsen als letztes Wandervolk
dieses Gebiet. Der Stamm der Sachsen entstand
vermutlich durch den Zusammenschluss mehrerer
germanischer Stämme zu einer Wehrgemeinschaft,
der sie nach der gemeinsamen Waffe, dem
Kurzschwert "Sax" den Namen
"Sachsen" gaben. Die Sachsen besaßen
keinen König, sondern nur in Kriegszeiten einen
Herzog (Heerführer). An der Spitze der einzelnen
Gaue standen Anführer oder Fürsten. Einmal im
Jahr trat mitten in Sachsen eine allgemeine
Versammlung (Allthing) zusammen, um allgemeine
Angelegenheiten, aber auch um über Krieg und
Frieden zu beraten. Themen waren ausserdem das
Verhalten gegenüber den Römern...
|
...das Verhalten gegenüber den Römern,
die bei der Kolonialiserung Europas bis
in die Nähe der Markloher Vorfahren
vorgedrungen waren. Die Markloher haben
den Nazis das Missverständis zu
verdanken, dass ihr Heimatort für jenen
Platz gehalten wurde, an dem die
sächsischen Vorfahren ihren
"Allthing" abzuhalten pflegten.
Auf der Suche nach symbolhaften
Verbindungen zum "germanischen
Erbe" stiessen die
Nationalsozialisten auf die einzige
Quelle für das Stammesleben der Sachsen
im 8.Jahrhundert, auf die "Vita
Lebuini antiqua" des Mönches
Lebuin. Der hatte sich zusammen mit
seinem Gefährten Marchelm bemüht, die
Sachsen zu missionieren.
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http://www.satyroi.de/geschichte.html
Die hierzu
erfolgten Ausführungen Lebuins lauten in der
Übersetzung: |
"Lebuin ging hin und wieder nach Sachsen,
bemüht, Menschen für Christus zu gewinnen und
bekehrte viele zum Glauben an Christus. Er hatte
auch Freunde und Vertraute unter den Vornehmen,
darunter war ein reicher Mann im pagus Sudergo,
namens Folcbraht... Einen König hatten die alten
Sachsen nicht, sondern Statthalter (satrapae) in
den Gauen. Auch war es Sitte, daß sie einmal im
Jahr mitten im Sachsenland eine allgemeine
Versammlung an der Weser bei dem Ort, der Marclo
heißt, abhielten. Dort kamen gewöhnlich alle
Statthalter zusammen, sowie aus den einzelnen
Gauen 12 auserwählte Adlige und ebensoviel Freie
und ebensoviel Liten. Sie erneuerten dort ihre
Gesetze, fanden das Urteil in wichtigen
Rechtsfällen und beschlossen, was sie während
des Jahres an Kriegs- und Fiedensunternehmungen
durchführen wollten, in gemeinsamer
Beratung."...
Die Nationalsozialisten entdeckten
glücklicherweise nicht den richtigen Ort und
verlegten den Thingplatz kurzerhand nach Lohe,
linksseits der Weser. Lohe wurde dann umgetauft
zu Marklohe. Vielleicht war es Glück, das sie
den Platz nicht fanden und für ihre
"völkischen" Versammlungen
mißbrauchten, so behielt der alte sächsische
Thingplatz ganz seinen Reiz.
(Quelle: "Varus starb im Teutoburger
Wald" Rolf Bökemeier)
Den entscheidenden Tip für den vermutlich
richtigen Ort gab später der Heimatforscher
Konrad Wiebking:
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Rechtseits
der Weser, unweit von Loccum, in der
Nähe des Ortes Wasserstraße schüttet
eine Quelle am westlichen Rand des
Clusberges so große Wassermengen, daß
selbst in trockenen Sommern gleich ein
kräftiger Bach entsteht. Rechts von der
heute eingefaßten Quelle stand im
Mittelalter eine Kirche, vermutlich zum
Entheidnischen des Ortes. Die
Kirche wurde später wieder abgetragen.
Die Topographie des Clusberges drängt
geradezu den Eindruck auf, dass sich hier
die sächsische Kultstätte, der
Thingplatz befunden haben muss. Dazu
kommt der strategische Vorteil für einen
Versammlungsort für Tausende von
sächsischen Abgesandten zu Pferde. Wo
sollten sie sich anders treffen als auf
trockenem, sandigen Boden an einer guten
Quelle? |
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Erstaunlich, wie reichhaltig das Internet
historische Informationen über diesen Landstrich
hier an der Mittelweser bereithält, abgerufen
über die fragile Telefonleitung zu unserem
Landhäuschen, auf den letzten Metern sozusagen
von Mast zu Mast hüpfend, während die
Suchmaschine nur Bruchteile von Sekunden
brauchte, um die eingegebenen Stichworte mit
Milliarden gespeicherter Websites abzugleichen.
Diesen Teil der Recherche hätte ich auch von
meinem Computer in Harare aus erfolgreich
durchführen können...
Halt! Bei einem Lernergebnis hat mir das Internet
nicht die ganze Brücke in die Vergangenheit
geliefert, sondern nur einen Baustein:
"Lohe" - im Jahr 1934 umgetauft in
"Marklohe". Ich surfe zurück und finde
im Worldwide Web die Chronik der Markloher
Freilichtbühne.
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http://www.freilichtbuehne-marklohe.de/use-chronik.html |
Unsere
Geschichte
1922 wurde der Jugendbund Lohe
gegründet. Eine Gruppe davon war die
Schauspielergruppe, die mit verschiedenen
Aufführungen in den Loher Gaststätten
den Grundstock für eine lange
Theatertradition in unserem Dorf legte.
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1932 das 10jährige Bestehen sollte
auf einer Naturbühne begangen werden, und so
begann man mit dem Bau der ersten Freilichtbühne
in Lohe. Mit der ersten Aufführung auf dieser
Freilichtbühne verbinden wir die eigentliche
Gründung unseres Vereins, mit dem Ziel die
plattdeutsche Mundart zu pflegen.
1934 bekam der Ort Lohe seinen heutigen
Gemeindenamen Marklohe. So entstand auch der
jetzige Name unseres Vereins Heimatspiele
Marklohe
1937 wurde die Waldbühne in einem kleinen Tal in
Marklohe errichtet, wo wir bis heute unsere
Plattdeutschen Theaterstücke aufführen. Nach
Aussage vieler Besucher zählt sie zu den
schönsten Bühnen weit und breit.
1962 erfreute Lale Andersen als Stargast die
Besucher...
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Die 1929 einsetzende Weltwirtschaftskrise mit
ihrer Massenarbeitslosigkeit und der Verschuldung
der Bauern hatte der
"Nationalsozialistischen Deutschen
Arbeiterpartei", der NSDAP, Wählermassen
zugeführt. Ihr Führer, Adolf Hitler, hatte die
Ziele seiner angestrebten Herrschaft über
Deutschland schon 1925 offen dargelegt, in seinem
Buch "Mein Kampf". Danach mass der
Nationalsozialismus dem als "rassische"
Einheit aufgefassten Volk den höchsten Wert zu.
