Während der vergangenen Nacht sind in den
meisten Ländern Europas die Uhren um eine Stunde
zurückgestellt worden - Winterzeit. Ich muss im
Haus sieben Uhren justieren, einschliesslich
jener im Auto und der auf dem Handy. PC und
Laptop haben das in der Nacht selber besorgt. Sie
teilten mir das heute früh mit der Bitte um
Überpüfung mit.
"Ihr habt die Uhren, wir haben die
Zeit". Das hatte die RBO-Praktikantin
Bea Schallenberg bei ihrem Aufenthalt in Simbabwe
notiert... Im Vergleich zu Simbabwe hinke ich im
Haus an der Dolldorfer Brücke jetzt eine Stunde
hinterher. Da sich die biologische Uhr aber nicht
umgestellt hat, bin ich an diesem Sonntagmorgen
eine Stunde zu früh aufgestanden. Das bringt
mich auf die Idee, einen Kurzausflug zu
unternehmen, dessen Ziel zwar nur fünfzehn
Minuten Autofahrt nördlich der Brücke liegt,
das aber - um es mit Leben erfüllt vorzufinden -
eben nur an einem Sonntagvormittag besucht werden
kann.
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Die
Stiftskirche zu Bücken, "St.
Matermiani et St. Nicolai", wurde um
das Jahr 882 durch Erzbischof Rimbert von
Bremen gegründet. Den Kirchengründungen
seines Vorgängers Ansgar fügte er damit
ein weiteres geistliches Zentrum hinzu,
das neben der Missionierung und der
Verwaltung der Diözese möglicherweise
auch als Fluchtstätte vor den Einfällen
der Nomannen diente. |
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Immerhin wurde über
einhundert Jahre nach der Stiftsgründung der
Schatz der Bremer Kirche vor normannischen
Raubzügen in das etwa 50 Kilometer
weseraufwärts gelegene Bücken in Sicherheit
gebracht. Der erste Bau war nur eine Holzkirche,
die erst um 1050 durch einen Steinbau ersetzt
wurde. Bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts
entstand in mehreren Bauabschnitten eine
eingewölbte dreischiffige Basilika mit
Querhauskonchen. Der spätere Doppelturmbau litt
durch die Auflösung des Stifts und seiner Güter
als Folge der Reformation, einer der Türme wurde
sogar abgerissen. Der Architekt Adelbert Hotzen,
der vor anderthalb Jahrunderten zeitweise in
Bücken wohnte, ergriff die Initiative zu einer
umfangreichen Innen- und Aussenrenovierung.
Zwischen 1863 und 1868 erhielt der Kirchenbau
seine heutige Gestalt.
Ich machte hier schon einmal Station, um der
Tochter nach einem Dolldorf-Besuch und auf ihrem
Rückweg zum Architekten-Job in London zu zeigen,
was auf dem flachen Lande einem Künstler
eingefallen ist, als von September 1997 bis
Oktober 1998 die verrottete Kupferbedachung der
beiden Kirchtürme zu erneuern war.
"Pablo"
Holger Hirndorf wurde 1963 im Kirchspiel
geboren. Er studierte Kunstpädagogik an
der Uni Hannover, dann Malerei, 1992
schloss er als Meisterschüler ab. Über
seinen Auftrag schreibt er: |
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"Seitens
des Kirchenvorstandes wurde an mich der Gedanke
herangetragen, die 15 Kreuzwegstationen, den Weg
Jesu von der Verurteilung bis zum Kreuz und seine
Auferstehung, auf Altkupfer vom Kirchenturm
darzustellen..."
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Und Jürgen Claus von der
Universität Hannover notiert im selben
(in der Kirche erhältlichen) Pamphlet:
"Gewaltsam traktierte, von der
Zeit dunkel patinierte Kupferbleche,
welche ehemals die Kirchtürme der alten
Stiftskirche zu Bücken zierten,
präsentieren sich unserem Blick mit
Verfomungen der Oberfläche und mit
Schleif- und Schlagverletzungen, die beim
Aushebeln der Platten aus der
Turmbekleidung entstanden sind.
Witterungsspuren und Spuren der
Zerstörung suggerieren rohe Kraft und
zeigen sich uns unverhohlen
dokumentarisch.
Das ist die eine Seite der
assoziations-reichen Bildtafeln des
Künstlers Holger Hirndorf. Diese Tafeln
werden in ungeahnt eindringlicher Weise
zur Metapher für menschliches Leiden und
damit auch für den Leidensweg Christi...
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... Holger Hirndorf entwickelt
parallel zu den Zufallsspuren einen
faszinierenden Kosmos aus Fantasie- und
Realformen. Grafische Spuren schwirren und
strudeln wie Gestirne durch einen imaginären
Äther, in welchem schemenhaft irdisch Szenerien
erblühen. Ein Schöpfungakt von bildträchtiger
Kraft. Zerstörung wird zur Krönung..."
