Zum Tod von Ali Mazrui – oder:
Warum afrikanische Akademiker oft nicht heimkehren
 
von Klaus von Freyhold / Bremen
 
Das Spannungsverhältnis zwischen individueller Freiheit zu wählen, wo man leben und arbeiten möchte und den Ansprüchen einer Entwicklungsgesellschaft an ihre von ihr ausgebildeten Fachkräfte im Land zu bleiben und ihre Ausbildung der Gesellschaft zur Verfügung zu stellen, wurde kürzlich (06.11.) auch in der Podiumdiskussion im Institut français thematisiert.

Der anwesende senegalesische Botschaftsrat, auf das Thema angesprochen, versuchte es dadurch zu entschärfen, daß er ganz allgemein von einer wie auch immer gearteten Zirkulation der Fachkräfte sprach. Anwesende Afrikaner hielten dem Botschaftsrat vor, daß ohne eine entsprechende „Willkommenskultur“ eine Rückkehr ins Heimatland sehr ungewiss sei. Unter welchen Bedingungen etwaige Rückkehrer zurückkehren würden, darüber wurde nicht weiter gesprochen. Sollten diese Bedingungen denen einer industrialisierten Gesellschaft entsprechen mit Bereithaltung von Arbeitsplätzen und den materiellenVorzügen westlicher Zivilisation? Oder wird auch noch anderes von potentiellen Rückkehrern als Lockmittel gewünscht?

Ein Isaac Mwangi macht sich in einem Kommentar in der East African News Agency so seine Gedanken zu diesem Thema. In seinem Kommentar bezieht er sich auf die akademische Lebensgeschichte des kürzlich in den USA verstorbenen Kenianers Prof. Dr. Ali Mazrui. (Ich lege den in der taz abgedruckten Nachruf von Dominic Johnson bei). Prof. Mazrui war Professor für die Neuere Politische Geschichte Afrikas. Studiert hat er in Oxford. Von dort ging er nach dem damals berühmten Makerere University College (Uganda), wo ich ihn 1967 als Head of Department of Political Science und als Dekan der Sozialwissenschaftlichen Fakultät kennengelernt habe. 1973 wurde er von dem Diktator Idi Amin ins Exil in die USA vertrieben. Sein weiteres akademisches Leben hat er dort verbracht, 30 Bücher hat er in dieser Zeit verfaßt. Ich habe einige Passagen (des Kommentars von Isaac Mwangi) grob ins Deutsche übersetzt:

„Mazruis Lebensgeschichte ist ein Beispiel dafür, was in Afrika alles schiefläuft. Unsere Intellektuellen sind zu Hause oft nicht wohl gelitten, sie können ihre Fähigkeiten nicht ausleben, sodaß sie zu europäischen und amerikanischen Universitäten fliehen. Sobald demokratische Verhältnisse zu Hause eingetreten sind, sind einige zurückgekommen, andere sind aber im Ausland geblieben. Prof. Mazrui gehörte zu der letzteren Gruppe. ...

Das Problem der Abwanderung von Akademikern und Professionellen aller Fachrichtungen in westliche Länder ist eines der am schwersten zu handhabenden seit unserer Unabhängigkeit. Dieser brain drain findet statt mit der schweigenden Duldung der reichen Nationen und stellt damit sicher, daß Afrika seinen unterentwickelten Stand beibehält. ...

Unsere besten Gehirne, ausgebildet mit lokalen Resourcen und auf Kosten der armen Bauern, dienen letztendlich nur den westlichen Nationen. Einige kehren zwar im späteren Leben zurück, um ihre im Ausland gewonnenen Erfahrungen zum Nutzen ihrer Mitmenschen einzusetzen, aber den größten Teil ihres produktiven Lebens haben sie inzwischen zum Nutzen anderer Länder und Kontinente verbracht. Das alles dient nur dazu, die zwischen uns und der entwickelten Welt bestehende Lücke zu erweitern. ...

Finanzielle Anreize sind eine der primären Motive, die unsere Söhne und Töchter zur Arbeitsaufnahme in fernen Ländern verführen. Die hiesige Bezahlung für Ärzte, Forscher und andere Akademiker ist elendig. Das beruht aber nicht nur allein auf schwachen Steuereinnahmen. Diese Leute sind Zeugen der ungeheuren Verschwendung von Resourcen durch Korruption und andere Vergeudung. Diese Leute lassen sich deshalb nicht von dem Argument überzeugen, daß die Regierung sie nicht besser bezahlen kann, wenn sie mit den Verlusten konfrontiert sind, die durch schlechte Regierungsführung und direktem Diebstahl öffentlicher Gelder verursacht werden. ...

Es wird ein großer Tag sein, wenn wir das Leben von solchen Leuten wie das des verstorbenen Professors feiern mit dem Bewußtsein, daß sie ihrem Heimatland gedient haben. Damit das so werden kann, müssen wir jetzt damit beginnen, ein angenehmes Arbeitsumfeld zu schaffen.“
 
       
Towards Re-Africanizing African Universities:
Who Killed Intellectualism in the Post Colonial Era?
by Ali A. Mazrui

 
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