In der Wertung der Rassen wurde dabei der
nordisch-germanische Mensch an die Spitze
gestellt, der Jude auf den untersten Rang
verwiesen. Am Ende der Entwicklung sollte eine
"höchste Rasse als Herrenvolk" stehen.
Dem deutschen Volk - so Hitler - gebühre der
nötige "Lebensraum", der nur durch
"das Schwert" genommen werden könne.
In der Chronik der Markloher Waldbühne klafft
eine Lücke zwischen ihrer Errichtung im Jahr
1937 bis zum Auftritt von Lale Andersen im Jahr
1962 ("Lilli Marleen"- bei dem
Soldatenlied des Zweiten Weltkrieges bekommen
nicht nur altgediente Lanzer noch heute eine
Gänsehaut. Lale Andersen wurde mit dem Lied ein
Weltstar.)
Ich wende mich wieder dem Internet zu, aber
Suchfragen nach dem Markloher Leben während der
Hitler-Zeit zeitigen nur ein Resultat, die
Auflistung der Ergebnisse eines Wettbewerbs für
Schulen, den 1973 der Hamburger Unternehmer Kurt
A. Körber zusammen mit dem damaligen
Bundespräsidenten Gustav Heinemann angestossen
hatte. Absicht des von der Körber-Stiftung
organisierten Wettbewerbs war es, junge Menschen
zu ermutigen, in der deutschen Geschichte nach
demokratischen Traditionen zu suchen. 1980/81 war
die Aufgabenstellung "Tägliches Leben unter
dem Nationalsozialismus". Den 5. Preis
erhielt die 10. Klasse des Nienburger
Hindenburg-Gymnasiums mit dem Thema "Die
Hitler-Jugend in Nienburg und die
Judenverfolgung".
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https://doczz.com.br/doc/1038183/alltag-im-nationalsozialismus-%E2%80%93-vom-ende-der-weimarer |
In Form fiktiver Tagebuchaufzeichnungen
eines Hitlerjungen und eines BDM-Mädchens
stellen die Schüler die Indoktrination
Jugendlicher und die Diskriminierng und
Verfolgung von Juden dar.
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Das Suchergebnis verweist auf den Tutor der
Arbeit: Theo Weinobst aus Marklohe. Er könnte
jemand sein, denke ich, der mehr weiss als das
Internet. Ich finde eine Telefonnummer im
Ortsverzeichnis und es passiert etwas, das mich
aus dem Worldwide Web in der kleinen Welt meiner
unmittelbaren Nachbarschaft landen lässt, und in
der Tragödie einer hier ansässigen Frau.
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Als
ich nach Theo Weinobst frage, zögert die
Frau am Telefon, unter deren Namen der
Anschluss registriert ist. "Es war
mein Mann," sagt sie schliesslich.
"Er ist 1989 zusammen mit dem
Piloten eines kleinen Flugzeuges in die
Weser gestürzt". Er hatte
Rapsfelder fotografieren wollen...
"Sie blühten so schön
damals," sagt Frau Weinobst.
Und ich höre, wie draussen über dem
Haus ein kleines Sportflugzeug die Kurve
nimmt. Das rote Ziegeldach unseres
Häuschens war schon immer Markierung
für die Sportpiloten, ab hier in einer
engen Rechtskurve das kleine Flugfeld in
Holzbalge anzusteuern. Von dort war Theo
Weinobst zu dem verhängnisvollen Flug
gestartet. |
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Frau Weinobst lässt sich mein Anliegen
erklären und rät, den Doyen der Markloher
Theater-Gruppe anzurufen, Heinrich Dieckhoff. Ich
kenne ihn von der Waldbühne. Ohne das Engagement
seiner Familie gäbe es kein Theater in Marklohe.
In "Pass up de Deern" spielten in
diesem Sommer neben ihm fünf Mitglieder seiner
ausgedehnten Familie, er fungierte ausserdem als
"Spielleiter", und ein weiteres
Familienmitglied hockte im Soufleur-Kabuff.
|
Also weiter ohne
Internet: "Wen wollen Sie sprechen,
den Junior oder den Senior?" fragt
die Frauenstimme. "Den Senior!"
Und da es Mittagszeit ist in Marklohe (in
dieser Gegend steht das Mittagessen um 11
Uhr 30 auf dem Tisch!), kann ich bald mit
dem Senior schnacken.
1934? Im Februar dieses Jahres sei er auf
die Welt gekommen. Nein, dass es die
Nazis waren, die seinen Geburtsort
umgetauft hätten, davon wisse er nichts.
Bei ihm sei in der Geburtsurkunde noch
Lohe eingetragen.
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Drei Orte namens Lohe hätte es in der
Region gegeben. Das hätte bei der Post dauernd
zu Verwechslungen geführt. Lohe, das heisse ja
"Grenze", und dann sei eben
"Mark" zur Unterscheidung dazu gefügt
worden, Mark als Bezeichnung für
"Gemarkung" - "Dorfflur" -
"Gemeindeland". Und während des
Krieges seien die Theateraufführungen
ausgefallen.
Ich telefoniere mit dem Nienburger Stadtarchiv.
Die dort zuständige Frau Berger hört sich mit
wachsendem Interesse die Ergebnisse meiner
bisherigen Recherche-Versuche an und wundert sich
ebenfalls, "dass so wenig über diese Zeit
veröffentlicht ist".
Mars leuchtet in dieser Nacht wieder vom
Südhimmel durch die Terrassentür. Ich stöbere
noch ein bisschen im Internet, und über die neun
Telefonmasten hüpft von der Dolldorfer Brücke
das "Google"-Suchergebnis auf meinen
Laptop, eine Website mit demographischen Daten
des Nienburger Raumes aus den Dreissiger Jahren.
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http://www.literad.de/regional/nienburg.html
Landkreis
Nienburg a. d. Weser
Einwohner Landkreis Nienburg a. d. Weser
64.271 (1933)
66.990 (1939)
Konfessionsstruktur Kreis Nienburg a. d.
Weser 1939
Evangelisch: 96,1 %
Katholisch: 2,4 %
Gottgläubig: 0,9 %
Glaubenslos: 0,1 %
Sonstige: 0,5 %
Jüdische Bevölkerung im Kreis Nienburg
a. d. Weser nach der Volkszählung vom
17. Mai 1939
Juden insgesamt: 68 (davon 25 männlich)
davon Glaubensjuden: 66 (davon 25
männlich)
Jüdische Mischlinge 1. Grades: 10 (davon
5 männlich)
davon Glaubensjuden: 0
Die Reichstagswahlen vom 5. 3. 1933
im Landkreis Nienburg
Wahlbeteiligung 89,8 %
Abgegebene gültige Stimmen insgesamt
38.617
NSDAP 24.798
SPD 7.133
KPD 1.308
Zentrum 136
DNVP (Kampffront Schwarz-weiß-rot) 2.445
DVP - Deutsche Volkspartei 270
Christlich-sozialer Volksdienst 94
Deutsche Bauernpartei 15
Deutsch-Hannoversche Partei 2.226
DDP (Deutsche Staatspartei) 192
Andere Parteien - |
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Subj: Umbenennung Marklohe
Date: 11/13/2003 10:04:08 AM Eastern Standard
Time
From: "Patricia Berger"
<p.berger@nienburg.de>
To: <dolldorf@aol.com>
Sent from the Internet (Details)
Sehr geehrter Herr Schmidt,
im Geschichtlichen Ortsverzeichnis der
Grafschaften Hoya und Diepholz L-Z von Brigitte
Streich, Hannover 1993, ist nachzulesen: "Am
4.4.1934 genehmigte das Preußische
Staatsministerium per Erlaß die Umbenennung
Lohes in M." (S. 398)
Es wird auf folgende Literatur hingewiesen, die
leider weder im Stadtarchiv noch in der
Historischen Bibliothek Nienburg zu finden ist:
J. Prinz, Das Territorium des Bistums Osnabrück
(StudVorarbHistAtlasNds), H. 15, 1934.