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http://www.evlka.de/extern/syke/buecken/kreuzwegbildergalerie.html |
Das Gesamtwerk aus 15 Kupfertafeln wird
am Ende etwa 35.000 Euro kosten.
"Der Kreuzweg wird jeweils dann um eine
weitere Station wachsen wenn genügend Geld für
den Erwerb vorhanden ist," lese ich in
dem Pamphlet. "Ihre Spende fördert
einen kulturellen und kirchlichen Zweck und kann
bei der Steuer geltend gemacht werden..."
Seit meinem letzten Besuch sind ein paar Tafeln
an der Nordwand der Kirche hinzugekommen. Als ich
an diesem Sonntagmorgen zum Gottsdienst unter dem
Häuflein der regulären Gemeinde sitze, höre
ich, dass bei der letzten sonntäglichen Kollekte
für Minderheitenkirchen in Südosteuropa etwas
mehr als 26 Euro zusammengekommen sind. Die
betuchten Spender, die den grossartigen
"Kreuzweg" bis hierher finanziert
haben, sind heute morgen wohl nicht da. In die
beiden Samtbeutel an langen Stangen fallen wieder
nur Münzen. Eine der Stangen mit dem Beutel am
Ende wird von einem älteren Herrn durch die
spärlichen Reihen gereicht. Er hatte zuvor zu
diesem 19. Sonntag nach Trinitatis das Zitat aus
dem Evangelium gelesen. ...
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...
eine Aufgabe, fällt mir ein, der ich
möglicherweise ebenfalls hätte
nachkommen müssen - heute in der
"Martin-Luther-Gemeinde" in
Harare, wo Pastor Veller mich mit dem
Charme eines fröhlichen Hirten zu
solchem Dienst in der deutschen Gemeinde
Simbabwes zu vergattern pflegt. Manchmal
flicke ich da auch das defekte Mikrofon
an der Kanzel. |
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Die Stimme des älteren Herrn hier in der Kirche
zu Bücken brauchte eigentlich gar keine
Mikrofon-Verstärkung, er scheint gewohnt, sich
vor grösseren Menschenmengen zu artikulieren.
Die Stimme kenne ich!
Ich schaue mir den Mann genauer an als er mit dem
Kollektenbeutel vorüberwandert.
Er ist es! Ein bisschen kleiner und dünner
vielleicht und ungefähr sechzehn Jahre älter.
1987 hat ihm in Simbabwe meine Frau ihr Billet
für die Kino-Premiere von Sir Richard
Attenborough's Film "Cry Freedom"
abgetreten.
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"Schrei
nach Freiheit" - "Cry
Freedom" - die Geschichte eines
schwarzen Freiheitskämpfers in
Südafrika: Steve Biko, und die
Geschichte eines weissen Journalisten in
Südafrika: Donald Woods.
"Schwarzer, verlaß dich auf deine
eigene Kraft", so heißt ein
Leitsatz des Black Consciousness Movement
im Apartheid-Südafrika der 70er Jahre,
dessen Zentralfigur Steve Biko (Denzel
Washington) ist. Biko steht unter dem
"Bann", d.h. er wird ständig
überwacht, darf sich nicht mit mehr als
einer Person gleichzeitig treffen, darf
weder seinen Wohnbezirk verlassen noch
schreiben und keine Kontakte zur Presse
pflegen. Er ist politisch isoliert.
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Donald Woods (Kevin Kline), wohlhabender
Weißer, schreibt als liberaler Journalist gegen
das Apartheidsystem. Er lernt Biko kennen. Durch
die entstehende Freundschaft radikalisieren sich
seine Ansichten. Biko wird bei dem Versuch, sein
Banngebiet zu verlassen, gefasst und stirbt an
den Verletzungen, die er durch das darauffolgende
"Verhör" erlitten hat. Polizei und
Regierung verständigen sich auf die
"Selbstmordthese". Woods, entsetzt und
verbittert, protestiert öffentlich gegen die
Ermordung seines Freundes. Daraufhin wird er
ebenfalls mit dem Bann belegt. Er durfte nicht
mehr schreiben, keine öffentlichen Gebäude
betreten, keine Veranstaltungen besuchen und er
wurde ständig von der Sicherheitspolizei
überwacht. Mordanschläge auf seine Familie
machten ihm bewusst, dass er keine Chance hatte,
in diesem Land zu überleben. Er beschloss zu
fliehen. Am Silvesterabend 1977 machte er sich,
als Priester verkleidet, das Manuskript zum Buch
über seinen toten Freund in der Reisetasche, auf
den gefährlichen Weg.
