"... Fritz Bauer, der Initiator des Auschwitz-Prozesses, ist von den Nazis nicht in erster Linie verfolgt worden, weil er einer assimilierten jüdischen Familie entstammte. Er wurde auch nicht als Homosexueller verfolgt. Es gibt keinen Beweis für seine ihm angedichtete Homosexualität. Fritz Bauer selbst hat sich nie entsprechend geoutet. Verfolgt und als Richter aus dem Staatsdienst entlassen wurde er von den Nazis wegen seiner politischen Betätigung als Sozialdemokrat. Das geht eindeutig aus der Begründung des Stuttgarter Justizministeriumvom 24. Mai 1933 hervor. Die Geschichte von der angeblichen Homosexualität hat Ronen Steinke mit seiner Biographie über Fritz Bauer in die Welt gesetzt, ein Mann, der es mit der journalistischen Pflicht zur Wahrheit nicht so genau nimmt, wie ich ihm mehrfach unwidersprochen nachgewiesen habe.

Welche Rolle Fritz Bauer neben der Verfolgung von NS-Verbrechen außerdem gespielt hat, wird in der Regel verschwiegen. Sein Kampf gegen die Notstandsgesetze zum Beispiel und sein Versuch, Hans Globke wegen seines Kommentars zu den Rassegesetzen der Nazis zu belangen, werden unterschlagen. Der politische Mensch Fritz Bauer war vielen ein Dorn im Auge. Heute loben alle seine Verdienste bei der Aufarbeitung der Nazivergangenenheit - als Vorbild soll er den Deutschen aber nicht gelten. Seine Absage an blinden Gehorsam gegenüber staatlicher Gewalt war wohl vielen Leuten suspekt. Dass Fritz Bauer in diesem Film zu einer Randfigur gemacht wird, passt in die seit Jahren betriebene Demontage des hessischen Generalstaatsanwalts als historische Gestalt.
Noch eines zum Schluss - der Auschwitz-Prozess war nicht das erste Verfahren, in dem sich die deutsche Justiz mit den Gräueltaten der Nationalsozialisten auseinandersetzt hat. Davor gab es bereits die Ulmer Einsatzkommando-Prozesse, die mit relativ hohen Strafen endeten, und andere Verfahren. Falsch ist auch die Behauptung, Fritz Bauer habe zweimal aus einem Lager fliehen können. Er war 1933 für einige Monate in Schutzhaft und wurde, wie damals vielfach geschehen, unter Auflagen entlassen."


Kurt Nelhiebel, 09.11.2014

 
NELHIEBELS WELT: DIE HEIMAT-BRÜCKE — STIMMEN AUS DER VERGANGENHEIT FÜR OHREN VON HEUTE
Audio-Collage aus dem Lebenswerk Kurt Nelhiebels, des Bremer Kultur- und Friedenspreisträgers 2014
 
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