Hinweisen möchte ich auf die Möglichkeiten,
hier im Stadt- und Kreisarchiv Nienburg, die
lokale Tageszeitung von 1934 bzw. Unterlagen zur
Gemeinde Marklohe einzusehen. Die Chronik von
Marklohe enthält den Hinweis auf
Protokollbücher des Gemeinderates Marklohe. Hier
empfehle ich, die Samtgemeinde Marklohe
anzusprechen.
Ich hoffe, diese Hinweise helfen ihnen weiter.
Für Rückfragen stehe ich gern zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Patricia Berger, Stadtarchiv Nienburg
Frau Berger vom Nienburger Stadtarchiv hat
angeboten, in ihr zugänglichen Quellen zu
stöbern, z.B. in den Mikrofilmen des
historischen Zeitungsarchivs. Die Nienburger
Lokalzeitung heisst "Die Harke" und
erscheint seit 1871. Am 12.10.2003 lese ich in
der Sonntagsausgabe der "Harke", dass
es im Raum Nienburg offenbar eine wachsende Zahl
von Menschen gibt, die wissen wollen, was damals
passierte. Der Artikel berichtet von einem in der
Region entstehendes Internet-Projekt, das der
Frage nachgehen soll: "Wie war die Diktatur
in Nienburg?"
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http://www.wir-wussten-nichts-davon.de
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Hier erarbeitet
der Heimatverein Haßbergen eine Seite
mit Zeitzeugenberichten über die Jahre
1933 bis 1948 aus dem Landkreis
Nienburg/Weser.
Vorraussichtliche Fertigstellung:
November 2003. Dieses Projekt wird
gefördert von der niedersächsischen
Landeszentrale für politische Bildung,
Hannover. Hier werden Jugendliche und
Erwachsene Original-Tonaufnahmen der
Zeitzeugen hören, umfangreiches
Informations- und Recherchematerial
erhalten und Tipps und Links zu diesem
Thema bekommen.
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Initiatorinnen
sind Sabine Hildebrandt und Hilda
Richers-Kieseritzky. Im Jahr 2000
veröffentlichten beide das Kinderbuch
"Jan und Julias Abenteuer - eine
spannende Zeitreise durch das historische
Nienburg".
Im November 2002 erschien ihr zweites
gemeinsames Jugendbuch: "Wir wussten
nichts davon - Nienburger Zeitzeugen
berichten aus den Jahren 1933 bis
1948", das jetzt Grundlage für das
ungewöhnliche Internet-Projekt ist.
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http://www.sabine-hildebrandt.de/buecher.html |
Wie war das in meiner Familie? Was weiß mein
Opa? Wie hat es meine Großtante erlebt? 23
Zeitzeugen berichten offen und lebendig über die
Jahre 1933 bis 1948 im Landkreis Nienburg. Aber
was hat das mit der Gegenwart zu tun? Felix und
seine Clique suchen nach Ursachen für
Fremdenhass und Rassismus. Durch Zufall entdeckt
Felix das Tagebuch seines Opas aus der Nazi-Zeit.
Er nimmt die Spurensuche auf...
Bei soviel neuen Quellenforschern sollte es
eigentlich möglich sein, bis zum Abschluss
dieses Manuskripts zu klären, ob es sich bei der
Ortsumbenennung Marklohes im Jahr 1934 bloss um
eine postalische Korrektur gehandelt hat.
Wenn am 23. November 2003 der Heimatverein
Haßbergen seine neue Internet-Plattform
vorstellt, werde ich allerdings nur noch als
Surfer im Worldwide Web dabei sein können - an
meinem PC im Studio von Radio Bridge Overseas in
Harare.
Studio- und Ausbildungsbetrieb von Radio Bridge
Overseas in Harare sind seit der EXPO in
Hannnover im Jahr 2000 eingefroren. Bei ihrer
täglichen online-Präsentation von "Stimmen
aus Afrika" während der Weltausstellung
hatte die Radiobrücke vor und nach der
Präsidentenwahl in Simbabwe im Juni jenes Jahres
auch die Stimmen der Opposition nicht ausgespart.
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Das
führte bei den zur EXPO abgestellten
Aufsehern aus Simbabwe zu Irritationen,
sie liessen zuerst immer `mal wieder den
Stecker ziehen, schliesslich kam es zu
einem digitalen Sabotageakt. Eines
Morgens waren alle Inhalte auf dem
RBO-Computer im Simbabwe-Stand der
Afrika-Halle gelöscht, und die Kollegen
in Harare bekamen Besuch von den
heimischen Staatsschützern. Dem
RBO-Gründer wurde signalisiert, seine
Rückreise nach Simbabe bis auf weiteres
aufzuschieben. Als Folge einer
dramatischen Politik- und
Wirtschaftskrise sind in Simbabwe die
Mediengesetze drastisch verschärft, es
gibt keine ausländischen Korrespondenten
mehr, simbabwesche Kollegen sehen sich
schlimmster Pressionen ausgesetzt. |
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http://www.radiobridge.net/www/archive011.html |
...In einem
Wohnviertel der Hauptstadt Harare ist in
der Nacht zum 29.08.02 ein Haus gesprengt
worden, in dem regierungskritische
Radioprogramme produziert worden waren.
Es wurde niemand verletzt, aber die
Produktionseinrichtungen wurden
zerstört. "Voice of the
People" umging das repressive
Mediengesetz des Landes, indem das
Radio-Programm per Internet in die
Niederlande geschickt wurde. Von dort aus
wurde es per Kurzwelle über Sender auf
Madagaskar nach Simbabwe ausgestrahlt...
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Versuche, die Geschichte des Befreiungskampfes
aufzuarbeiten, und damit die Wurzeln der
gegenwärtigen Krise in Simbabwe freizulegen,
erwiesen sich in den 23 Jahren seit Ende des
Krieges dort als ebenso schwierig wie etwa in
Deutschland der Versuch, nach 50 Jahren mit der
"Wehrmachtsausstellung" Fragen nach der
Verantwortung des Militärs für die europaweite
Gewaltherrschaft der Nazis zu stellen.