Der Film wurde in Simbabwe gedreht. Die Premiere
mit Regisseur Attenborough fand im
Avondale-Kino-Komplex der Hauptstadt Harare
statt, auf dessen Vorplatz kurz zuvor eine Bombe
hochgegangen war, gelegt von Agenten des
südafrikanischen Geheimdienstes. Entsprechend
scharf waren die Sicherheitsvorkehrungen, denn
zur Premiere hatte sich auch Simbabwe's
Regierungschef Robert Mugabe angesagt. Ich
empfahl meinem Gast, seinen Diplomaten-Pass
bereizuhalten, auf dem Billet für die Premiere
stand der Name meiner Frau, nicht seiner:
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Horst-Werner
Franke , Bildungssenator in Bremen,
Präsident der deutschen
Kultusministerkonferenz auf Besuch u.a.
bei deutschen Lehrern, die vom seinerzeit
vorhandenen Lehrerberg in Deutschland zum
Einsatz in's Land am Sambesi geschwemmt
worden waren.
(gestorben am 20.12.2004) |
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Im Internet finde ich den Hinweis auf
einen Vortrag des Bildungsexperten Franke, bei
dem er 1996 - schon im Ruhestand - überraschend
weitsichtig die Diskussion um den Zustand der
Schulen in Deutschland mit den seinerzeit noch
relativ neuen elektronischen Medien verknüpfte.
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http://www.sommeruni.uni-osnabrueck.de/20_stage.htm |
Horst-Werner Franke
Schulen der
Zukunft - zwischen Bildungsauftrag und
Edutainment?
(Vortrag auf der Internationalen
Sommeruniversität Münster-Osnabrück 1996,
gehalten am 10. September 1996 an der
Universität Osnabrück)
...Die Schule, wie wir sie im Augenblick
vorfinden, ist im wesentlichen eine Schule, die
sich, etwas überspitzt formuliert, in den
letzten Jahrhunderten nicht so wesentlich
verändert hat. Seit der Zeit des Mittelalters
steht der Lehrer mit der vor ihm versammelten
Schülerschar im Mittelpunkt des Geschehens. Wenn
ein Lehrer von damals in einer Zeitreise in eine
Schulklasse von heute käme, würde er natürlich
eine ganze Menge von merkwürdigen Dingen
entdecken, die er nicht kennt, aber die
Grundstruktur, wie er mit Schülern umgeht, ist
im wesentlichen gleich geblieben. Das ist auch
die Einschätzung von Bildungsreformern. Allen
Reformansätzen zum Trotz, hat die Schule ein
großes Beharrungsvermögen bewiesen und sich im
wesentlichen in den alten Strukturen, zwar ein
wenig weiterbewegt, aber nicht prinzipiell
geändert.
Eine wirkliche Bildungsreform, die diesen Namen
verdient, könnte man auf eine kurze Formel
bringen: sie zielt darauf, die Schüler nicht zum
Objekt der Bildungsbemühungen, sondern zum
Subjekt zu machen, den Einzelnen also zu einem
wirklich handelnden Subjekt zu befähigen, der
von sich aus agiert, das Notwendige lernt und
etwas Vernünftiges unternimmt. Alle
Reformansätze in dieser Richtung haben leider
bisher keine ausreichende Breitenwirkung erzielen
können. Die Gründe dafür kann man vielleicht
sehr vereinfacht auf den Punkt bringen, daß wir
keine Werkzeuge, keine Mittel zu einer
durchschlagenden Reform in der Weise besessen
haben, die tatsächlich ein neues
Rollenverständnis für Lehrer und Schüler mit
sich gebracht hätte.
Die Situation, daß vor der Klasse oder Gruppe
eine Lehrperson steht und doziert und die anderen
zuhören müssen, ist von den Möglichkeiten her,
über die wir bislang verfügt haben, nicht
radikal aufzubrechen. Allerdings scheint es in
der gegenwärtigen Situation zum ersten Mal in
der Menschheitsgeschichte Ansätze,
Möglichkeiten oder Vehikel zu geben, die eine
völlig neue Unterrichtssituation für die Schule
ermöglichen. Die Einführung der neuen
elektronischen Medien in den Unterricht wird von
den verschiedensten Stellen enthusiastisch
begrüßt und als die Möglichkeit zur radikalen
Umgestaltung von Schule gesehen. Vielleicht leben
wir im Augenblick in so einer Art Zwischenzeit,
in der eine jahrhundertelange Schulentwicklung zu
Ende zu gehen scheint und sich eine völlig neue
Form von Schule abzuzeichnen beginnt. Wenn man
diese neue Form von Schule versucht, visionär
oder utopisch zu beschreiben, dann könnte man
meinen, zunächst einmal große Begeisterung
dafür zu finden. Im Schulalltag sieht das jedoch
in der Regel anders aus.
Wenn Schüler mit den neuen elektronischen Medien
im Unterricht bekanntgemacht werden, dann
geschieht das bei uns im Augenblick in der Regel
dadurch, daß man bestimmte Unterrichtseinheiten
zur Verfügung stellt und sagt, so hier in diesem
Punkte werdet ihr die elektronischen Medien
einmal kennenlernen. Diese Einführung in ein
neues Feld wird dann in der Regel nur als eine
Art Fachunterricht verstanden. Das, was jedoch
eigentlich für die neue Form von Schule gemeint
sein könnte, ist etwas anderes. Es zielt auf
eine völlige Auflösung der bisherigen
Unterrichtsstruktur, eine völlige Abkehr von dem
Prinzip eines geplanten, reglementierten, von
einem Lehrplan und einem Fundamentum bestimmten
Unterrichts. Die Schule von morgen könnte so
aussehen, daß jeder Schüler sich mit Hilfe der
elektronischen Medien seine eigene
Wissensentdeckungsreise selber zusammenstellt...
In gewisser Weise hat es unsere Tochter dem
Bremer Bildungssenator Franke zu verdanken, mit
den Ergebnissen ihrer vierjährigen Schulbildung
in Simbabwe zum Studium der Architektur an der
Technischen Universität Berlin zugelassen worden
zu sein. Dafür musste in Deutschland der im
simbabweschen Cambridge-System erworbene A-Level
als vollgültiges Abitur anerkannt werden.
Zuständig war dafür die Kulturbehörde des
Bundeslandes, in dem Conny vor dem
Afrika-Aufenthalt zur Schule gegangen war -
Bremen. Senator Franke liess seinerzeit für uns
auflisten, welche Fächer im A-Level zu belegen
seien, um dafür in Bremen später die
Anerkennung zu erhalten.
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Die
Universität in Bremen hatte seit
Aufnahme ihres Lehrbetriebs im Jahr 1971
- nie einen offiziellen Namen, nur einen
inoffiziellen, einen Schmähnamen
erfunden in der Gründerzeit von jenen,
denen das Bremer Reformprogramm zu weit
ging: Rote Kaderschmiede. |
Der
ehemalige SPD-Landeschef in Bremen, Detlev
Albers, seinerzeit von Gründungsrektor Thomas
von der Vring an die neue Uni geholt, zeigt gerne
ein altes Pressefoto, das ihn als studentischen
Bannerträger zeigt. Auf dem Transparent steht:
Unter den Talaren der Muff von 1000
Jahren.
Nach
Überwindung der Apartheid standen in
Südafrika auch die Institutionen für
höhere Bildung an einem Kreuzweg. Vor
allem eine, die in ihrem Namen bis heute
die koloniale Vergangenheit konserviert.
Als ich diese Universität anlässlich
eines Seminars zur Anwendung neuer
Medien besuchte, riet mir der Chef
des Publizistik-Departments, vor dem
Eintritt ins Foyer einfach nach rechts zu
sehen ...
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... Er wusste,
dass ich aus Simbabwe, dem ehemaligen
Rhodesien kam. Und links steht die Büste
des Namensgebers der Universität von
Grahamstown: Cecil Rhodes.
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Bei Radio Bridge
Overseas dachten wir, sieben Jahre nach dem Ende
der Apartheid sei es Zeit, Kollegen im
Publizistik-Department der
Rhodes-University zu Grahamstown zu
bitten, eine Zwischenbilanz zu ziehen. Was hatte
sich geändert? Die Recherche-Ergebnisse, die uns
die Kollegen per Internet übermittelten, wurden
im Österreichischen Rundfunk gesendet.
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Radio Bridge
Overseas / 1998
Eine
Universität im Umbruch
Ein Glockenturm in Grahamstown, in der
ersten Hälfte des vergangenen
Jahrhunderts zweitgrösste Stadt im
südlichen Afrika. Mehr als 40 Kirchen im
alten britischen Stil gaben Grahamstown
den Beinamen Stadt der
Heiligen - ein Erbe der weissen
Siedler. Deren Ankunft löste allerdings
unheilige Konflikte aus.
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http://www.ru.ac.za
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Am
22. April 1819 stürmten 9.000 Xosa-Krieger von
den Bergen herab gegen das Fort von Grahamstown.
350 weisse Soldaten hielten Stand, 1.000 Tote
blieben im Tal, als sich die Xosa in die Berge
zurückzogen.
Fünf Jahre zuvor war im Schatten der
Militär-Barracken die erste Schule für Kinder
der weissen Siedler eröffnet worden. 184 Jahre
später gehören Grahamtowns
Bildungseinrichtungen zu den besten Südafrikas,
mit dem Campus der Rhodes-Universität im
Mittelpunkt unseres Interesse: Was passiert im
Jahr 1998 an diesem Institut höherer Bildung,
das nach wie vor den Namen von Cecil John Rhodes
trägt, des Mannes, der mit seinem imperialen
Unternehmer-Drang weite Teile des südlichen
Afrika unter weisse Vorherrschaft brachte?