Aber im Land am Sambesi hat sich mindesten einer
getraut, die Verbindung herzustellen zwischen
Verletzung von Menschenrechten heute und dem
Machtkampf in den eigenen Reihen jener
Befreiungsbewegung, die nach Erreichen der
Unabhängigkeit 1980 die politische Führung in
seiner Heimat übernahm. Wilfried Mhanda war nach
Erreichen der Unabhängigkeit nach Deutschland
gekommen, um sich als Lebensmittelchemiker
ausbilden zu lassen. Er gehört zu den
Kriegsveteranen, die jetzt führenden
Regierungsmitgliedern vorwerfen, sich bei der
Landumverteilung in Simbabwe zu bereichern. Sie
haben sich von der regierenden Zanu PF
abgewendet, um eine eigene Partei zu gründen.
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http://www.hsf.org.za/focus20/focus20interview.html http://www.lrb.co.uk/v23/n04/john2304.htm
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Die Anarchie bei
Farmbesetzungen durch angebliche
ehemalige Freiheitskämpfer führte schon
im Jahr 2000 zur Bildung einer
Organisation von Kriegsveteranen. Sie
nannten die Farmbesetzer
"Feiglinge", die sich von
Freiheitskämpfern zu Unterdrückern
gewandelt hätten. Die Opposition gegen
Mugabe und seine Partei begann während
des Befreiungskampfes als Kämpfer von
ZANU und ZAPU sich zu einer gemeinsamen
Streitmacht vereinigt hatten. Deren
Führer warfen der alten Elite vor,
kriegsmüde zu sein. Sie wollten vor
allem nationale Einheit und nicht einen
Bürgerkrieg wie er nach der
Unabhängigkeit in Angola ausgebrochen
war. Dafür erhielten sie die
Unterstützung der Frontlinien-Staaten;
Präsident Samora Machel erlaubte ihnen,
von Mozambik aus den Kampf um die
Befreiung Rhodesiens weiter zu führen.
Doch in den Camps kam es zu
Streitigkeiten zwischen unterschiedlichen
Fraktionen.
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Wilfrid
Mhanda |
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Wilfrid Mhanda und seine Kameraden aus
der ZANU machten das Fehlen poltischer Führung
dafür verantwortlich. Machel bat sie, zehn Namen
potentieller neuer Füher aufzuschreiben. Ihre
erste Wahl war Robert Mugabe, der in Mozambik
unter Hausarrest gestellt war, weil Machel ihn
beschuldigte, die erforderliche Einigkeit zu
sabotieren. Auf Machels Weisung wurde Mugabe
freigelassen, so wurde er Führer der ZANU und
später Simbabwes.
Die Freiheitskämpfer, die ihn an die Spitze
geholt hatten, waren bald desillusioniert, aber
Mugabe konnte Machel überzeugen, sich seinem Weg
zu Verhandlungen mit dem rhodesischen Regime
anzuschliessen. Ihm wurde erlaubt, all jene in
Haft zu nehmen, denen er vorwarf, ihn stürzen zu
wollen.
Wilfrid Mhanda war einer der leitenden Offiziere
unter Mugabe. Zusammen mit 50 Kommandeuren und
später vielen hundert Soldaten wurde er
verhaftet und unter unmenschlichen Bedingungen in
einer Zelle festgehalten. Die letzten zweieinhalb
Jahre vor Kriegsende war er in einem
Gefangenenlager.
Mit den Worten eines Überlebenden des Holocaust
sagt Mhanda über seine Erfahrung: "Der, der
es nicht erlebt hat, kann es nicht glauben; der,
der es durchgemacht hat, kann es nicht
verstehen." 20 Jahre haben die sogenannten
Dissidenten darauf gewartet, dass die Wahrheit
ans Licht kommt. "Vielleicht hätten wir
vergeben können, ohne zu vergessen. Aber die
Ereignisse des letzten Jahres zwangen uns,
umzudenken," sagt Mhanda. "Er hat das
uns angetan, aber er hat kein Recht, es dem Lande
anzutun."
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"Schritt
fahren!" - "Das geht gar
nicht," sagt Oberstleutnant Reinhard
Egge, und fotografiert das altertümliche
Verkehrszeichen an dem schönen
Sandstein-Torbogen, der aus der
Weser-Renaissance stammt und im Zentrum
des Weilers Drakenburg die Einfahrt zum
alten Gutshof ziert. "Kommt aus der
Zeit als Pferdekutschen von
Benzinkutschen abgelöst wurden."
Und ich erfahre von dem Militärexperten,
dass Pferdefuhrwerke zum letzten Mal
während des Zweiten Weltkriegs eine
entscheidende logistische Rolle gespielt
haben. Allein für den Überfall auf die
Sowjetunion im Juni 1941 standen den
"bespannten Truppen der
Wehrmacht" bei ihrem Aufmarsch im
Osten über 700.000 Pferde zur
Verfügung, insgesamt hatte die Deutsche
Wehrmacht 2,8 Millionen Pferde im
Einsatz. Und der kriegerische Einsatz von
Pferden prägte in dieser norddeutschen
Region schon früher das bäuerliche
Leben.
Wir haben nichts davon geahnt, als unsere
Tochter 1983 mit ihrem Apfelschimmel
"Rocky" an einem
Weihnachtsreiten in der nahegelegenen
Reithalle Bötenberg teilnahm. |
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http://www.mmanuskriptt.de/vortrag/pferdezuchtverein_winsen.htm |
75 Jahre Pferdezuchtverein Winsen
Festvortrag von Martin Teske
Ein Pferd, geeignet für die Truppe,
Kürassiere und Artilleriestangenpferde, auch
mittlerer Karossier mit guten, regelmäßigen und
schaffenden Gängen sowohl in der Trabbewegung
als auch im Galopp. Ein gutes Temperament, guter
Magen. Blut muss mit Masse in richtiger
Verbindung stehen. Die zu vorstehenden Zwecken
weniger geeigneten Pferde müssen in der
Landwirtschaft zu verwenden sein und eine Furche
von 30 Zentimetern ziehen können. Das Pferd muss
bei gefälligen Formen, gutem Hals- und
Schweifansatz eine schräge Schulter und
gutgestellte Beine mit ausdrucksvollen Gelenken
und Sehnen, dabei gute Hufe mit gut entwickelten
gesunden Strahlen haben. In der Schritt- und
Trabbewegung müssen die gleichseitigen Füße
auf Linie gehen. Pferde mit breiten Hüften sind
nicht beliebt, weil solche Pferde schwer zu
ernähren sind. So umschreibt das
Hannoversche Stutbuch von 1888 das Zuchtziel...
Das Deutsche Reich, nach dem Sieg über Napoleon
1871 neu gegründet, ist gerade 17 Jahre alt, und
eine Krise bahnt sich an im Dreikaiserjahr:
Bismarcks Stuhl wackelt, sein Bündnissystem
gerät nach seiner Entlassung ins Wanken, die
Spannungen in Europa verschärfen sich. Das Reich
rüstet auf, und es beginnt die Aufrüstung dort,
wo sie einerseits am wenigsten ins Auge sticht
und andrerseits den größten zeitlichen Vorlauf
braucht in der Pferdezucht. Kanonen sind
schnell geschmiedet, doch die Pferde, die das
neue und immer größer werdende Kriegsgerät
manövrieren sollen, sind so schnell nicht aus
dem Boden zu stampfen...