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Vasco Ndebele
studiert an der Rhodes Universität.
Er sagt: Der Hauptgrund weshalb
eine Mehrheit von Studenten hier bei der
Rhodes Universität keine Chance hat,
aufgenommen zu werden, sind die
steigenden Studiengebühren.
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Zweitens ist da eine Bestrebung, die
Institution grundsätzlich innerhalb englischer
Traditionen zu halten. Ich glaube, sie ist eine
der letzten Bastionen weisser Vormachtansprüche
in unserem Land. Die Verwaltung wird alles tun,
um sie so weiss wie möglich zu belassen, mit ein
paar Schwarzen, die man hereinlässt, aber unter
Beibehaltung von Werten einer weissen, englischen
Universität. Ndebele ist Vorsitzender des
schwarzen südafrikanischen Studenten-Kongresses.
Sein direkter Kontrahent in dieser Diskussion
wäre der Kanzler der Universität, Professor
David Woods. Der sagt in einem separaten
Interview:
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Wir
sind keine traditionelle, klassische,
irgendwie abgehobene oder elitäre
Universität. Wir versuchen, Schritt zu
halten mit dem, was in der Gesellschaft
passiert, und wir betreiben einige
Projekte innerhalb der Gemeinschaft, in
der wir angesiedelt sind. |
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Zur selben Zeit bleibt aber Herzstück
unseres Geschäfts die Ausbildung unserer
Studenten, und das bedarf eines hohen
akademischen Niveaus, wir sind eben kein
allgemein bildendes College innerhalb dieser
Gemeinschaft hier. Wir können uns an
Gemeinschaftsarbeit beteiligen, gewiss, aber
unsere akademische Arbeit benötigt einen
bestimmten Standard formaler Bildung bei jenen,
die zu uns kommen. Es wäre eine Verschwendung
von Ressourcen, wenn wir plötzlich damit
aufhörten und uns ganz auf weniger
anspruchsvolles Training beschränkten. Wir tun
das auch, und ich denke, wir können eine Menge
dabei lernen, das ist Teil der Transformation.
Aber das heisst nicht, dass wir unsere
Hauptaufgabe umwandeln.
Armut und schlechter Bildungsstand auf der einen
Seite, die Notwendigkeit, einen hohen
akademischen Standard zu erhalten, auf der
anderen. Wie kann das zusammengehen? Lynnet
Steenveld vom Department für Publizistik, leitet
die Aktionsgruppe, die Vorschläge zur
Transformierung der Rhodes Universität
erarbeiten soll: Aus meiner eigenen Sicht
müssen wir auch über die Klassenfrage, nicht
bloss über die Farbenfrage reden. Sehen wir uns
zum Beispiel die Universität an, gewiss, wir
haben mehr schwarze Studenten als früher, aber
sie kommen meistens von privaten Schulen. Was
passiert mit denen aus den Townships?
Und Vasco Ndebele, der schwarze Studentführer
sagt: Es ist schockierend, wenn man sich
die Statistik anschaut. Die Rhodes Universität
ist in Grahamstown und das liegt in der
östlichen Kap-Provinz, aber da kommen nur 30%
der Studenten her. Und aus der unmittelbaren
Umgebung? Ich bezweifle, dass es 2% sind.
Mehr schwarze Jugendliche brauchen ein besseres
Bildungsniveau, um sich in grösserer Zahl für
die Universität zu qualifizieren. Das ist eine
Aufgabe, für die nicht die Universität
zuständig sein kann, dafür ist eine
Umorientierung des nationalen Bildungssystems
unterhalb der Universität erforderlich. Wie aber
steht es mit einer Öffnung des
Universitäts-Lehrkörpers für schwarze
Akademiker? Professor Woods sagt: Wenn man
sich anschaut, was beim akademischen Lehrpersonal
passiert, dann bewegt sich da nur langsam
was. Im Vergleich zu neuen
Aufstiegsmöglichkeiten für Schwarze in der
Industrie und in der Regierung sind die Gehälter
nicht wettbewerbsfähig. Junge Schwarze drängen
sich deshalb nicht in akademische Jobs. Um dem zu
begegnen, ist es mir gelungen, eine Million
Dollar von der Mellon-Stiftung in den USA zu
kriegen, für ein Programm, mit dem wir den
eigenen Nachwuchs fördern wollen. Das sind gute
Stipendien für schwarze Studenten, die damit
ihren Doktor machen können, und wir hoffen, dass
diese jungen Leute auf den Geschmack kommen und
entweder bei Rhodes bleiben, oder an eine andere
Universität gehen. Wir wissen also durchaus, was
getan werden muss, aber es ist sicherlich ein
langer Prozess.
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Der Chef des
Publizistik-Departments an der Rhodes
Universität, Professor Guy Berger,
führt eine Idee ein, die eigentlich gar
kein Geld kosten würde. Ich
glaube, Transformation kann nicht bloss
heissen, andere Leute hereinzubringen, es
bedeutet auch, jene zu verändern, die
schon hier sind.
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Sie haben mit ihren Fähigkeiten etwas
beizutragen. Sie müssen herausfinden, wo ihre
bisherigen Beschränkungen lagen, denn es hat
einen eingeschränkt, wenn man als Weisser in
Südafrika aufgewachsen ist. Wahrscheinlich hat
man nicht gelernt, eine afrikanische Sprache zu
sprechen, aber ein Verständnis mag vorhanden
sein. Ich denke nicht, bloss weil Afrikaner die
Mehrheit bilden, dass Weisse beim Lehren keine
Rolle mehr zu spielen haben. Obwohl, es wird
schwer sein, die hier sind so umzuformen, dass
sie für die Mehrheit relevant sind.
Eine Glocke von den vielen Kirchtürmen in
Grahamstown läutet immer. Es mag sein, dass
trotz aller Schwierigkeiten mit der
Transformation an der Rhodes Universität für
lernbereite weisse Akademiker noch nicht das
letzte Stündlein geschlagen hat, für mehr und
mehr Schwarze aber eine neue Zeit eingeläutet
wird.
Die Rhodes-Universität in Grahamstown /
Südafrika feierte 2004 ihr hundertjähriges
Bestehen, sie wirbt mit dem Slogan "Wo
Führer lernen".
Die Universität Bremen bezeichnet sich als das
"Wissenschaftszentrum im Nordwesten
Deutschlands".
Sie ist Forschungsstätte für 1.427
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler,
Studienplatz für ca. 19.000 Studierende, viele
von ihnen kommen aus der Südwelt.
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Und es ist
geruhsamer geworden auf ihrem Gelände.
Bei einer Studentendemo in den frühen
Achtzigern kroch ein Vierjähriger auf
den Senator zu, und der studentische
Vater schrie: "Beiss ihn ins
Bein!" Im Winterstreikjahr 1989/90
fiel auf den Bremer Kultursenator Franke
bei einem Auftritt an der Uni bloss noch
mildes Konfetti.
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Sechzehn Jahre nach unserer Begegnung in
Harare treffe ich den Ex-Senator, der sich von
Freunden gerne "Thomas" - der
Ungläubige (!) - nennen lässt, zufällig wieder
beim Dienst in einer niedersächsischen
Kirchengemeinde, wo er aus dem Evangelium liest,
mit dem Klingelbeutel die Kollekte einsammelt und
am Abendmahl teilnimmt.
(Ein
knappes Jahr nach dieser Begegnung starb
Horst-Werner Franke)
1989, so erzählt er mir, hätten seine Frau und
er das alte Schulhaus in Windhorst im Kirchspiel
Bücken gekauft. Seit er sich von dort immer 'mal
wieder mit aufmüpfigen Zwischenrufen äusserte,
...
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...
zum Beispiel in der
"tageszeitung" zu finanz- und
bildungspolitischen Fragen, gilt Franke
in Bremer SPD-Kreisen als
"Abtrünniger". |
Nach
Ende des Gottesdienstes erinnern wir uns an
Stationen unserer Begegnungen hier oben im Norden
(später davon mehr) und unten im Süden. Dort
hatte er den Film-Regisseur Sir Richard
Attenborough persönlich kennengelernt, den
Regierungschef Mugabe nur kurz inmitten eines
Kordons aus Sicherheitsleuten, später allerdings
etwas näher bei einer pompösen Hochzeitsfeier
in der Mugabe-Familie. Mugabes Rolle als
Verantwortlicher für die Massaker seiner Armee
unter dem Stamm der Ndebele im Matabeleland (nach
Erreichen der Unabhängigkeit im Jahr 1980 !) -
war im Jahr 1987 für Staatsbesucher aus der
Nordwelt kein Thema: Robert Gabriel Mugabe,
damals noch Premierminister, hatte es gerade
geschafft, seinen alten Widersacher, Joshua
Nkomo, den Führer der Ndebele-Partei ZAPU, ins
Lager der von seinem Stamm, den Shona
beherrschten Regierungspartei, der ZANU/PF, zu
ziehen.