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Den Oberstleutnant Egge habe ich bei einem Radio
Bremen-Forum zum Thema "Medien und
Konfliktbewältigung" kennengelernt. Der
Organisator hatte darauf bestanden, dass die
eingeladenen Offiziere in Uniform erschienen.
Inwischen sind wir bei zivileren Umgangsformen
angelangt. Reinhard hatte mich zu ein paar
Vorträgen in die Lucius-D.-Clay-Kaserne in
Osterholz-Scharmbeck eingeladen, wo der
"Nachschubschule des Heeres" durch die
"Erweiterung des Aufgabenspektrums der
Streitkräfte und die daraus resultierende
Teilnahme an Auslandseinsätzen seit 1993 eine
wesentliche neue Aufgabe zugewachsen ist: Das
gesamte in der Logistik eingesetzte Führungs-
und Funktionspersonal der jeweiligen
Einsatzkontingente wird in einwöchigen
Lehrgängen umfassend und realitätsnah auf die
Wahrnehmung seiner Aufgaben im Einsatzgebiet
vorbereitet... Bis zu 10.000 Lehrgangsteilnehmer
können derzeit pro Jahr eine Ausbildung
durchlaufen".
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Um
seinen Weg zu unserem Landhäuschen in
Dolldorf zu finden, hatte Reinhard sich
aus der Nachschubschule das Kartenblatt
"Nienburg (Weser) L 3320"
mitgenommen, herausgegeben vom "Amt
für militärisches Geowissen -
1996". Darauf ist sogar unser
Häuschen zu erkennen, mit dem Wanderweg,
der zur Brücke führt. Aber potentielle
Invasionstruppen würden sich auf dem Weg
von Bremen nach Nienburg wahrscheinlich
verirren: Die Bundesstrasse 6 biegt bei
Sudhalenbeck noch Richtung Marklohe-Lemke
ab. Das "Amt für militärisches
Geowissen" hatte 1996 die seinerzeit
schon bestehende B 6-Führung über den
Süd-Ost-Bogen einer neuen Schnellstrasse
noch nicht berücksichtigt. Hoffentlich
sind die Karten auf neuestem Stand, wenn
sich Bundeswehrtruppen in neuen
Einsatzgebieten der Südwelt orientieren
sollen. |
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"Es gibt
sie - die europäischen Spuren in der
Region". Das hatte Reinhard am Rand
eines kopierten Artikels notiert, der aus
dem Bremer Staatsarchiv stammte, und der
uns zu unserem Ausflug in den Weiler
Drakenburg an der Weserschleife
begleitete, etwa fünf Kilometer von der
Dolldorfer Brücke entfernt. 1541 hatte
Karl V., Kaiser des Heiligen Römischen
Reiches, die Freiheitsrechte der Stadt
Bremen bestätigt. Am 19. Februar 1547
erschien das kaiserliche Heer vor den
Mauern der Stadt. Der Rat zu Bremen hatte
sich geweigert, im Religionskonflikt mit
Karl V. dem Schmalkaldischen Bund
abzuschwören. Bis zum 22. Mai
verteidigten sich die Bremer mit Erfolg,
dann zog das kaiserliche Heer nach Süden
ab. Es kam zur Schlacht bei Drakenburg am
23. Mai 1547.
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Bereits
zu Luthers Lebzeiten hatte die neue Lehre
den größten Teil des Deutschen Reiches
erfaßt. Kaiser Karl war ein
stenggläubiger Katholik; er versuchte,
die weitere Ausbreitung der Reformation
zu verhindern und die Einheit der
katholischen Kirche zu erhalten. Da er
sogar mit Waffengewalt drohte,
verbündten sich mehrere deutsche
Fürsten und Städte zum Schutze der
Reformation in dem thüringischen
Städtchen Schmalkalden miteinander. |
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Bereits ein Jahr nach Luthers Tod
gelang es dem Kaiser, die Hauptmacht der
Schmalkaldener mit Hilfe seiner spanischen
Söldner bei Mühlberg / Thüringen zu vernichten
und ihren Führer, den Kurfürsten von Sachsen
gefangen zu nehmen
Bei Drakenburg wurde der
einzige Sieg des Schmalkaldischen Bundes
erfochten. Für die Errettung des lutherischen
Glaubens in Norddeutschland und für die
Zurückdrängung der Gegenreformation hatte der
Tag von Drakenburg eine außerordentliche
Bedeutung.
Aus der Geschichte unserer Heimat,
Hermann Ziegler
Verlag Walter Leseberg, Nienburg/Weser, 1988 - S.
163
Auf eine andere Geschichte aus dieser Heimat
macht mich Willi Rüter bei einem seiner
gelegentlichen Besuche in unserem
Dolldorf-Häuschen aufmerksam. "Weisst du,
dass in Drakenburg die Paket-Bombe erfunden
wurde?" Und er erinnert sich an die
Geschichte des Erich von Halacz aus Drakenburg,
so wie er sie vor über fünfzig Jahren gehört
hatte. Das Internet weiss Einzelheiten.
|
https://www.kreiszeitung.de/lokales/nienburg/nienburg-weser-ort45437/
nienburg-polizeimuseum-praesentiert-umfassende-dokumentation-paketbomben-attentaeter-halacz-4858484.html |
Der Tod kam mit der Post
"Dr. Wolfard durch Attentat getötet",
"Bombenattentate alarmieren
Norddeutschland", "Höllenmaschinen
töteten zwei Menschen" so lauteten
die Schlagzeilen der Tageszeitungen in
Deutschland und im Ausland am Tag nach den
Sprengstoffanschlägen in Bremen und Eystrup.
Heute vor 50 Jahren, am 29. November 1951,
töteten in Paketrollen versteckte Sprengladungen
den Chefredakteur der "Bremer
Nachrichten", Adolf Wolfard, sowie die
18-jährige Postangestellte Margret Grüneklee.
Hinweise aus der Bevölkerung
Eine dritte Paketbombe war an den Verdener
Kraftfutter-Hersteller Anton Höing adressiert
worden. Durch Radiomeldungen gewarnt, alarmierte
Höing allerdings die Kriminalpolizei, nachdem er
Drähte an der Postsendung entdeckt hatte.
Spezialisten öffneten das Paket. Es enthielt 1,5
Kilogramm des hochexplosiven Sprengstoffs
"Donarit".
Zwei Wochen lang hielten die Ermittlungen nach
dem Attentäter die junge Bundesrepublik in Atem,
dann wurde der Mörder nach Hinweisen aus der
Bevölkerung gefasst. In den frühen
Morgenstunden des 12. Dezember 1951 gestand der
22-jährige Gelegenheitsarbeiter Erich von Halacz
aus Drakenburg bei Nienburg den Beamten der
Sonderkommission "S" nach stundenlangen
Verhören, dass er der Absender der tödlichen
Pakete gewesen ist. Sein Motiv war erschreckend
banal: Von Halacz hatte die Morde aus Habgier und
Hass auf Menschen begangen, "die auf der
Sonnenseite des Lebens stehen". Und die
Angehörigen der Opfer wollte er unter Androhung
weiterer Anschläge um jeweils 5000 Mark
erpressen.