Attenboroughs Film "Cry Freedom"
enthält eine Szene, die heute, im Jahr 2003,
eine für simbabwesche Journalisten bittere
Bedeutung hat: Als der Journalist Donald Woods
auf seiner Flucht aus Südafrika den
Hochkommissar der britischen Krone in Salisbury,
der Hauptstadt des benachbarten Rhodesien (heute:
Harare in Simbabwe), beim Fünfuhrtee stört,
weil er der drohenden Auslieferung nach
Südafrika mit einem Asylantrag in
Großbritannien zuvorkommen will, ist dessen
Antwort: "Aber natürlich, gerne
doch!". Während Donald Woods nach 13 Jahren
Exil 1990 in ein Apartheid-freies Südafrika
zurückkehren konnte (bevor er im August 2001 an
Krebs starb), befindet sich die Elite
simbabwescher Journalisten heute im Exil, in
Südafrika, in den USA oder in Grossbritannien.
|
Ein Teil der Arbeit von Menschen, die
sich bei der Martin-Luther-Kirche in
Harare engagieren, widmet sich
zwangsläufig den Folgen von
Misswirtschaft und der staatlichen
Zwangsmassnahmen, die das Land seit
Anfang der neunziger Jahre zu einem
Armenhaus gemacht hat.
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Lebensmittel werden gesammelt und
verteilt, bei wöchentlichen Armenspeisungen auf
dem Grundstück der Kirche, das übrigens gleich
um die Ecke des überfüllten Gefängnisses
liegt, oder in einem wuchernden Lager für
Squatter ausserhalb der Stadtgrenze, letzte
Zuflucht für Familien vieler tausend
Landarbeiter, die nach der Enteignung weisser
Farmer ihre Wurzeln verloren haben. Sie können
nicht dahin zurück, wo einst die Vorfahren
lebten. Dort wären sie jetzt Fremde. Und ein
strenger Glaubenskodex, der alte Traditionen
beschwört und Ängste befördert, lässt in
Simbabwe, im - wörtlich übrsetzt - Haus aus
Stein, Eigeninitiativen oft scheitern.
Im Volksglauben, nicht nur im deutschen, ist der
Kreuzweg auch der Aufenthaltsort von Geistern und
Hexen. Für Radio Bridge Overseas hat der
simbabwesche Kollege George Msumba einen solchen
Kreuzweg besucht, und es ist ihm - aus
authentischer afrikanischer Sicht - das
ungewöhnliche Porträt von Menschen in einem
Landstrich weit weg von Harare gelungen, an deren
Bekenntnis ich dachte, als der Pastor in der
Stiftskirche zu Bücken die Gemeinde aufforderte,
ihr Glaubensbekenntnis zu sprechen.
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http://www.radiobridge.net/rborunterladen.html |
Radio Bridge Overseas
Der heilige
Berg von Chikupo
George Msumba
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George:
Händeklatschen ist ein Ritual, um Respekt
gegenüber den Geistern der Vorfahren meines
Volkes auszudrücken, den Shona in Simbabwe,
einem Land im südlichen Afrika. Gewöhnlich ist
dies mit förmlichen Fragen nach Rat und
Erlaubnis der Geister der Gegend verbunden, in
der man eingetroffen ist. Selbst in der Stadt, in
der ich wohne, ist es üblich, dass man zur
Begrüssung in die Hände klatscht. Aber hier,
fern der Hauptstadt, in Chikupo, hat es noch eine
besondere Bedeutung. Von dieser Gegend waren mir
Geschichten von einem Berg zu Ohren gekommen, auf
dem es brennt, wenn Regen bevorsteht, von einem
Berg, der sprechen kann, von einem Berg, der
einen von der Erdoberfläche verschwinden lässt,
wenn du ein falschs Wort verlauten lässt. Meine
Mission bestand darin, den Mythos dieses Berges
zu verstehen. An seinem Fuss traf ich Elias
Muchapondwa, der eng im Glauben der Menschen hier
verwurzelt ist. Er lud mich in den Schatten eines
Baumes unterhalb des Berges.
Elias:
Während der Regenzeit hat der Berg gebrannt,
obwohl ein Nieselregen niederging. Das Feuer
konnte dadurch nicht gelöscht werden. Man hat
nur die übermächtigen Flammen gesehen, die ohne
Unterlass gezüngelt haben. Zur selben Zeit hat
es geregnet. Das war ein Zeichen, dass in diesem
Jahr eine riesige Bohnenernte bevorstehen wird.
|
|
|
George:
Der Berg ist ein riesiger, nahezu kahler
Granitbuckel, an dessen Ränder sich
verstreut einige Bäume befinden. In
Simbabwe gibt es viele solcher Berge, die
als heilig angesehen werden. Wie Elias
mir erzählte, seien die Ureinwohner
dieser Gegend in Höhlen des Berges
begraben worden. |
|
Elias:
Es sind deren Seelen, die all diese Dinge
bewirken, die im Umkreis dieses Berges geschehen.