"Nur vom Empfänger zu öffnen"
In seinem Umfeld galt der dunkelhaarige Mann mit
den weichen Gesichtszügen zwar als höflich und
redegewandt, aber auch als durchtrieben und
geltungsbedürftig. Der Tag der Anschläge war
der 22. Geburtstag von Halacz'. Er feierte ihn
abends mit seiner Freundin, er soll sehr
fröhlich gewesen sein.
Adolf Wolfard war sofort tot, nachdem er am
Mittag des 29. November in seinem Büro das Paket
mit der Aufschrift "Nur vom Empfänger zu
öffnen" aufgeschnürt hatte. Durch die
Wucht der Explosion wurden Werner Wien,
Feuilletonredakteur der "Bremer
Nachrichten", sowie Wolfards Sekretärin
Helge Emminghaus schwer verletzt. Die Detonation
erschütterte das ganze Gebäude.
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Opfer: Adolf
Wolfhard,
Chefredakteur der "Bremer
Nachrichten",
starb beim Öffnen derPost.
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Täter:
Erich von Halacz (Mitte) wurde
vom Verdener Schwurgericht zu
lebenslanger Haft verurteilt. |
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Einige Stunden zuvor war im Postamt
Eystrup ein Paket explodiert. Margret Grüneklee
wurde in Stücke gerissen, während sie die Post
sortierte, zehn Personen in der Schalterhalle
wurden verletzt. Das Paket, eine etwa 35
Zentimeter lange Papprolle, die eine Flasche mit
einer Schnur im Hals enthielt, war an den Inhaber
der Senf-Fabrik Göbbers in Eystrup adressiert.
Von Halacz gilt als "Erfinder" der
Paketbombe.
Begnadigung am 1. Oktober 1974
Die Attentate lösten in Deutschland eine
Hysterie aus. Viele Menschen brachten ihre Pakete
zur Untersuchung in Polizeistationen,
"Trittbrettfahrer" drohten mit weiteren
Bomben, Landesgrenzen wurden während der
internationalen Großfahndung geschlossen. Auch
der Ruf nach der Todesstrafe wurde wieder laut.
Erich von Halacz, Sohn eines Deutschen und einer
Ungarin, der in Drakenburg bei Pflegeeltern
aufgewachsen war, wurde 1952 vom Verdener
Schwurgericht zu einer lebenslangen
Freiheitsstrafe und zum Verlust der bürgerlichen
Ehrenrechte verurteilt. Am 1. Oktober 1974
begnadigte der niedersächsische
Ministerpräsident Alfred Kubel den inzwischen
44-Jährigen. Im Januar desselben Jahres hatte
von Halacz sich einer schweren Operation
unterzogen, bei der ihm ein tennisballgroßer
Gehirntumor entfernt worden war. Von Halacz sah
nach seiner Begnadigung keinen Grund, seinen
Namen zu ändern. Unter diesem ist er heute
allerdings nicht mehr ausfindig zu machen.
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Eine
Erinnerung und zwei Träume hinter der Brücke in
Dolldorf:
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Im
Kaminzimmer unseres Landhäuschens hängt
an der Wand das Bild einer Freundin, die
wir in Afrika kennenlernten. Reinhild
Mann hat in eine abstrakte Landschaft von
Durchbrüchen einen roten Schirm gemalt.
Daneben steht ein antikes,
schmiedeisernes Gestell, das ich zu einer
Lampe umfunktioniert habe. Am
verstellbaren oberen Arm ist ein
malaysischer Seidenschirm befestigt,
hinter dem man eine Glühbirne
einschalten kann. Den Schirm kauften wir
auf einem Markt in Kuala Lumpur für
unsere Tochter, damals sechs Jahre alt,
mit dabei auf unserer grossen
Südostasien-Reise. Das schmiedeeiserne
Gestell stammt aus Finnland, wo es in
alten Zeiten in einem Bauernhaus auch als
eine Art Lampe diente, aber mit einem
harzigen Holzspan am Arm und einem
gusseisernen Topf an einem Haken
darunter. Die Asche wurde darin
aufgefangen, wenn der Span langsam
abbrannte, und da er dabei kürzer wurde,
konnte man den Arm in drei Stellungen im
tiefer einrasten. |
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So hat es mir die alte Dame erklärt,
als sie mir das gute Stück schenkte. Ich war
damals ein junger Volontär bei Radio Bremens
Chefredakteur Harry Pross, und die alte Dame war
seine Sekretärin. Sie konnte schlecht sehen, an
der Nase hatte sie eine Narbe, manchmal erschien
sie nicht zum Dienst, fühlte sich nicht wohl.
Helge Emminghaus hatte 1951 den Bombenanschlag
des Drakenburger Attentäters bei den
Bremer Nachrichten überlebt. Die
Lampe schenkte sie mir, als sie ihre Wohnung in
einem alten Bauernhaus an der Schwachhauser
Heerstrasse in Bremen verliess. Es musste dem
Neubau eines Wohn-Geschäfts-Komplexes weichen.
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Das niedersächsische Örtchen
Drakenburg als Schauplatz einer interkulturellen
Veranstaltung zum Nordirland-Konflikt, einem
Konflikt - wie es vordergründig scheint -
zwischen Protestanten und Katholiken, der in
unserer Zeit auch mit Sprengstoffanschlägen
ausgetragen wird. Obwohl, heute morgen habe ich
in den Nachrichten gehört, der
Versöhnungsprozess soll wieder in Gang kommen:
Waffen sollen vernichtet, der Gewalt soll
endgültig abgeschworen werden, man will sich
nach neuen Wahlen - in einer gemeinsamen
Verwaltung wieder zusammensetzen.
Die Idee kam mir als ich eines Abends zur alten
Kirche in Drakenburg geradelt bin. In der
wundervollen Akustik des Kirchenraumes lauschte
ich den sakralen Gesängen der originalen
Don-Kosaken, die auf Einladung des Drakenburger
Heimatvereins ein grosses Publikum angezogen
hatten. Gegen 23 Uhr radelte ich zurück, unter
einem Himmel übersät mit den Lichtstreifen von
"shooting stars" - Sternschnuppen. Auf
dem Anrufbeantworter die Nachricht des Freundes
Michael in Bremen: Die Amerikaner haben als
Ausweitung ihres Anti-Terror-Krieges soeben
begonnen, die afghanische Hauptstadt Kabul mit
Raketen anzugreifen.