George:
Ich selbst fühlte mich wie ein Aussenseiter in
der Erzählung über meine Vergangenheit. In der
Schule wurde mir gelehrt, dass es für jedes
Problem eine wissenschaftliche Begründung gibt.
Meine traditionelle Vergangenheit lässt hingegen
Freiraum für unerklärte und unnatürliche
Ereignisse im Leben der Menschen. Gab es
vielleicht noch andere Zeichen für die
übernatürlichen Kräfte des Berges?
Elias:
Zum Sonnenuntergang konnte man das Muhen der
Kühe und die Gespräche von Personen hören, die
unsichtbar waren. Wir konnten ihre Gespräche
verstehen, sie zu sehen, war allerdings
unmöglich.
George:
Die Idee von Tönen ohne Quelle war für mich
kaum fassbar. Aus diesem Grund bat ich Elias, mir
dieses Phänomen zu erklären.
Elias:
Unsere Vorfahren nannten solche Stimmen
Madzimuzagara. Heute kann ein Radio mit einem
Sender verknüpft werden, der weit entfernt ist.
Und man kann hier hören, was Leute dort
sprechen. Kann man sie sehen? Nein. Ich kann sie
nicht sehen. Wenn man die Musik dort spielt, dann
können wir hier danach tanzen. Und genau auf
diese Weise können die Stimmen unserer Vorfahren
an unsere Ohren dringen. Jeder kann die Stimmen
hören.
George:
Um den Glauben an die Geister zu verstehen, der
eigentlich mein eigener Glaube sein sollte, war
es für mich wichtig, zu den Grundüberzeugungen
unserer Religion zurückzugehen. Danach bleibt
die Seele eines Verstorbenen unter den Lebenden.
Seine Seele findet eine Person, die sein
geistiges Zentrum wird. Durch dieses Medium
können die Hinterbliebenen mit dem Verstorbenen
kommunizieren. Der Tote wird dann Kontakt
zwischen den Lebenden und Mwari aufnehmen, so
heist unser Gott. Im Fall des heiligen Berges
funktioniert das so: Mwari sendet seine
Mitteilungen zu den Bewohnern von Chikupo über
die Seelen der Verstorbenen. Die Geister sind der
Grund für die übernatürlichen Ereignisse, die
an dem Berg zu beobachten sind.
Elias:
Mwari möchte einzig und allein nur die Wahrheit.
Die Welt würde viel besser sein, wenn jeder das
wüsste. Autos und Paläste verändern die
Menschen nicht zum Guten. Mwari möchte eine
heilige Person, die gute Taten vollbringt, die
nicht durch das Blut eines anderen Menschen
beschmutzt wurden.
George:
Dieser Glaube türmte sich vor mir auf wie
Nyaumbwe, der heilige Berg. Noch einmal warf ich
einen Blick zu dem Granitfelsen, verfügt er
tatsächlich über aussergewöhnliche Kräfte?
Elias:
Unsere Stärke, die Stärke des schwarzen Mannes,
ruht in den Geistern unserer Ahnen. Als die
Weissen kamen, mussten sie feststellen, dass die
Quelle unserer Kräfte in unserem Gott liegt. Sie
hatten ihren eigenen Gott, einen Gott, den wir
nicht kannten, einen Gott, der im Himmel lebt.
Unser Gott war niemals weit entfernt.
George:
Die Beschreibungen von Elias erweckten bei mir
den Eindruck, dass der Berg seine Kräfte
verloren habe. Dann erzählte er mir allerdings
eine Geschichte über zwei Söhne und einen
Neffen. Seine Söhne, so berichtete er, waren auf
dem Weg zum Gipfel, um Vogeleier zu sammeln. Der
Neffe entschied sich kurzerhand, ihnen zu folgen,
ohne jedoch die notwendigen Rituale vollführt zu
haben.
Elias:
Als meine zwei Söhne auf dem Weg ins Tal waren,
hatte mein Neffe sie als Gespenster gesehen. Vom
Rande des Berges stürzte er ab und verletzte
sich so sehr, dass wir ihn ins Krankenhaus
bringen mussten. Später hatte ich ihn gefragt,
was hast du auf einem Berg zu suchen, über den
du nichts weisst?
George:
War der Sturz vom Gipfel durch die Kraft des
Berges verursacht? Die Begenung mit den Menschen
von Chikupo ging ihrem Ende entgegen. Wenig
später befand ich mich auf der Fahrt zurück zur
Stadt. Da war der Granitdom, mächtig und
schweigend. Die Distanz zwischen ihm und mir
wuchs wie die Kluft zwischen traditionellem
Denken und modernem westlichem Leben. Zurück
bleibt das Dilemma afrikanischer Menschen, sich
und ihre Spiritualität neu zu definieren.
Elias:
Du musst an unsere Tradition glauben, um diese
Dinge verstehen zu können - du musst daran
glauben!
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