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Live-CNN-Bilder,
aufgenommen im grünen Licht von
Nachtsichtgeräten, zeigen andere
"shooting stars". |
Friedliche Irland-Kontakte gibt
es schon in der Nachbarschaft
Drakenburgs, fällt mir ein. "Die
Kapellis", eine Musikantengruppe,
die seit 1991 mit irischen Folksongs weit
über die Region hinaus Furore macht, hat
in der "Alten Kappelle zu
Haßbergen ihre Basis. |
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Die
Freilichtbühne in Marklohe als
Schauplatz einer
interkulturellen Komödie.Von
den Kiosken für Grillbratwurst und
Bierausschank zurückgekehrt, erwartet
das Publikum auf den Bänken unter den
Buchen am Hang die Geschichte eines
Jungbauern, der sich seine exotische
Braut aus dem Katalog eines
Internet-Heiratsvermittlers ausgesucht
hat. Aus der Tür unter den gekreuzten
Niedersachsenpferden am Giebel tritt eine
schwarze Frau. Sie kommt aus einem
Krisengebiet in Afrika. Sie hat studiert,
sie hatte keine Zukunft daheim, so
landete sie im Katalog des
Heiratsvermittlers aus Europa. Jetzt
bringt sie Wasser, so wie sie zu Hause im
Dorf ihrer Eltern morgens Wasser holen
würde. |
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Da dröhnt, kaum zu ertragen, das Geheul
von Krieg an ihr Ohr. Regie-Anweisung:
Düsenjäger-Lärm stereophon aus Lautsprechern
rund um die Bänke unter den Buchen! Es sind
aber bloss Jets der Bundesluftwaffe, an deren
tägliche Tiefflüge sich die Menschen hier
gewöhnt haben, ebenso wie an die Tatsache, dass
sonnabends in der ganzen Gegend mittags um zwölf
die Sirenen heulen...
Was passiert weiter in dieser Komödie mit
unserem Jungbauern, seinen Kumpeln und der
afrikanischen Schönheit in der niedersächsische
Tiefebene? Ich bitte um Ideen an:
dolldorf@aol.com
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Von der Weser reise ich bald zurück an
den Sambesi. Ich werde aus gegebenem Anlass als
Journalist im vorübergehenden Ruhestand reisen,
der aus dem Internet gelernt hat, dass schon in
viel früherer Zeit irrationale Bedrohungen
Menschen an der Mittelweser Angst machten, wie
Menschen in ganz ähnlicher Weise heute in
Simbabwe.
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https://www.kloster-loccum.de/pages/kloster/kloster/hexen/index.html |
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Im
Stiftsgebiet Loccum fielen im
17.Jahrhundert 33 Menschen den
Hexenprozessen zum Opfer. Davon 6 aus
Loccum, 3 aus Münchehagen und 9 aus
Wiedensahl. Die Herkunft der anderen
bleibt unbekannt. Die meisten
Verurteilten wurden auf dem
Rosenbraken verbrannt, einem
Flurstück zwischen Klosterforst und
Bundesstraße 441, nachdem man zuvor mit
ihnen die Wasserprobe
durchgeführt hatte. Sie bestand darin,
daß die Angeklagte dreimal in einen
Teich geworfen wurde, zweimal gebunden
und einmal ungebunden. Schwamm sie
jedesmal oben, so galt sie als schuldig
und wurde der Tortur zur Erpressung des
Geständnisses unterzogen.
In der Loccumer Überlieferung gilt der
kleine Teich am Hang oberhalb von
Bachteich und Fulde als sogenannter
Hexenteich, an dem die Wasserproben
vermeintlich stattfanden. Daß diese
Prozedur an irgendeinem Loccumer
Gewässer vorgenommen wurde, ist
aktenkundig, nicht jedoch der Ort. Der
ehemalige Loccumer Konventual -
Studiendirektor und spätere
Landesbischof Horst Hirschler schrieb in
seinem Buch Geschichten aus dem
Kloster Loccum: Die
hochgesteigerte Hexenfurcht des
Mittelalters ist leider zu einem
wesentlichen Teil dem Verhalten der
Offiziellen jener Zeit zuzuschreiben: Der
Kirche, den Landesherren und den
Juristen. |
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Ich bin mir nicht sicher, ob der ehemalige
Loccumer Konventual-Studiendirektor und spätere
Landesbischof Horst Hirschler das Versagen auf
Autoritäten "jener Zeit" hätte
eingrenzen sollen. Aus derselben Quelle im
Internet erfahre ich, wie Autoritäten unserer
Zeit mit Versuchen umgingen, den letzten
Hexenprozess des Loccumer Stiftsgerichtes für
unsere Zeitgenossen aufzuarbeiten. Dieser war auf
Betreiben eines Nachbarn gegen Gese Köllars aus
Wiedensahl angestrengt worden. Nach schrecklicher
Folter endete das Verfahren mit dem Todesurteil,
das am 2.6.1660 vollzogen wurde. In meiner Quelle
heisst es dazu:
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https://de.wikipedia.org/wiki/Gesche_K%C3%B6llers |
Mit dem Namen Gesche Köllars bleibt
einer der letzten Hexenprozesse des Loccumer
Stiftsgerichtes verbunden. Frauen aus
Rehburg-Loccum und Wiedensahl haben 1987 das
Schicksal der Gese Köllars zum Anlaß genommen,
sich mit der Rolle der Frau und den
Hexenverfolgungen auseinanderzusetzen. Dabei
wurde es als besonders positiv bewertet, daß die
Evangelische Heimvolkshochschule in Loccum damals
das Thema aufgriff und sich dieser dunklen Seite
der beginnenden Neuzeit selbstkritisch stellte.
Damals wollte die Loccumer Frauengruppe am
Jahrestag der Anklage gegen Gese Köllars mit der
Erinnerung an sie und ihre Leiden auch ein
Zeichen der Versöhnung setzen.
Die gleiche Absicht verfolgte 1985 die
Frankfurter Künstlerin Eva-Gesine Wegner mit
ihrem Versuch, den kleinen Teich in der Nähe des
neuen Friedhofs als Mittelpunkt einer
Gedenkstätte für die vielen bekannt und
unbekannten getöteten Frauen während der
Hexenverfolgungen zu gestalten. Dort, so war es
die Vorstellung der Künstlerin, könnte die von
ihr als Geschenk angebotene Plastik Die
Segnende stehen. Gegen diesen Wunsch machte
Abt Eduard Lohse erhebliche Bedenken geltend und
teilte der Künstlerin abschließend mit,
daß das Kloster jener Frauen und Männer,
die der Hexenjagd der damaligen Zeit zum Opfer
gefallen sind, auf die einzig mögliche Weise
gedacht hat, nämlich so, daß der Aufsatz von
Herrn Hirschler in den Geschichten aus dem
Kloster Loccum abgedruckt wurde. Was damals
wirklich geschehen ist, welche Zusammenhänge da
bestanden, wie differenziert man von Richtern,
der Dorfbevölkerung und der Sachverständigen
reden muß, das läßt sich nur in einem
sorgfältigen Aufsatz beschreiben, aber nicht mit
einem Denkmal darstellen.
Auch die Vorstellung der Künstlerin, entweder im
kommunalen Bereich oder auf einem anderen
Gelände der Loccumer kirchlichen Einrichtungen
mit einem Denkmal an die Opfer der Loccumer
Hexenverfolgungen erinnern zu können, wurde nach
längeren Diskussionen in den betroffenen Gremien
ablehnend beschieden.
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Was an der Weser vor 400 Jahren passierte,
begegnete mir 1998 in Simbabwe, als eine
afrikanische Kollegin bei ihrer Recherche über
Handel und Wandel am Sambesi erkennen musste,
dass dort viele Menschen noch immer glauben,
ihren Erfolg durch Hexerei manipulieren zu
können.
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http://www.radiobridge.net/www/links/PILOT3.html |
Warum
es Kleinunternehmer in Afrika oft schwer haben
Radio Bridge Overseas / 27.08.98
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Dadirayi Chigoya |
Vater Chirisa:
"Sie werden feststellen, dass in den meisten
Faellen Kenntnisse ueber die Fuehrung eines
Unternehmens nicht an Kinder weitergegeben
werden."
Chigoya:
Ray Chirisa lebt in Norton, einem kleinen
Staedtchen nahe von Zimbabwes Hauptstadt
Harare. Dort macht er Geschaefte mit Papier- und
Metallwaren, mit Moebeln und mit einem
LKW-Transporter.
Die Beziehung zwischen Unternehmern und ihren
Kindern, die er hier beschreibt, gruendet sich
auf Faktoren, die man beruecksichtigen muss, wenn
man Schwierigkeiten bei der Entwicklung eines
unternehmerischen Mittelstandes innerhalb der
Shona-Kultur verstehen will. Shona bilden die
groesste Bevoelkerungsgruppe in Zimbabwe.
Vater Chirisa:
"Es gibt dafuer eine Reihe von Gruenden.
Dazu gehoert die Furcht, dass Kinder zu dicht an
persoenliche Geheimnisse von Erwachsenen
herangefuehrt werden. Traditionell benutzen
Geschaeftsleute in unserer Kultur bestimmte
Gluecksbringer, die ihnen Erfolg bringen sollen;
sie haben mit ganz individuell gepraegten
spirituellen Manipulationen zu tun, die niemals
Kindern offenbart werden."
Chigoya:
Das mag sonderbar klingen, aber Profitmachen in
Zimbabwe ist mehr, als bloss den Verkaufspreis
gegen den Einkaufspreis zu kalkulieren. Es ist
die weitverbreitete Ueberzeugung, dass die
Verwendung eines besonderen Gluecksamuletts den
Umsatz foerdern kann. Und nicht nur
Geschaeftsleute glauben daran, es ist Teil
unseres taeglichen Lebens. Oft werden solche
Gluecksbringer getragen, um zum Beispiel die
Chance zu vergroessern, einen guten Job zu
kriegen. Manchmal jedoch hat dieser spirituelle
Glauben grausame Folgen.
Gerade waehrend ich an dieser Story arbeite,
berichtet der "Herald", Zimbabwes
einzige Tageszeitung, ueber einen Mann, der sich
vor Gericht fuer einen Mordversuch verantworten
muss. Er soll versucht haben, die 11-jaehrige
Tochter seiner Freundin umzubringen. Diese Frau
hatte von einem Geisterheiler etwas erhalten, das
wir "Muti" nennen, eine geheimnisvolle
Mischung aus Rinde, Kraeutern oder anderen
Materialien. Sie war angewiesen, diesen
Gluecksbringer mit dem Blut ihrer Tochter und dem
Samen ihres Freundes zu traenken. Als Ergebnis
wuerde sie an ihrem Arbeitsplatz befoerdert
werden. So grausam und primitiv dies ist, es ist
noetig zu verstehen, dass sich unsere Kultur im
Umbruch befindet. Noch immer ist der Glaube der
meisten Shona in uralten Traditionen verwurzelt,
die sich als Hindernisse auf dem Weg in die
Modernisierung erweisen. Erst wenigen ist es
gelungen, sich davon zu befreien.
Ray Chirisa wuch in einer christlichen Familie
auf. Es gelang ihm, den alten Glauben
abzustreifen. Stattdessen baut er auf harte
Arbeit fuer seinen Erfolg. Und er hat seinen
aeltesten Sohn, William, in die Mechanismen
seines Geschaeftes eingefuehrt.
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Sohn
Chirisa:
"Mein Vater verbirgt nichts vor mir,
er ist mir gegenueber sehr aufrichtig.
Ich muss allerdings gestehen, dass es mir
am ersten Tag etwas komisch war, als er
sagte, komm mit William. Es war
beunruhigend, aber ich habe laengst
erkannt, dass es mir Vorteile
brachte." |
Vater Chirisa:
"Es ist klar, dass man Fertigkeiten
entwickeln muss, nicht nur fuer einen
selbst, sondern auch bei seinen
Nachkommen. Wenn ich mal sterbe, muss
alles weitergemacht werden von jemandem,
der die Probleme kennengelernt hat, der
weiss wie es weitergeht, ohne angeleitet
zu werden von jemandem, der nicht mehr da
ist. Es ist noetig jemanden nahebei zu
haben, der weiss, wo es lang geht."
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Sohn Chirisa:
"Ich glaube, ohne meinen Vater haette ich es
nicht geschafft. Er hat mich angetrieben, Sohn -
das schaffst du! Nur wenige Kumpel haben solche
Eltern wie ich. Er unterstuetzt mich noch immer,
und ich danke ihm dafuer."... (AUSZUG)
Die Furcht vor Hexern in vielen afrikanischen
Gesellschaften (und dort stehen nicht bloss
Frauen im Verdacht), war immer ein Thema, dem ich
bei der Frage "Wie ist es denn so in
Afrika" auszuweichen suchte. Zu einfach
schien mir die Querverbindung zu einem ganzen
Vorurteilskatalog, der sich mit dem Begriff
"Vodoo" beschreiben lässt - Aberglaube
und Chaos. Sogar ich hatte - gelegentlich unter
Freunden - die Wirtschaftspolitik der regierenden
Partei in meiner zweiten Heimat Simbabwe
"Vodoo"-Politik genannt. Eine Hemmung,
die nachliess, als ein befreundeter deutscher
Professor für Politische Ökonomie nichts
dagegen einzuwenden hatte, die Versuche der
deutschen Regierung, Rezession, Arbeitslosigkeit
und Sozialnetz in den Griff zu kriegen, als
"Vodoo" zu charakterisieren - ein
Kommentar übrigens, dem wohl eine Mehrheit
meiner Dolldorfer Nachbarn zustimmen würde.
Die Beschäftigung mit der Loccumer
Hexen-Historie hat mich sensibilisiert für
Hinweise auf Strukturen, die in Afrika - und in
Europa - Hexenjagden begünstigen.
In diesem Zusammenhang soll an jene
Bundestagsabgeordnete der SPD erinnert werden,
die sich im Spätsommer 2003 nicht dem
Fraktionszwang beugten, dem von der Parteispitze
verordneten Reformwerk "Agenda 2010"
ohne Weiteres zuzustimmen. Peter Fuchs schrieb
dazu am 4./5.10.03 in der
"tageszeitung":
Die Bonzen und die Bockigen
...Der innere Reichtum von Parteien, der
sich in Flügeln und Flügeln von Flügeln
ausdrückt, wird massiv eingeschränkt, wenn die
Hierarchie sich als alternativenlos darstellt und
somit - scharf formuliert - mittelalterliches
Format annimmt. Man sieht das sehr gut daran,
dass das, was demokratisch gewünscht und
erwartet wird, als finale Drohung exerziert wird,
deren Diktat dann ein jeder und eine jede
unterworfen wird. Wer gegen uns ist, so kann man
dies paraphrasieren, darf das sein, solange von
ihm keine Gefahr ausgeht, solange er die
Alternativlosigeit des Apparates hin und wieder
links-nett ornamentiert. Ansonsten herrscht der
kalte Realismus des Machterhalts...
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